Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Prag bietet Moskau die Stirn
Tschechien gibt im Streit um einen mutmaßlichen Sabotageakt nicht nach und schließt russische Firma von Milliardenauftrag aus
Prag Tschechien schließt Russland von der geplanten Ausschreibung für den Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany in Südmähren aus. Das Kabinett in Prag entschied am Montagabend, russische Firmen nicht an einer vorangehenden Sicherheitsprüfung teilnehmen zu lassen. Das teilte der Industrieminister Karel Havlicek mit.
Zu dem Verfahren sollen demnach nur Firmen aus Frankreich, Südkorea und den Vereinigten Staaten eingeladen werden. Es geht um einen Auftrag, dessen Wert auf immerhin mehr als sechs Milliarden Euro geschätzt wird. Dukovany liegt rund 100 Kilometer nördlich von Wien und 220 Kilometer östlich von Passau.
Hintergrund ist das aktuelle heftige diplomatische Zerwürfnis zwischen Prag und Moskau. Tschechien hatte Russland für Explosionen in einem Munitionslager mit zwei Todesopfern im Jahr 2014 verantwortlich gemacht und 18 russische Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Sprengsatz zu früh explodiert ist. Sie bestätigte, dass es sich bei den Tatverdächtigen um zwei Russen handelt, die auch wegen des Nervengift-Anschlags im englischen Salisbury 2018 international gesucht werden. Der tschechische Regierungschef Andrej Babis sagte am Montagabend hingegen, der mutmaßliche Anschlag sei „kein Akt des Staatsterrorismus“gewesen, sondern hätte den Waren eines bulgarischen Waffenhändlers gegolten. Zudem hätten die beiden beteiligten Spione den Einsatz „verpfuscht“, so der Multimilliardär.
Moskau verwies im Gegenzug 20 tschechische Botschaftsangehörige des Landes. Tschechien erwägt wiederum, die Zahl russischer Diplomaten im Land dauerhaft zu beschränken.