Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fahrt im Ferrari findet ein jähes Ende: Wer zahlt?
Bei Unfall nahe Adelsried entsteht ein Sachschaden von 100.000 Euro. Was Versicherer und Feuerwehr dazu sagen
Neusäß/Adelsried Mit Tempo 300 rast ein Ferrari über die A8. Die Schilder bei Neusäß mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h liegen hinter ihm. Er hat freie Fahrt. Doch die rasante Fahrt in Richtung Adelsried findet ein jähes Ende. Im Bereich Edenbergen schert plötzlich ein VW Caddy von der mittleren auf die linke Spur. Der Ferrari-Fahrer bremst, weicht aus und gerät ins Schleudern. Er touchiert die Leitplanke, kollidiert mit einem Lkw und kommt erst nach einigen Hundert Metern verkehrt zur Fahrtrichtung zum Stillstand. Dieser Unfall am Sonntagabend hat bei unseren Lesern heftige und teilweise emotionale Reaktionen ausgelöst. Viele fragen sich, wie reagiert die Versicherung in solch einem Fall? Und was sagt die Feuerwehr, die zu dem Unfall gerufen wurde?
Karl Aumiller, Sprecher des Bezirksverbandes Augsburg im Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute
(BVK), geht davon aus, dass der Schaden des Ferrari in Höhe von rund 100.000 Euro höchstwahrscheinlich von der Vollkasko-Versicherung gedeckt ist. „Schließlich ist der Unfall nicht durch grob fahrlässiges Verhalten und auch nicht vorsätzlich verursacht worden“, sagt er. Zudem gab es auf der Strecke kein Tempolimit. „Damit konnte der 47-Jährige so schnell fahren, wie er wollte.“Anders sähe der Fall aus, wenn es eine Geschwindigkeitsbegrenzung gegeben hätte. „Dann wäre es grob fahrlässig gewesen, und die Versicherung könnte ihre Leistung verweigern oder kürzen“, erklärt Aumiller und verweist auf ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg von 2019.
Ein Autofahrer hatte sich einen Sportwagen gemietet. Für den Fall, dass die Luxuskarosse durch sein Verschulden beschädigt werden sollte, war eine Haftungsbeschränkung ohne Selbstbeteiligung vereinbart worden. Es bestand allerdings die Möglichkeit, den Mieter zumindest teilweise in Regress nehmen zu können, sollte er den Schaden grob fahrlässig verursachen. Dieser Fall trat dann tatsächlich ein.
Der Fahrer bediente auf der Autobahn bei erlaubten 200 Stundenkilometern das Infotainmentsystem des Wagens. Dies lenkte ihn aber so sehr ab, dass er in die Mittelleitplanke krachte. Bei dem Unfall entstand ein Schaden in Höhe von rund 24.000 Euro. An dem sollte sich der Mann zur Hälfte beteiligen. Zu
Recht, lautete das Urteil. Nach Überzeugung des Gerichts habe der Fahrer „grob fahrlässig“gehandelt. Ein Verkehrsteilnehmer, der ein Fahrzeug mit einer höheren Geschwindigkeit als 130 Stundenkilometer führt, müsse in besonderer Weise seine volle Konzentration auf das Fahrgeschehen richten.
Mit einem Dutzend Kollegen war am Sonntag Wolfgang Baumeister, Kommandant der Feuerwehr Gersthofen, am Einsatzort. Er ist froh, dass der Unfall „so glimpflich verlaufen ist“. Der Fahrer habe Glück gehabt, dass es zu der Zeit relativ wenig Verkehr gegeben hätte und dadurch ein größerer „Schleuderbereich“zur Verfügung stand. „Wir haben schon Unfälle mit 120 gesehen, die schlimmer ausgegangen sind“, sagt Baumeister. Dass der Unfall mit einer geringeren Geschwindigkeit möglicherweise vermeidbar gewesen wäre, ist für ihn zweitrangig. „Uns hat es wesentlich mehr geärgert, dass, sobald die Unfallstelle wieder passierbar war, die Autofahrer mit Vollgas an uns vorbei gerast sind, obwohl wir noch im Einsatz waren.“Er sei jedoch froh gewesen, dass der Ferrari-Fahrer unverletzt geblieben ist, obwohl zunächst gemeldet wurde, es gebe eine eingeklemmte Person. „Der Fahrer war eigentlich ganz ruhig und gefasst“, schildert Baumeister seine Eindrücke. Verärgert sei dieser lediglich gewesen, als ihm der Abschlepppunternehmer sagte, dass es für die Reparatur in Augsburg keinen Ferrari-Händler gebe.