Augsburger Allgemeine (Land Nord)
CoronaSchutzmasken „made in Augsburg“
Die Firma Jäcklin in Haunstetten baut eigentlich Teile für chinesische Hochgeschwindigkeitszüge. Seit kurzem hat sie auch FFP2-Masken im Angebot, die allerdings nur für Großabnehmer zu haben sind
FFP2-Schutzmasken sind derzeit ein begehrtes Gut, und wenn man sie bekommt, wurden sie oft in Asien gefertigt. Bei der Haunstetter Firma Jäcklin Medical laufen nun die ersten Masken „aus Augsburg für Augsburg“vom Band. Das Unternehmen hat erst im Sommer beschlossen, professionell in die Produktion von hochwertigen Schutzmasken einzusteigen. Jetzt kann es sich vor Anfragen kaum retten.
In einer großen Halle auf dem Firmengrundstück am Unteren Talweg sind gerade Mitarbeiter eines Maschinenherstellers aus Thüringen dabei, letzte Einstellungen an der rund zehn Meter langen „Maskenstraße“vorzunehmen. Auf der einen Seite sind vier große Rollen mit verschiedenen technischen Geweben eingespannt, die von der Maschine zusammengeführt und mit Ultraschall verschweißt werden. Gleichzeitig werden passgenau kleine Metallbügel dort eingearbeitet, wo die Maske einmal über der Nase sitzen soll. Ein weiterer „Arm“der Maschine schneidet Gummibänder zu und bringt sie an den Maskenbahnen an, die dann zu den fertigen Schutzmasken ausgestanzt werden. Am Ende des Ablaufs wird jede einzelne fertige Maske noch einmal von einem Mitarbeiter in die Hand genommen und geprüft, bevor sie zum Verpacken geht.
„Derzeit sind wir noch in der Zertifizierungsphase für unsere Jäcklin-Maske „, sagt der technische Geschäftsführer Jürgen Jäcklin. Diese soll aus fünf Schichten Filterstoff aufgebaut sein und besonders gut schützen. Währenddessen laufen bereits FFP2-Masken in Lizenz für einen anderen bayerischen Hersteller vom Band – für das JäcklinTeam eine Gelegenheit, letzte Feineinstellungen an der Maschine vorzunehmen. Aktuell schafft die Maschine rund 8000 Masken am Tag. Wenn die Produktion erst einmal richtig angelaufen ist, sollen es bis zu 800.000 Masken im Monat sein.
Die Haunstetter gehen mit hohen Ansprüchen an die Herstellung. „Wenn wir uns zu so einem Projekt entschließen, dann kommt nichts anderes als höchste Qualität in Frage“, betont der Geschäftsführer stolz. In Bezug auf das Maskenprojekt bedeutet das: Eine Filterwirkung von 98 bis 99 Prozent – und damit fast die Wirkung einer FFP3-Maske, das sollen die Schutzmasken aus Augsburg haben.
Mit genauem Arbeiten kennt man sich in dem Werk in Haunstetten aus. Denn eigentlich ist die Firma
Jäcklin nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Bereich der sogenannten „Schraubenverdichter“, Bauteilen, die weltweit für die Luftversorgung in Zügen verbaut werden. In den Werkhallen in Augsburg werden aus großen Stahlkolben Präzisionsgeräte gefräst und geschliffen, die beispielsweise in chinesischen Schnellzügen Bremsen bedienen und Türen öffnen. Mit derselben Akribie, mit der das Maschinenbau-Unternehmen seit 85 Jahren Maschinenteile fertigt, will man jetzt auch in die Masken-Herstellung gehen, sagt Jürgen Jäcklin.
Die Idee einer Augsburger Maske entstand während des ersten Lockdowns im Frühjahr, berichtet seine Cousine Julia Jäcklin, die gleichzeitig kaufmännische Geschäftsführerin ist. „Es kann doch nicht angehen, dass Kliniken, Altenheime und die Menschen in Augsburg total abhängig von Masken aus Asien sind“, fand die Unternehmerin und überzeugte ihren Cousin, über eine
„Augsburger Maske“nachzudenken. „Schon im April waren wir dann in Thüringen und haben uns Maschinen angesehen“, ergänzt ihr Cousin. Bis die Idee wirklich reif war, wurde es August. „Wenn man es gescheit machen will, muss man so viel beachten“, verteidigt Jürgen Jäcklin seine Position, das Projekt in Ruhe anzugehen. „Meiner Cousine ging alles viel zu langsam, sie hätte schon viel früher angefangen“, sagt er und lacht.
Von Anfang an war für die Unternehmer klar, dass auch die Maschinen für das Projekt aus Deutschland kommen sollten, obwohl es gerade billige chinesische Maschinen auf dem Markt gegeben hätte. „Die Produktionsanlage aus Thüringen, für die wir uns entschieden haben, dürfte das Beste sein, das momentan auf dem Markt ist“, glaubt der Geschäftsführer. Insgesamt habe man bislang eine Dreiviertelmillion Euro in das Maskenprojekt gesteckt – enthalten ist darin auch eine eigene
Prüfanlage, mit der die fertigen Produkte jederzeit auf Filtereigenschaften und Atemwiderstand getestet werden können. „Ohne eine solche Anlage hätten wir das Projekt nicht umgesetzt“, betont Jäcklin. Zum Glück stand auf dem Firmengelände gerade eine Werkhalle leer, sodass man keine Grundstücks- oder Baukosten hatte. Von den 80 Mitarbeitern der Firma wurden einige auf die neue Maschine geschult und vier neue Kollegen eingestellt. „Wenn das Projekt läuft, stellen wir weitere Mitarbeiter ein“, so Jäcklin.
Die Masken sollen nur an Großkunden wie Kliniken, Behörden oder Großhändler gehen. Obwohl die Produktion frühestens im Februar beginnen kann, habe man bereits Vorbestellungen für über eine halbe Million. „Wir vertrauen darauf, dass die Menschen bereit sind, für Qualität aus Augsburg auch 50 Cent mehr zu bezahlen“, sagt der Geschäftsführer. In den letzten Tagen stehe das Telefon nicht mehr still, weil auch Privatpersonen gerne FFP2-Masken kaufen würden. „Das können wir aber leider logistisch nicht leisten“, sagt Jürgen Jäcklin.
Das Projekt sei unabhängig von Corona langfristig angelegt. „Wir gehen davon aus, dass auch später noch hochwertige Filtermasken gebraucht werden, beispielsweise im Bausektor“, so der Firmenchef. Doch jetzt gehe es erst einmal darum, die Menschen in Augsburg während der Krise mit dem bestmöglichen Schutz auszustatten.
In Bayern gibt es laut Jäcklin nur drei Hersteller von FFP2-Masken. Einer davon ist die Siegmund Care GmbH aus Oberottmarshausen (Kreis Augsburg), die auch an Privatkunden verkauft und einen Werksverkauf vor Ort hat. Laut dem Unternehmen sind dort noch genügend Masken vorrätig, auch wenn es aufgrund des hohen Ansturms gerade Probleme mit dem Webshop geben könne.