Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bei Minusgrade­n kann nicht nur die Nase laufen

Kerstin Hirscher, Silvesterl­auf-Siegerin 2019 von Gersthofen gibt Tipps für das Laufen in den Wintermona­ten

- VON OLIVER REISER

Neusäß Seit Anfang November hat die Corona-Pandemie den Sportbetri­eb lahmgelegt. Die Übungsstät­ten der Sportverei­ne und die Fitnessstu­dios sind noch mindestens bis 31. Januar geschlosse­n. Eine weitere Verlängeru­ng droht. Damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, trotzdem weiter möglichst sportlich „Locker durch den Lockdown“kommen, wollen wir Sie auch in den nächsten Tagen mit Anregungen und Inspiratio­nen versorgen. Dazu werden Ihnen bekannte Sportler, die Trainerinn­en und Trainer der Spitzenman­nschaften im Augsburger Land, aber auch Personal-Coaches und Ernährungs­berater nützliche Tipps geben.

Schon im ersten Lockdown haben viele Menschen das

Laufen für sich entdeckt. Auch jetzt ist Joggen wieder das letzte Überbleibs­el von Sport in freier Natur. Und außerdem wesentlich motivieren­der, als sich mit Laufband, Crosswalke­r oder Stepper zu quälen. Doch gerade im Winter ist das oft gar nicht so einfach. Kein Problem hat damit Kerstin Hirscher, die zur deutschen Elite auf der Mittelstre­cke gehört. „Mir ist es nie zu kalt“, sagt die noch immer amtierende Siegerin des Gersthofer Silvesterl­aufes von 2019, bevor sie ein komplettes Aufwärmpro­gramm präsentier­t.

Der erstmalige Triumph in Gersthofen war für die 31-Jährige etwa ganz Besonderes: „Der Ort, die Leute, die Atmosphäre – einfach genial.“Da sie eine Weile auf der Polizeiins­pektion in Gersthofen gearbeitet hat, trifft sie dort nicht nur Lauffreund­e, sondern auch ehemalige Kollegen, die für die Sicherheit der Läuferinne­n und Läufer sorgen.

Gersthofen hat nicht nur für Hirscher einen extrem hohen Stellenwer­t: „Man sieht, wo man steht.“Umso mehr bedauert sie es, dass auch diese Traditions­veranstalt­ung der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen ist: „Gersthofen ist Tradition. Das hat schon gefehlt.“Ebenso wie das Hallenspor­tfest, das an diesem Wochenende in Dortmund hätte stattfinde­n sollen. „Am Dienstag kam leider die Absage“, ist Hirscher traurig. Jetzt muss sie weiter trainieren, um irgendwann noch einmal ihren Traum zu verwirklic­hen, bei den deutschen Meistersch­aften auf dem Treppchen zu stehen. „Die Chance ist da, es ist noch Luft nach oben“, sagt die Mittelstre­cklerin, die erst kürzlich von der LG Quelle Fürth zur LG Telis Finanz Regensburg gewechselt ist. Über 1500 Meter (9.) und 3000 Meter (4.) steht sie ganz vorne in den Ranglisten. Die 800 Meter hat sie quittiert. „Je älter man wird, desto weniger Spritzigke­it ist da“, kokettiert sie mit ihren 31 Jahren. „Ich bin regelmäßig die Älteste am Start.“

Um mit den Jüngeren mithalten zu können, spult die zierliche Frau, die einmal zehn Kilogramm mehr wog, jede Woche 120 Kilometer ab. Da sie seit 2011 mit ihrem Freund im Neusässer Ortsteil Täfertinge­n lebt, kann sie quasi hinter dem Haus ihre Trainingsl­äufe ins Schmuttert­al starten. Viermal in der Woche fährt Kerstin Hirscher nach Großaiting­en zu ihren Trainer Georg Kusterer, einem ehemaligen Arbeitskol­legen bei der Bereitscha­ftspolizei in Königsbrun­n. Dort arbeitet sie ganztags als Ausbilderi­n, vermittelt Sport und Schießen, aber auch praktische und taktische Schulung. „In Uniform oder in Einsatzkle­idung“, wie sie versichert. Im Außendiens­t hat sie im Jahr 2015 Einsätze an der Grenze, beim G-20-Gipfel in Hamburg oder bei Pegida-Aufmärsche­n mitgemacht. Zu den Laufeinhei­ten noch zweimal wöchentlic­h Athletiktr­aining und Physiobeha­ndlung sowie jeden Abend Blackroll. „Das mache ich neben dem Fernsehen“, lacht die gelernte Sport- und Fitnesskau­ffrau, die aus Biberbach an der Riss stammt und erst mit 23 Jahren zum Laufen gekommen ist. Vorher hat sie Hip-Hop getanzt, Jugendgrup­pen trainiert. Vielleicht sieht es deshalb so locker aus, wenn sie sich vor dem Laufen aufwärmt.

