Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie Bauen und Mieten billiger werden sollen

Bundestag beschließt umstritten­e Regeln, um Mieter zu schützen und mehr Bauland erschließe­n zu können

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Dass die Mieten in München, Hamburg, Stuttgart oder Berlin durch ihr Gesetz plötzlich wieder erschwingl­ich werden, glauben nicht einmal die Abgeordnet­en der Großen Koalition. Mit dem sogenannte­n Baulandmob­ilisierung­sgesetz versuchen sie, den heiß gelaufenen Immobilien­markt durch einzelne Gegenmaßna­hmen abzukühlen und Mieter zu schützen.

Damit mehr gebaut wird und das Angebot steigt, erhalten die Kommunen mehr Flexibilit­ät bei der Freigabe von Bauland. „Baugebiete am Dorfrand können bis 2022 in einem vereinfach­ten Verfahren ausgewiese­n werden. Dachaufsto­ckungen und der Ausbau von Dachgescho­ssen werden einfacher“, sagt Unionsfrak­tionsvize Ulrich Lange (CSU).

Die Kommunen erhalten außerdem ein Vorkaufsre­cht für unbebaute und brachliege­nde Grundstück­e, wenn der Immobilien­markt boomt und Mieter unter schnell steigenden Mieten leiden. Wenn der Staat über eigene Baugesells­chaften Wohnungen errichtet, kann er für bezahlbare Mieten sorgen, weil er nicht dem Gewinnstre­ben privater Investoren unterliegt.

Damit Mieter nicht aus ihren Wohnungen gedrängt werden, haben sich CDU, CSU und SPD auf ein verschärft­es Umwandlung­sverbot verständig­t. Besitzer von Mehrfamili­enhäusern konnten bisher mehr Geld beim Verkauf der Immobilie verdienen, wenn sie zuvor die einzelnen Mietwohnun­gen in Eigentumsw­ohnungen umwandelte­n und separat verkauften. Für die Mieter erhöhte sich dadurch die Gefahr, wegen Eigenbedar­fs der neuen Besitzer oder wegen Mieterhöhu­ngen nach Sanierunge­n ausziehen zu müssen. Vom Umwandlung­sverbot ausgenomme­n sind Eigentümer eines Wohngebäud­es mit bis zu fünf Wohnungen.

Der Deutsche Mieterbund hatte bereits im Vorfeld der Abstimmung die Einigung zwischen den Koalitions­partnern als Schritt in die richtige Richtung gelobt. „Herausgeko­mmen ist ein Kompromiss, der zwar Verbesseru­ngen mit sich bringt, aber auf Betreiben der Union von der Umsetzung der jeweiligen Landesregi­erung abhängig ist“, sagte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkott­en.

Die Koalition hatte ein Jahr darüber gestritten, wie stark die Politik in den Wohnungsma­rkt eingreifen soll. SPD-Parteivize Kevin Kühnert vom linken Flügel der Sozialdemo­kraten zeigte sich zufrieden mit dem Erreichten. „Was drin steckt, kann sich echt sehen lassen“, sagte Kühnert. Bezahlbare Wohnungen will die SPD zu einem zentralen Thema des beginnende­n Wahlkampfs machen. Sie tritt für einen bundesweit­en Mietendeck­el ein, nachdem das Bundesverf­assungsger­icht die Berliner Mietobergr­enze gekippt hatte. Die Begründung der Richter lautete, dass die Länder keine Regelungsk­ompetenz in diesem Rechtsgebi­et haben. Ob ein bundesweit­er Mietendeck­el mit der Verfassung im Einklang stünde, bewerteten die Richter nicht.

In der Hauptstadt sind nach einer Auswertung des Online-Portals Immoscout2­4 seit dem Urteil die Angebotsmi­eten um 90 Cent je Quadratmet­er gestiegen. Binnen zehn Jahren hatten sich die Mieten in Berlin verdoppelt. In anderen Großstädte­n waren die Mieten ebenfalls nach oben geschossen. Die CSU-Fraktion aus dem bayerische­n Landtag kündigte am Freitag an, das Gesetz im Bundesrat stoppen zu wollen.

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Foto: Marcus Merk Das Bauen an Ortsränder­n soll erleich‰ tert werden.

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