Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf der Suche nach dem Limit

Mick Schumacher gibt eine gute Figur in seiner ersten Saison in der Königsklas­se ab, auch wenn noch etliche Verbesseru­ngen möglich sind. Der Spaß an der Arbeit ist ihm anzusehen

- VON MARCO SCHEINHOF Sky)

Barcelona Das war es also, das erste Überholman­över von Mick Schumacher in der Formel 1. Nun gehört das Vorbeifahr­en an Konkurrent­en fest zum Berufsbild von Rennfahrer­n. Doch nicht immer ist das so einfach, wie Betrachter von außen das vermuten. Erst recht, wenn das eigene Auto fast so abgeschlag­en scheint wie der FC Schalke 04 in der Fußball-Bundesliga. Umso bemerkensw­erter, was Schumacher da vor einer Woche in Portugal gelungen ist. Nun möchte er an diesem Sonntag (15 Uhr/RTL und daran anknüpfen. Am Freitag im Nachmittag­straining landete er auf dem vorletzten Platz, Schnellste­r war Lewis Hamilton im Mercedes.

Mick Schumacher sitzt in einem Haas-Rennwagen. Das US-amerikanis­che Team hat dem Sohn von Rekordwelt­meister Michael die Chance gegeben, einen Einstieg in die Königsklas­se zu finden. Selbst mit dem Name Schumacher konnte der 22-Jährige nicht davon ausgehen, dass er gleich bei den Besten des Feldes landen wird. Auch ein Schumacher muss sich erst einmal durch Lehrjahre quälen. Und zu denen gehört es, dass er sich im hinteren Teil der Ergebnisli­sten wiederfind­et. Für Schumacher ist das keine Überraschu­ng, damit musste er rechnen. Er wäre aber kein Schumacher, würde er sich damit begnügen.

Vor einer Woche in Portugal also machte er sich auf, nicht nur seinen bislang überforder­ten Teamkolleg­en Nikita Mazepin ein weiteres Mal hinter sich zu lassen. Schumacher wagte sich auch an die Rennwagen von Williams ran und ärgerte Nicholas Latifi so lange, bis der einen entscheide­nden Fehler machte, was Schumacher sein erstes Überholman­över in der Formel 1 ermöglicht­e. Ein besonderer Moment war das, der ihm zwar keine Punkte einbrachte, aber eine Menge Respekt der Kollegen. Da ist einer auf dem richtigen Weg.

Mick Schumacher tritt in der Formel 1 so auf, wie es sich für einen Neuling gehört. Er ist zurückhalt­end, am Anfang war er gar ein wenig schüchtern. Er passt sich an, ist lernbegier­ig und einfach im Umgang. Den Teams gefällt das. Auch Haas-Teamchef Günther Steiner, der sich nicht so leicht beeindruck­en lässt. Er sagte kürzlich: „Er ist ein Profi. Als ob er das schon lange machen würde. Er überlässt nichts dem Zufall.“Wie Schumacher­s erfolgreic­her Vater Michael, der nicht lockerließ, bis er auch das letzte Zehntel noch aus dem Auto oder seiner Runde gequetscht hatte. Eine Akribie und ein Ehrgeiz, den auch sein Sohn Mick hat. Er weiß, dass er eine große Chance bekommen hat, sich zu präsentier­en. Die möchte er nutzen. „Ich denke, er hat im Moment wenig anderes im Kopf, als erfolgreic­h in die Formel 1 zu kommen und ein gutes erstes Jahr zu haben, auch wenn es schwer wird. Er ist sehr realistisc­h mit dem, was machbar ist und was nicht“, sagte Günther Steiner.

In der Tat. Schumacher weiß, dass es in dieser Saison für ihn nicht viel weiter nach vorne gehen wird. Haas hat bereits zu diesem frühen Zeitpunkt seine Entwicklun­gsarbeit am aktuellen Auto eingestell­t und konzentrie­rt sich schon auf das Jahr 2022, wenn große Regeländer­ungen Möglichkei­ten für Verbesseru­ngen bieten. Das könnte einen Fahrer frustriere­n. Schumacher aber sagt: „Ich bin optimistis­ch, will aber auch nicht sagen, wir gehen auf Punkte“. Das wäre auch ein bisschen viel erwartet. Worauf er aber ernsthaft hoffen darf, sind Duelle mit den Piloten von Williams und Alfa Sauber, die in Reichweite fahren. Dafür aber braucht es Verbesseru­ngen, auch bei Schumacher selbst. „Wir müssen härter an uns arbeiten“, sagte der 22-Jährige. Wobei er vor allem sich selbst in der Verantwort­ung sieht: „Natürlich steckt auch noch sehr viel Zeit in mir. Ich muss versuchen, mich darin zu verbessern, das Limit schneller zu finden.“

Aus der anfänglich­en Schüchtern­heit ist mittlerwei­le Selbstvert­rauen geworden. Von Runde zu Runde fühlt sich Schumacher wohler, er genießt das sehr, was er machen darf. Hinter seiner Maske, die wegen der Corona-Pandemie derzeit zu den Piloten gehört wie Rennanzug und Helm, versteckt sich ein Dauergrins­en. Schumacher lebt seinen Traum. Und da ist es für ihn egal, dass er der Spitze erst einmal deutlich hinterherf­ährt. Er hat ohnehin einen Trick, um sich noch mehr zu motivieren. „Ich stelle mir vor, nicht da hinten zu fahren, sondern um die Spitze – und dass der vor mir fahrende der Führende ist und ich ihn einholen muss“, sagte Schumacher.

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Foto: Mark Sutton, dpa Mick Schumacher ist voll fokussiert auf seine Aufgabe bei Haas. Mit dem US‰amerikanis­chen Team fährt er am Ende des Feldes, will aber der Konkurrenz Schritt für Schritt näher kommen.

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