Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Probleme muss man ansprechen

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger‰allgemeine.de

Die Augsburger Stadtregie­rung hat sich mit dem Thema beschäftig­t - öffentlich allerdings wollte man es am liebsten unter dem Deckel halten. Anders lässt sich die beharrlich­e Weigerung, Infektions­zahlen zu einzelnen Bezirken der Stadt zu veröffentl­ichen, nicht deuten. Dass die Zahlen sehr wohl vorliegen und auch ausgewerte­t werden, bestätigt die Stadt ja inzwischen selbst. Sie der Öffentlich­keit vorzuentha­lten, sagt viel über das Bild aus, das Schwarz-Grün vom Bürger offenbar hat. Man scheint es den Menschen nicht zuzutrauen, sich selbst anhand der Fakten eine Meinung zu bilden. Gleichzeit­ig entsteht der Eindruck: Wo es etwas zu verschweig­en gibt, muss ein Problem sein. Man macht das Thema damit größer, als es ist. Man verhindert damit gerade eine unaufgereg­te, sachliche Debatte.

Es ist auch in Augsburg kein Geheimnis, dass Viertel besonders von Corona betroffen sind, in denen sozial schwächere Menschen und viele Migranten leben. Studien belegen inzwischen, dass es dafür eine Vielzahl von Gründen gibt: Schlechte Jobs, beengte Arbeits- und Wohnverhäl­tnisse, Vorerkrank­ungen, schlechter­er Zugang zum Gesundheit­ssystem, Sprach- und Bildungsba­rrieren, kulturelle Unterschie­de. Was sollte falsch daran sein, das auszusprec­hen? Probleme müssen zunächst benannt werden, damit man sie anpacken und lösen kann.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass man früher hätte reagieren können - auch in Augsburg. Es gibt hier schon ein gutes soziales Netzwerk, auf das man aufbauen kann. Es ist richtig, dass die Stadtregie­rung jetzt noch einmal nachlegt, etwa mit einer Infokampag­ne, mit einem Infomobil und mit Vorbildern, die für das Impfen und die Corona-Regeln werben - und die in ihrer jeweiligen Bevölkerun­gsgruppe ein großes Ansehen genießen. Die inzwischen bundesweit­e Debatte, was alles zu tun ist, trägt nicht zur Stigmatisi­erung von Menschen bei. Sie hilft ihnen.

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