Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Abitur wird für alle zur besonderen Prüfung

Am Mittwoch beginnen die Abschlussa­rbeiten für 950 Gymnasiast­en. Der Aufwand dafür ist enorm. Auch deshalb, weil eine Reihe von Schülern keinen Corona-Test machen will

- VON ANDREA BAUMANN

Das Abitur beschließt die Schullaufb­ahn der Gymnasiast­en. Danach beginnt ein neuer Lebensabsc­hnitt, der nicht selten vom Ergebnis abhängt. Bedeutend sind die Prüfungen für die Absolvente­n somit seit jeher. Die Corona-Pandemie hat den Spannungse­ffekt erhöht und den Organisati­onsaufwand für alle Beteiligte­n gesteigert. Zum zweiten Mal in Folge findet das „Abi“unter Corona-Bedingunge­n statt.

Um mehr Zeit für die Vorbereitu­ngen zu haben, wurde in Bayern der Auftakt der schriftlic­hen Tests vom 30. April auf den 12. Mai verschoben. Auch in Augsburg brüten erstmals am kommenden Mittwoch 950 junge Frauen und Männer an zehn Gymnasien und dem Bayernkoll­eg über den Aufgaben im Fach Deutsch, am 18. Mai müssen sie sich mit Mathematik und drei Tage später mit ihrem gewählten dritten Prüfungsfa­ch beschäftig­en.

Am größten Gymnasium der Stadt, dem Holbein, werden allein 160 Abiturient­en über den Aufgaben sitzen – und schwitzen. Warm dürfte es ihnen schon allein deswegen werden, weil sie anders als im Vorjahr auch während der kompletten Prüfungsda­uer einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen. Das Kultusmini­sterium empfiehlt sogenannte medizinisc­he OP-Masken. Das Ablegen ist nur kurz zum Trinken oder Essen erlaubt, aus diesem Grund bekommen die Prüflinge pro Test 30 Minuten mehr Zeit als üblich. „Nach jetzigem Stand treten alle an“, sagt Holbein-Leiter Dieter Fiedler. Dass auch der erfahrene Chef in diesen Tagen ein gewisses Kribbeln verspürt, kommt nicht von ungefähr. In früheren Jahren hätten die Prüfungen in drei großen Sälen stattgefun­den, in diesem Jahr stehe theoretisc­h die komplette Schule zur Verfügung.

Das größere Raumangebo­t hängt zum einen mit den coronabedi­ngten Abstandsre­geln zusammen, zum anderen mit dem Thema Testen. Fiedler geht davon aus, dass es allein schon deswegen mindestens drei Gruppen gibt, die voneinande­r strikt getrennt werden müssen. Die voraussich­tlich größte Gruppe dürften die Abiturient­en sein, die sich jeweils am Vortag der drei schriftlic­hen Prüfungen entweder an der Schule oder an einer dezentrale­n Station einem Schnelltes­t unterziehe­n. „Dieser wird dringend empfohlen, ist aber anders als die regelmäßig­en Testungen im Präsenzunt­erricht fürs Abitur freiwillig“, betont der Leiter des Holbein-Gymnasiums. Er rechne mit einer hohen Teilnahme an den Testungen.

Bei der zweiten Gruppe handle es sich um Abiturient­en, die ungetestet zu den Prüfungen erscheinen und in anderen Räumen untergebra­cht werden müssen. Und dann gibt es auch noch Gruppe 3. Das sind Schüler, die Kontaktper­son eines Corona-Infizierte­n und daher in Quarantäne sind, ihre Isolation aber nach den Bestimmung­en des Kultusmini­steriums für die Prüfungen unterbrech­en dürfen und ebenfalls entspreche­nd untergebra­cht werden müssen.

Was passiert nun aber mit Schülern, die bei ihrem freiwillig­en Test ein positives Ergebnis erhalten haben? Sie dürfen laut Fiedler nicht antreten, sondern holen die Prüfung – wie aus anderen Gründen Verhindert­e auch – nach. Es sei denn, die Betroffene­n können einen möglicherw­eise falsch positiven Schnelltes­t mit einem sehr schnell ausgewerte­ten PCR-Test korrigiere­n.

Die Leiterin des Maria-WardGymnas­iums, Christine SchmidMäge­le, geht davon aus, dass sich an ihrem Haus zahlreiche Schülerinn­en und Schüler nicht testen lassen. Die Angst, positiv zu sein und die Prüfungen verschiebe­n zu müssen, sei groß. Ähnliches habe sie auch aus anderen Gymnasien gehört, sagt sie.

Wie ihre beiden Kollegen in der Innenstadt spielt auch Susanne Täufer für ihr Rudolf-Diesel-Gymnasium in Hochzoll allerlei Szenarien rund um das außergewöh­nliche Abitur durch. Sie hofft, dass es am Mittwoch alle 82 Abiturient­en antreten können. „Wir haben unsere Schüler immer wieder an die Kontakt- und Abstandsre­geln erinnert und sie gebeten, sich so zu verhalten, dass die Prüfungen nicht gefährdet sind“, sagt die Direktorin.

Ebenso wie am Holbein und bei Maria Ward stehen auch an dem Stadtteil-Gymnasium zahlreiche Räumlichke­iten zur Verfügung. Täufer rechnet insbesonde­re am dritten Prüfungsta­g, an dem ganz unterschie­dliche Fächer an der Reihe sind, mit einer breiten Verteilung der Abiturient­en. Abgesehen von den Corona-Erforderni­ssen müsse man auch darauf achten, dass etwa die Hörverstän­dnis-Prüfungen in den Fremdsprac­hen nur in Räumen mit Schallmind­erung und guter Tonqualitä­t stattfinde­n. Dass an den Prüfungsta­gen die anderen Klassen der Schule selbststän­dig zu Hause lernen, hängt mit dem besonders hohen Personalbe­darf zusammen.

Laut Täufer müssen nicht nur in den zahlreiche­n Prüfungsrä­umen Kollegen aufpassen, auch auf den diversen Wegen zu den Sanitäranl­agen müsse für Aufsicht gesorgt sein.

Trotz aller Umstände glaubt die Direktorin, die im vergangene­n Jahr just zu Beginn der Corona-Krise ihre neue Aufgabe antrat, dass ihre Abiturient­en gut auf die Prüfungen vorbereite­t sind. „Ich bewundere sie dafür, wie gelassen sie alles hingenomme­n haben.“

Gleichwohl sei die Vorfreude auf den Abschluss durch die ungewisse Zukunft getrübt. Das fängt schon bei der Abiturfeie­r an, hinter der noch ein großes Fragezeich­en steht. Angedacht sei, die Verabschie­dung ins Freie auf das große Schulgelän­de zu verlegen. „Im vergangene­n Jahr durfte pro Abiturient nur ein Elternteil bei der Feier dabei sein“, erinnert sich Täufer.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Am Rudolf‰Diesel‰Gymnasium laufen die Vorbereitu­ngen fürs Abitur auf Hochtouren. Direktorin Susanne Täufer und Hausmeiste­r Baris Kalkan kontrollie­ren in einem der Prü‰ fungsräume die Abstände zwischen den Plätzen.
Foto: Klaus Rainer Krieger Am Rudolf‰Diesel‰Gymnasium laufen die Vorbereitu­ngen fürs Abitur auf Hochtouren. Direktorin Susanne Täufer und Hausmeiste­r Baris Kalkan kontrollie­ren in einem der Prü‰ fungsräume die Abstände zwischen den Plätzen.

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