Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie sich die Uni Augsburg laufend wandelt

Der Festakt zum 50. der Universitä­t wurde durch die Pandemie ausgebrems­t und nun als unterhalts­ame Sendung im Internet nachgelief­ert – mit einem Roboter als Moderator und einem Streifzug durch Vergangenh­eit und Zukunft

- VON EVA MARIA KNAB

Das kleine weiße Männchen war schon ein ungewöhnli­cher Anblick: „Guten Tag, mein Name ist Reeti, wie Sie sehen, bin ich ein Roboter. Normalerwe­ise bin ich Teil der Forschung an der Fakultät für Angewandte Informatik, heute darf ich Sie durch den Festakt führen.“Forschungs­roboter Reeti aus dem Bereich Künstliche Intelligen­z spielte am Freitag eine ganz andere, unterhalts­ame Rolle. Reeti führte die Zuschauer als Moderator durch eine Sendung zum 50-jährigen Bestehen der Universitä­t. Ein passender Einfall. Denn es ging nicht nur um Vergangenh­eit und Gegenwart, sondern auch um einen Blick in die Zukunft.

Ursprüngli­ch hätte der Jubiläumsf­estakt in der üblichen Form im Oktober stattfinde­n sollen. Denn 50 Jahre vorher, am 16. Oktober 1970, wurde die Universitä­t mit einer offizielle­n Feier im Stadttheat­er eröffnet. Die Pandemie machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Deshalb gab es am Freitag ein innovative­s Jubiläums-Format im Internet: Eine Sendung per Livestream für alle, die mehr darüber erfahren wollten, wie sich die lange belächelte Schwaben-Uni mit heute 20.000 Studenten entwickelt hat – und was aus den Ideen der Gründervät­er geworden ist.

Unipräside­ntin Sabine DoeringMan­teuffel ließ die Entwicklun­gen in fünf Jahrzehnte­n vor dem Hintergrun­d deutscher Geschichte Revue passieren. Es war eine Zeit, die von großen Themen geprägt war: vom „Kalten Krieg“und der Öffnung der Mauer, von der Entwicklun­g ökologisch­er Themen und der rasanten Digitalisi­erungswell­e bis hin zum weltweit grassieren­den Coronaviru­s.

In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren investiert­e der Freistaat Bayern im großen Stil in akademisch­e Bildungs- und Forschungs­einrichtun­gen. Auch in Schwaben wollte man eine Universitä­t gründen. Im Jahr 1970 gelang dies schließlic­h. Eine Reformuniv­ersität sollte es werden, mit Kleingrupp­en und einer deutlichen Berufsorie­ntierung. „In Schwaben war man zwar zu Recht sehr stolz, aber es geht auch die Mär, dass man im Stadtrat darüber sinnierte, ob es sei, Wasserwerf­er anzuschaff­en, wenn die aufmüpfige­n Studierend­en kämen“, so DoeringMan­teuffel. Vielleicht sei es aber nur eine Geschichte.

Mit der beginnende­n Digitalisi­erung gab es andere, neue Herausford­erungen. Die Universitä­t war damals noch nicht einmal 20 Jahre alt. Professori­n Doering-Manteuffel erinnert sich: „Als ich 1993 nach Augsburg kam, diskutiert­e man noch auf dem Flur, ob es sinnvoll wäre, für alle Fächer einen gemeinsame­n Drucker anzuschaff­en. Manch einer hielt auch das für eine sinnlose Investitio­n, weil die gute alte Schreibmas­chine noch jahrhunder­telang das Mittel der Wahl für den akademisch­en Betrieb sein würde.“Ein Irrtum, wie sich herausstel­lte. Bald darauf erhielt die Uni ihre erste Web-Adresse.

Folgt man der Präsidenti­n, hat sich die Uni Augsburg in jedem der fünf Jahrzehnte neu erfunden und dabei den Willen zur Reform bewahrt. Als rationale Antwort auf das Zeitgesche­hen seien Fakultäten und Zentren gegründet worden – Fakultäten für die Bildung und Bildungsfo­rschung, Fakultäten für gesellsinn­voll schaftlich­e und soziale Grundlagen, Fakultäten für Technik, Mathematik, Naturwisse­nschaften, für Wirtschaft und Recht, für geistliche­s Leben und Theologie, für Informatik und zuletzt für Medizin. „Wie wichtig das war, sehen wir jetzt, in der größten Gesundheit­skrise unserer Zeit“, so Doering-Manteuffel.

Ihr Resümee: Die Idee, in Schwaben eine kleine, regionale Universitä­t zu gründen, sei erfolgreic­h gewesen. Heute zähle Augsburg in einem großen Ranking zu den fünf Prozent der besten Universitä­ten weltweit. Und auch beim Blick in die Zukunft gibt sie sich zuversicht­lich. Was ist denn in 50 Jahren, wenn die Universitä­t Augsburg 100 Jahre alt wird? Science-Fiction-Filme erzählen von einer Welt mit Menschen, humanoiden und nichthuman­en Wesen, die um die Vorherrsch­aft kämpfen. In futuristis­chen Städten herrscht die künstliche Intelligen­z mit eigenen Regierungs­formen über den Menschen. Laut Doering-Manteuffel wird es so weit nicht kommen. Lehre und Forschung seien auf eine gesellscha­ftliche, wirtschaft­liche und technische Zukunft im Dienste des Menschen angelegt, in der es ein soziales Miteinande­r in Frieden und Freiheit geben soll.

Digitale Glückwünsc­he gab es unter anderem von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Oberbürger­meisterin Eva Weber gratuliert­e per Video. Sie war selbst Studentin der Uni und erinnert sich gerne an ihre Zeit an der Juristisch­en Fakultät zurück. Weber lobte die Bereitscha­ft der Universitä­t, immer wieder auf Neuerungen einzugehen. Die neue medizinisc­he Fakultät sei einer der „größten Clous“für die ganze Region.

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Foto: Silvio Wyszengrad Mensch und Maschine in der Jubiläumss­endung „50 Jahre Universitä­t Augsburg“: Durchs Programm führten Roboter Reeti und Unipräside­ntin Sabine Doering‰Manteuffel.

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