Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Steigen die Mieten in München immer weiter?
Das Verfassungsgerichts hat den Berliner Mietpreisdeckel für nicht rechtens erklärt. Welche Auswirkungen das auf den Wohnungsmarkt in Bayern hat, speziell in Deutschlands teuerster Stadt
München Seit Jahren gilt München als die teuerste Stadt Deutschlands. In den vergangenen fünf Jahren stand die bayerische Landeshauptstadt nur einmal nicht auf Platz eins der teuersten Städte – 2018 „gewann“die Urlaubsinsel Sylt. Das liegt nicht zuletzt an den immer weiter steigenden Mieten in der bayerischen Landeshauptstadt, 2020 zahlten Mieter im Durchschnitt 18,61 Euro kalt pro Quadratmeter. Mit Spannung blickte man daher vergangene Woche nach Karlsruhe, wo das Bundesverfassungsgericht darüber zu entscheiden hatte, ob ein Mietpreisdeckel, wie ihn die Stadt Berlin eingeführt hatte, rechtens ist. Ist er nicht, urteilten die Richter – und durchkreuzten damit auch endgültig die Pläne der Initiatoren eines Volksbegehrens in Bayern, Mieten sechs Jahre lang einzufrieren.
Dort gilt die bereits 2015 bundesweit eingeführte und in Bayern bis 2022 verlängerte Mietpreisbremse – wonach der Preis bei Neu- oder
Wiedervermietung einer Wohnung maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. An der rasanten Preisentwicklung Münchens hat das jedoch kaum etwas geändert, sagt Rudolf Stürzer. Dem Vorsitzenden des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung zufolge ist das auf dem Münchner Mietmarkt deshalb der Fall, weil ihn Angebot und Nachfrage bestimmten. „Denn Vermieter und Vermieterinnen richten sich nach den üblichen Preisen“, sagt Stürzer. Zudem regelt die Mietpreisbremse lediglich neu abgeschlossene Mietverträge, also nur einen Bruchteil von ihnen. Auch müssen Mieter selbst ihre Vermieter rügen, wenn die Preise zu hoch waren. Für viele eine zu hohe Hürde, schließlich ist ein gutes Verhältnis zum Vermieter nach Stürzers Erfahrung ein hohes Gut, das kaum jemand für bessere Konditionen aufs Spiel setzt.
Das zu ändern, war das Ziel des Volksbegehrens „6 Jahre Mietenstopp“, dem das Urteil der obersten
Richter in Karlsruhe nun den rechtlichen Boden entzogen hat. Denn: Mietpreisdeckel dieser Art dürfen demnach nicht die Länder beschließen, sondern nur der Bund. Und so schwenkten die Initiatoren des bayerischen Volksbegehrens sogleich um und starteten eine bundesweite Kampagne. Unter dem Motto „Mietenstopp! Denn dein Zuhause steht auf dem Spiel“werben sie fortan für eine Limitierung der Mieten auf Bundesebene.
Es sei ein schwerer Tag für Mieterinnen und Mieter in Berlin, mit Auswirkungen auf ganz Deutschland, sagt Monika Schmid-Balzert, die Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbundes und ergänzt: „Wir sind fassungslos. Eine großartige Chance ist vertan worden.“Ihr Kollege und Kampagnenleiter Matthias Weinzierl fordert: „Der Wohnungsmarkt in Deutschland muss endlich wieder in geregeltere Bahnen gelenkt werden und es muss den vielen tausenden verzweifelten Menschen geholfen werden.“Ein bundesweiter Mietenstopp sei wichtiger denn je.
Rechtsanwalt Stürzer sieht auch die bundesweite Kampagne kritisch – und vorerst keine Entspannung auf dem Münchner Mietmarkt kommen. Aus seiner Sicht würde lediglich der Bau neuer Wohnungen dazu führen, dass bei den zu erwartenden Zuzügen die Preise weniger stark steigen. „Mietern soll unter die Arme gegriffen werden, aber nicht durch verfassungswidrige Gesetze“, sagt er und plädiert für eine Erhöhung des Wohngeldes für Geringverdiener. Für deren Situation habe nämlich auch das in Berlin verabschiedete und nun in Karlsruhe gekippte Gesetz kaum Verbesserungen gebracht.
Einen bundesweiten Mietstopp will auch Natascha Kohnen herbeiführen. Die Vorsitzende der SPD in Bayern erklärte das Thema zur „harten Kampflinie“für ihre Partei, insbesondere im Wahlkampf zur Bundestagswahl. „Menschen mit einem normalen Einkommen wissen in Städten wie München nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollen“, kritisiert Kohnen und fügt an: „Und im Umland verlieren Dörfer ihr Gemeinschaftsleben, weil die Kinder von Einheimischen sich keinen Wohnraum mehr in ihrem Heimatort leisten können“.