Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Probleme muss man ansprechen
Die Augsburger Stadtregierung hat sich mit dem Thema beschäftigt - öffentlich allerdings wollte man es am liebsten unter dem Deckel halten. Anders lässt sich die beharrliche Weigerung, Infektionszahlen zu einzelnen Bezirken der Stadt zu veröffentlichen, nicht deuten. Dass die Zahlen sehr wohl vorliegen und auch ausgewertet werden, bestätigt die Stadt ja inzwischen selbst. Sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten, sagt viel über das Bild aus, das Schwarz-Grün vom Bürger offenbar hat. Man scheint es den Menschen nicht zuzutrauen, sich selbst anhand der Fakten eine Meinung zu bilden. Gleichzeitig entsteht der Eindruck: Wo es etwas zu verschweigen gibt, muss ein Problem sein. Man macht das Thema damit größer, als es ist. Man verhindert damit gerade eine unaufgeregte, sachliche Debatte.
Es ist auch in Augsburg kein Geheimnis, dass Viertel besonders von Corona betroffen sind, in denen sozial schwächere Menschen und viele Migranten leben. Studien belegen inzwischen, dass es dafür eine Vielzahl von Gründen gibt: Schlechte Jobs, beengte Arbeits- und Wohnverhältnisse, Vorerkrankungen, schlechterer Zugang zum Gesundheitssystem, Sprach- und Bildungsbarrieren, kulturelle Unterschiede. Was sollte falsch daran sein, das auszusprechen? Probleme müssen zunächst benannt werden, damit man sie anpacken und lösen kann.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass man früher hätte reagieren können - auch in Augsburg. Es gibt hier schon ein gutes soziales Netzwerk, auf das man aufbauen kann. Es ist richtig, dass die Stadtregierung jetzt noch einmal nachlegt, etwa mit einer Infokampagne, mit einem Infomobil und mit Vorbildern, die für das Impfen und die Corona-Regeln werben - und die in ihrer jeweiligen Bevölkerungsgruppe ein großes Ansehen genießen. Die inzwischen bundesweite Debatte, was alles zu tun ist, trägt nicht zur Stigmatisierung von Menschen bei. Sie hilft ihnen.