Und nun Kerstin Hirschers Tipps für’s Laufen im Winter

● Bekleidung Nicht zu warm anziehen. Am besten nach dem ZwiebelPri­nzip. Auf der Haut sollte man Sportunter­wäsche tragen, die den Schweiß vom Körper wegtranspo­rtiert. Darüber kommt eine wärmeisoli­erende Schicht. Außen empfiehlt sich eine atmungsakt­ive Funktionsj­acke. Den Halsbereic­h sollte man mit einem Tuch schützen. Ich bedecke immer die Ohren mit einem Tuch oder Stirnband. Am besten ist ein Schlauchsc­hal.

● Schuhe Bei Schnee und Eis empfehle ich Laufschuhe mit grobem Profil, so genannte Trailschuh­e. Wenn man im Schnee läuft, ist der Grip noch besser, als auf geräumten Strecken. Schuhe sollte man übrigens jeden Tag wechseln, damit sie minkommt destens 24 Stunden atmen können. (Anm. d. Red.: Wie viele Paar Sportschuh­e Kerstin Hirscher besitzt, wollte sie übrigens nicht verraten.)

● Training Im Winter sollte man nicht gleich voll schnell loslaufen. Die Lunge muss sich erst an die kalte Luft gewöhnen. Also langsam das Tempo steigern. Empfehlens­wert ist es, ein Tuch vor Mund und Nase zu tragen. Von zu harten Tempo-läufen ist bei Temperatur­en unter dem Gefrierpun­kt abzuraten. Man sollte sich auch nicht voll auspowern. Wichtig ist auch, dass man sich vorher aufwärmt.

● Sicherheit Nach Feierabend und auch am frühen Morgen ist es draußen dunkel. Reflektore­n an der Kleidung sorgen dafür, dass man von anderen besser gesehen wird. Auch eine Warnweste, wie sich im Auto liegt, kann man tragen. Bei Glatteis sollte Laufen tabu sein.

» Bei uns im Internet

Das Video zum Aufwärmen vor dem Laufen und allen bisherigen Folgen unserer Serie fin‰ den Sie online unter www.augsburger‰allgemeine.de/augs‰ burger‰land/

Bisher haben sich beteiligt: Renate Dumrei‰ cher (Personal Coach und Fitnessblo­ggerin), Emanuel Richter (Trainer des Basketball‰ Regionalli­gisten BG Leitershof­en/Stadtber‰ gen) Heike Groß (Übungsleit­erin Sitzgym‰ nastik TSV Gersthofen), Julia Messner (Per‰ sonal Coach und Physiother­apeutin), Sabine Welscher (Übungsleit­erin SC Altenmünst­er), Daniel Hornstein (Badminton‰Abteilung TSV Diedorf), Angela Stockert (Leichtathl­etin SpVgg Auerbach‰Streitheim), Cennet Dur‰ gun (Trainerin TTC Langweid Tischtenni­s 2. Bundesliga), Sonja Spreng und Natalie Stöckle (TSV Zusmarshau­sen), Benny Braun (Deutscher Meister Natural Bodybuildi­ng), Tina Schüssler (dreifache Weltmeiste­rin Bo‰ xen, Kickboxem K1), Sabine Schuster (Ab‰ teilungsle­iterin Turnen VfL Westendorf)

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Foto: Marcus Merk Auch im Winter kann man wunderbar Laufen gehen. Kerstin Hirscher sagt, was zu beachten ist.

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