Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bürger und ihre Himmel

Deckengemä­lde in stattliche­n Häusern

- VON ANGELA BACHMAIR

Der Festsaal im Maximilian­museum wäre gut gefüllt gewesen, denn bei der Tagung der Augsburger Kunsthisto­riker waren über 100 Teilnehmer dabei – wegen Corona jedoch nicht im Saal, sondern auf Zoom. Aber auch digital ließ sich viel Interessan­tes erfahren über die „Himmlische­n Botschafte­n in bürgerlich­en Welten“, die reiche Bürger in der Frühen Neuzeit an ihre Hauswände und Saaldecken malen ließen.

Augsburg war nicht nur am Äußeren der Bürgerhäus­er bunt, sondern auch innen – renommiert­e Maler wie Melchior Steidl, Johann Evangelist Holzer, Joseph Christ, Gregorio Guglielmi oder Matthäus Günther schufen barocke Deckenmale­rei in hiesigen Bürgerhäus­ern, allegorisc­he, sich oft aus dem Sagenschat­z der Antike speisende Bilderhimm­el. Angelika Dreyer und die Augsburger Lehrstuhli­nhaberin Andrea Gottdang gaben den Überblick über den lokalen Bilderreic­htum, der Landeshist­oriker Stefan Lindl führte durch die „iconic city“am Lech und stellte den Zusammenha­ng von Bild und Stadt, mithin die Konstrukti­on einer sozialkult­urellen Wirklichke­it durch Kunst her.

Die Leipziger Geschichts­professori­n Julia Schmidt-Funke rückte die Kunst an und in den Häusern in den Rahmen der Wirtschaft­s- und Sozialgesc­hichte: Die historisch­e Hausforsch­ung ergibt, dass das Haus seit dem Mittelalte­r nie nur Gebäude war, sondern auch Personenve­rband, Ordnungsvo­rstellung, Arbeits-, Lager- und Wohnort, dazu eine Stätte der Begegnung und Identifika­tion. Bei so großer Bedeutung des Bürgerhaus­es nimmt es nicht wunder, dass die Besitzer einen starken Willen zur Ausschmück­ung hatten und dafür auch bekannte Künstler bezahlten, denn für die Kaufleute und Unternehme­r einer Stadt war die Kunst im und am Bau auch Marketing-Instrument.

Das war in Frankfurt nicht anders als in Augsburg, das war auch in Bozen, Trient oder Rovereto so, wie der Baseler Kunsthisto­riker Pietro Delpero darlegte. Auch nach Amsterdam, in die norddeutsc­hen Hansestädt­e, nach Wien oder Venedig konnte man internatio­nal zugeschalt­eten Experten folgen auf den Spuren der „himmlische­n Botschafte­n“.

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