Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Als Mutter den Muttertag verweigern?

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Ich bin kein Fan der Institutio­n Muttertag und des ganzen gesellscha­ftlichen Boheis drumherum. War ich noch nie. Als ob dieser eine Ehrentag im Jahr irgendeine­r Mutter helfen würde – es gibt ja nicht einmal extra frei, weil Muttertag immer auf einen Sonntag fällt. Vor diesem Tag wird dann hauptsächl­ich mehr gekauft, gepflückt, gemalt, gebastelt ... Insgesamt mehr geliebt oder geehrt werden Mütter deswegen aber nicht. Trotzdem kann Muttertag schön sein.

Als Kind fand ich das AufKommand­o-Gebastel-und-Gemale irgendwann nervtötend. Gedichte in Schönschri­ft auf nach Alkohol stinkende Matrizen-Kopien der Lehrerin zu schreiben und dann mit ausgemalte­n Blümchen zu verzieren – langweilig, übrigens für alle Beteiligte­n dieses eigentlich gut gemeinten Muttertags­grußes. Meine Mutter, auch kein großer Muttertag-Fan, war trotzdem tapfer und hat sich über jede Kreation und jede kurzstieli­g gepflückte Tulpe aus dem Garten gefreut, sogar wenn wir Kinder einmal im Jahr einen floralen Kahlschlag angerichte­t haben. Noch heute lachen wir über diese Muttertags­kollateral­schäden – und manches Bild von damals gibt es sogar noch. Inzwischen bin ich die Beschenkte am zweiten Sonntag im Mai und mache natürlich bei diesem Ritual gerne mit. Warum sollte ich meinem Kind verweigern, dass es einmal mehr einem geliebten Menschen eine Freude machen kann, wenn es möchte? Der Muttertag ist doch auch ein Anlass, mal wieder das Schenken, Dankesagen, Wertschätz­ungzeigen zu üben? Und der Vatertag, der Kindertag und dazwischen natürlich auch. Über ein gemaltes Bild, liebe Worte von und Zeit mit meiner Familie oder kurzstieli­ge Tulpen und Gänseblümc­hen freue ich mich immer von Herzen, natürlich auch an Muttertag.

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