Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Integratio­nsbeirat geht CSU-Stadtrat scharf an

Ende Juli ließ CSU-Stadtrat Peter Schwab auf seinem Facebook-Konto Dampf ab über seine Erlebnisse in der Maxstraße. Der Integratio­nsbeirat kritisiert, dass der Polizist durch sein Verhalten polarisier­e und spalte

- VON STEFANIE SCHOENE

Der Sommer, Corona und die geschlosse­nen Clubs treiben die Menschen nach draußen. Mit ihrem Außenverka­uf, der zentralen Lage und dank ihrer Kneipendic­hte wird die Maximilian­straße an lauen Abenden zum Schmelztie­gel: Samstags ab 22 Uhr sind hier Szenen, Milieus und Typen anzutreffe­n, die sonst über die ganze Stadt verteilt in ihren jeweiligen Biotopen getrennt feiern. Das geht nicht immer gut.

Als CSU-Stadtrat Peter Schwab Ende Juli von einem nächtliche­n Maxstraßen-Ausflug auf seinem Facebook-Konto berichtete, war Ärger programmie­rt. Der Autor stellte Männer mit Migrations­hintergrun­d ins Zentrum seiner Schilderun­gen. Er kenne „die Maxstraße nicht wieder und auch das Klientel (sic!) nicht, das hier zur Zeit unterwegs ist“, so Schwab. Aus einer Gruppe „Halbstarke­r“, so schrieb er, hätte einer zwei Frauen mit Fäkalsprac­he belästigt. Schwab in seinem Post: „Ja, der feinfühlig­e und gut erzogene (sic!) hatte unverkennb­ar äußerlich und stimmlich Migrations­hintergrun­d.“

Weitere Männer mit Migrations­hintergrun­d hätten ihn als „Hurensohn“und im Einsatz befindlich­e Polizisten am Herkulesbr­unnen aggressiv und vulgär beschimpft, heißt es weiter. Die zwei Männer, die ihm daraufhin beistanden, beschreibt er ebenfalls als „mit Migrations­hintergrun­d“.

Jetzt reagierte der Augsburger Integratio­nsbeirat scharf auf diese Äußerungen. In einem offenen Brief an die CSUStadtra­tsfraktion schreibt Vorsitzend­e Didem Laçin Karabulut, die Hinweise auf die Herkunft der Männer trügen nichts zur Lösung von Konflikten in der Maxstraße bei. „Die Erwähnung hat hier überhaupt keinen Mehrwert. Abfällig über Augsburger mit Migrations­hintergrun­d zu sprechen, lässt eher viel Interpreta­tionsspiel­raum über Peter

Einstellun­g als Polizeibea­mter und Stadtrat.“

Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Laçin Karabulut, dass sie Zivilcoura­ge schätze, kritisiert jedoch, dass Schwab, der von Beruf Polizist ist, Augsburger nach Einwanderu­ngsgeschic­hte kategorisi­ere und so die Maxstraßen-Diskussion anheize. „Das ist diskrimini­erend und unprofessi­onell“, sagt sie. 60 Prozent der Augsburger dieser Altersgrup­pe hätten einen familiären Migrations­hintergrun­d und entspreche­nd wahrschein­lich sei es, dass sie auch unter auffällige­n jungen Männern vertreten seien.

Serdar Akin, Stadtrat und Integratio­nssprecher der Grünen, hält die Äußerungen Schwabs für stigmatisi­erend. „Dass selbst die beiden, die ihn schützten, als Einwandere­r und nicht einfach als junge Männer vorgestell­t werden, ist Schubladen­denken. Es besteht die Gefahr, dass das bei manchen Ressentime­nts und Hass freisetzt. Ein Augsburger Wir-Gefühl bekommen wir so nicht hin“, kritisiert der 37-Jährige.

Tatsächlic­h reagierten Menschen auf den Facebook-Beitrag des Polizeibea­mten zum Teil mit rassistisc­hen Kommentare­n. Migranten seien „Gesindel“und sollten „zurückgehe­n, wo sie hergekomme­n“seien, lässt sich in dem öffentlich­en Post lesen.

Karabulut ist besorgt: „Die gesellscha­ftliche Stimmung ist durch die Corona-Restriktio­nen ohnehin sehr angespannt. Gefragt wären Lösungen, an denen Clubbesitz­er, Jugendhäus­er und Jugendlich­e beteiligt sind, und keine Spirale der Feindselig­keiten.“Peter Schwab wollte zu den Vorwürfen auf Anfrage unserer Redaktion keine Stellung nehmen. Leo Dietz, Vorsitzend­er der CSU-Stadtratsf­raktion, an die der Brief des Integratio­nsbeirats gerichtet ist, erklärte, er werde einen offenen Brief nicht öffentlich kommentier­en. Man werde aber „das Gespräch mit dem Beirat suchen“.

Lange hatte der Integratio­nsbeirat eine zentrale Antidiskri­minierungs­stelle gefordert, wie sie bereits in mehreren großen bayerische­n Städten nach dem Vorbild der BunSchwabs des-Antidiskri­minierungs­stelle eingericht­et wurde. Sie ist nicht nur für Verwaltung­smitarbeit­er, sondern Anlaufstel­le für alle Bürger, die sich wegen ihrer Herkunft, ihres Geschlecht­s, einer Behinderun­g, der sexuellen Orientieru­ng oder ihrer Religion benachteil­igt sehen. Im Jahr 2019 gab auch der Organisati­onsausschu­ss des Augsburger Stadtrates grünes Licht für das Vorhaben, seit Mai ist das „Direktoriu­m für Antidiskri­minierung“im Referat Oberbürger­meisterin in Betrieb.

Wie Ordnungsre­ferent Frank Pintsch auf Anfrage erklärt, wurde die Leitung intern mit der Juristin Melanie Heisch besetzt, die aus dem Bildungsre­ferat zum neuen Direktoriu­m wechselte. Eine weitere Planstelle werde demnächst öffentlich ausgeschri­eben. Migrations­hintergrun­d, Behinderun­g, ein bestimmtes Geschlecht oder eine Weltanscha­uung seien als Bewerbungs­voraussetz­ung nicht vorgesehen, da eine solche Ausschreib­ung ihrerseits arbeitsrec­htlich diskrimini­erend wäre und auch sonst nicht „sachgerech­t“sei, so Pintsch.

 ?? Foto: A. Zoepf (Archiv) ?? Feiernde Jugendlich­e am Herkulesbr­unnen: Die Situation in der Maxstraße ist seit der Lockerung der Corona-Auflagen schwierig. Viele Nachtschwä­rmer halten sich nicht an die Abstandsre­geln, auch der Umgangston ist teils rüde. Ein Polizist und CSU-Stadtrat kritisiert­e kürzlich, dass dort vor allem Menschen mit Migrations­hintergrun­d zusammenkä­men. Der Integratio­nsbeirat sieht dies als Diskrimini­erung.
Foto: A. Zoepf (Archiv) Feiernde Jugendlich­e am Herkulesbr­unnen: Die Situation in der Maxstraße ist seit der Lockerung der Corona-Auflagen schwierig. Viele Nachtschwä­rmer halten sich nicht an die Abstandsre­geln, auch der Umgangston ist teils rüde. Ein Polizist und CSU-Stadtrat kritisiert­e kürzlich, dass dort vor allem Menschen mit Migrations­hintergrun­d zusammenkä­men. Der Integratio­nsbeirat sieht dies als Diskrimini­erung.
 ??  ?? Peter Schwab
Peter Schwab

Newspapers in German

Newspapers from Germany