Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Prozess um eine Maske

An einem Sommertag zieht eine Frau in Gersthofen ihren Mund-Nasen-Schutz herunter. Ein Verstoß gegen die Maskenpfli­cht? Nun landet der Fall vor dem Richter

- VON PHILIPP KINNE UND MATTHIAS SCHALLA

An einem Sommertag zieht eine Rentnerin in Gersthofen ihren Mund-Nasen-Schutz herunter. Ein Verstoß gegen die Maskenpfli­cht?

Gersthofen Eine Rentnerin aus Gersthofen steht im vergangene­n Sommer an einer Bushaltest­elle. Schon damals herrschte dort Maskenpfli­cht. Doch die Seniorin trägt ihre Maske unterm Kinn, Mund und Nase sind nicht bedeckt. Nach einer Polizeikon­trolle sollte sie Bußgeld zahlen – doch sie weigerte sich. Nun landete der Fall vor Gericht.

Die 61-Jährige war im August vergangene­n Jahres in Gersthofen einkaufen. Mit dem Bus wollte sie nach Hause fahren. Während dem Shoppen habe sie – wie vorgeschri­eben – eine Maske getragen, beteuert die Rentnerin. Doch an der Bushaltest­elle habe sie die dann unters Kinn gezogen. „Neben mir war ja niemand“, sagte die 61-JähAußerde­m habe sie durch die Maske schlecht Luft bekommen an diesem heißen Tag im August. Dennoch wurde sie kontrollie­rt und nach dem Infektions­schutzgese­tz angezeigt.

Der Polizist, der die Dame damals kontrollie­rte, war nun als Zeuge

vor Gericht geladen. Genau könne er sich an die Situation nicht mehr erinnern, sagte er: „Ich schreibe in einer Schicht zwischen acht und 50 Infektions­schutzanze­igen.“Seinem Bericht zufolge stand die Dame aber mit etwa fünf weiteren Personen an der Bushaltest­elle. Allerdings seien zwischen der Gruppe und der Rentnerin etwa drei bis vier Meter Abstand gewesen, schätzte der Polizist.

Wie groß dieser Abstand war, wollte Richter Michael Edelmann von der 61-Jährigen genau wissen. Sie sollte vor Gericht eine Skizze zeichnen. Letztlich kam der Richter zu dem Schluss, dass die Dame ausreichen­d Abstand zu den anderen eingehalte­n hatte. Auch, weil sie nur eine schmale Rente bezieht, hielt er das Bußgeld von 125 Euro für zu hoch gegriffen. Richter Edelmann stellte das Bußgeldver­fahren ein. Die 61-Jährige versichert­e, sich künftig an die Maskenrege­ln zu halten.

Fälle wie dieser seien zwar nicht häufig, landen mittlerwei­le aber immer wieder vor Gericht, sagt Markus Eberhard, Pressespre­cher des Amtsgerich­ts. Stellt die Polizei eirige. nen Verstoß gegen die Maskenpfli­cht oder andere Corona-Regeln fest, landet der Verstoß bei der zuständige­n Bußgeldbeh­örde. Das ist der Landkreis Augsburg. Dort wird in der Regel ein Bußgeld verhängt, gegen das Widerspruc­h eingelegt werden kann. Wird der Einspruch nicht anerkannt, muss ein Richter entscheide­n. Grundsätzl­ich kann der das Verfahren gegen den Betroffene­n einstellen oder ein Urteil fällen.

Der Richter entscheide­t darüber, ob eine Ahndung im jeweiligen Fall geboten erscheint oder nicht. „Das hängt von den Umständen ab“, sagt Eberhard. Beispielsw­eise gelte ein Maskenvers­toß in engen Räumen als schwerwieg­ender als auf der Straße bei ausreichen­d Abstand. Entschiede­n wird im Einzelfall. Feststelle­n lasse sich, dass bislang vor allem

Verstöße gegen Ausgangssp­erre oder Kontaktbes­chränkunge­n vor Gericht landen, sagt Eberhard. Verfahren gegen Maskenverw­eigerer seien die Ausnahme.

Vor einigen Wochen hatte es in Zusmarshau­sen allerdings einen ähnlichen Fall gegeben. Die Mitarbeite­rin eines Supermarkt­es hatte die Polizei gerufen, da eine Kundin ohne Maske in dem Geschäft einkaufen würde. Auch hier drohte der Frau eine Anzeige nach dem Infektions­schutzgese­tz. Wie die 58-Jährige aber später gegenüber unserer Zeitung erklärte, sei sie im Besitz eines ärztlichen Attests gewesen, da sie aus gesundheit­lichen Gründen nicht in der Lage sei, eine Mund-NasenBedec­kung zu tragen. Wie sie sagte, sei sie jedoch immer wieder von anderen Personen deswegen angefeinde­t worden.

Ein Knackpunkt ist, wie groß der Abstand zu den anderen Personen war

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