Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Click&Collect bringt Händlern nur wenig
Seit Montag können Kunden vorab bestellte Ware auch im Laden abholen. Doch hilft das dem Einzelhandel wirklich weiter? Bei den Geschäftsleuten sorgt das neue System für gemischte Gefühle
Seit Anfang der Woche ist „Click & Collect“, also das Vorbestellen und Einsammeln beziehungsweise Abholen von Ware, auch in Bayern erlaubt. Bei den Augsburger Händlern fällt die Bilanz nach der ersten Woche allerdings gemischt aus. Die Zahl der Kunden sei überschaubar, heißt es – trotzdem sind die Händler froh über die neu geschaffene Absatzmöglichkeit.
Zu den Unternehmen, die „Click & Collect“anbieten, gehört die Parfümerie Haberstock. Laut Franz Wahl, Verkäufer in der Augsburger Filiale, werde das Verfahren gut angenommen. Etwa acht bis zehn Kunden holten pro Tag Ware persönlich ab. „Viele freuen sich, ein bisschen rauszukommen.“Wer nicht in die Stadt kommen wolle, werde aber weiterhin beliefert. Da die Beratung im Laden fehle, verändere sich auch das Einkaufsverhalten der Menschen. „Es werden gerade hauptsächlich Sachen nachgekauft, die man bereits kennt oder nutzt“, sagt Wahl.
Positive Rückmeldungen geben auch die Buchhandlungen. Bei der Schlosser’schen beispielsweise steht direkt hinter der Ladentür der Abholtisch. Dort bekommen die Leute ihre Tüte mit den bestellten Büchern und zahlen hinterher per Rechnung. Das werde gut angenommen, heißt es. Gleiches Fazit zieht man auch bei Rieger und Kranzfelder. So berichtet Inhaberin Brigitte Meyer von etwa zehn bis 20 Kunden pro Tag. „Das ist natürlich viel weniger, als wir normalerweise haben“, sagt sie. Zudem fielen die Kunden weg, die am Regal stehen, schmökern wollen und am Ende ein Buch mitnehmen. Dennoch sieht Meyer „Click & Collect“als Erleichterung. Unter anderem, weil so nicht mehr alles ausgeliefert werden müsse. „Es ist weniger Umsatz als normal, aber besser als nichts.“
Schwer hat es dagegen nach wie vor der Textil- und Schuhhandel. Die fehlende Möglichkeit zur Anprobe und Beratung scheint ein großes Minus zu sein. „Ein BH muss halt einfach passen“, fasst Sieglinde Dewald, Inhaberin von Fee Mode, das Problem zusammen. Auch sie bietet in ihrem Laden „Click & Collect“an. „Der Kunde nimmt es schon an, aber die Frequenz ist einfach nicht da“, sagt Dewald. Maximal zwei Kunden pro Tag holten die Ware selbst ab, der Rest lasse es sich lieber liefern. Dewald glaubt, wer jetzt keinen Onlineshop habe, gehe unter. Vor allem, wenn der Lockdown weiter andauere.
Andreas Gärtner, Chef des Schwäbischen Handelsverbands, hat in den letzten Tagen ähnliche Erfahrungen gemacht. „ ,Click & Collect‘ ist kein System, bei dem sich vor den Geschäften lange Schlangen bilden und die großen Umsätze gemacht werden, aber ist ein möglicher Absatzkanal.“Es mag von manchem als Tropfen auf den heißen Stein gesehen werden, aber es gehe momentan um jeden Euro, daher sei diese Möglichkeit wichtig.
Aus seiner Sicht profitieren vor allem kleine Geschäfte vom System. „Wenn der Inhaber ohnehin im Laden ist, um nach dem Rechten zu sehen, kann er für dieses Zeitfenster auch einen Abholservice bieten“, sagt Gärtner. Schwieriger wird es bei größeren Geschäften oder Filialbetrieben. Hier stünden Einnahmen und mögliche Kosten für Personal womöglich nicht immer in einem wirtschaftlichen Verhältnis. Ein Grund, warum auch große Ketten kein „Click & Collect“in Augsburg bieten, sondern auf ihren Onlineshop verweisen.
Und was sagen die Kunden? Auch hier fällt das Fazit gemischt aus, Während die einen gerne ihren Händler vor Ort unterstützen, setzen andere weiter auf den Lieferservice nach Hause. Auch bei der Bewertung der Angebote gibt es Unterschiede. Leser berichten sowohl von gut organisierten Bestell- und Abholmöglichkeiten sowie freundlichem Personal, das alles versucht, um den Wünschen gerecht zu werden. Es gibt aber auch kritische
Stimmen. So beschreibt ein Leser zahlreiche Hürden, ehe er beim Baumarkt einen Eimer Streusalz holen konnte. Unter anderem stand er – trotz vereinbarter Abholzeit – mehrere Minuten vor verschlossenen Türen, eher er durch Klopfen auf sich aufmerksam machen konnte und bedient wurde.
Der Verbraucherservice Bayern macht Kunden unterdessen auf die Risiken bei Umtausch und Rückgabe von „Click & Collect“-Artikeln aufmerksam. Da hier die Rechtsgrundlagen aus dem Online- und Offline-Handel aufeinander treffen, sei es ratsam, sich vorab beim Händler über die Umtausch- und Rückgabemodalitäten zu informieren, heißt es.