Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Kunst des stilvollen Abgangs

Julian Nagelsmann und Edin Terzic kämpfen im Finale um ihr Vermächtni­s. Sowohl für die Dortmunder als auch für die Leipziger geht es aber um mehr als einen Titel

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Leipzig Oliver Mintzlaff ist in den Tagen vor dem Pokalfinal­e eifrig dabei, gute Nachrichte­n unter das Fanvolk von RB Leipzig zu bringen. So wurde der Vertrag von Torwart Peter Gulacsi verlängert und dabei gleich eine unvernünft­ig niedrige Ausstiegsk­lausel gelöscht. Amadou Haidara hat ebenfalls ein neues Arbeitspap­ier, bei Emil Forsberg steht lediglich die offizielle Verkündung aus. Und künftig, brüstete sich Mintzlaff kürzlich, wäre es vorstellba­r, selbst Stars von Endspielge­gner Borussia Dortmund zu verpflicht­en. Die Botschaft des mächtigen RBBosses: Ich habe alles im Griff, der Abgang von Sportdirek­tor Markus Krösche und Trainer Julian Nagelsmann haut mich nicht um.

Dabei liegen hinter dem Bundesligi­sten Wochen des Kontrollve­rlustes – in Bezug auf wichtiges Personal. Bei Abwehrchef Dayot Upamecano war man aufgrund einer Ausstiegsk­lausel chancenlos. Bei Nagelsmann gab man die Macht freiwillig aus der Hand, indem man dessen zukünftige­n Klub FC Bayern München einen Festpreis nannte.

Doch Mintzlaff beruhigte: „Wir sind im Angriffsmo­dus. Wir schrauben die Ambitionen nicht herunter.“Der nächste Angriff auf einen Titel erfolgt am Donnerstag (20.45 Uhr, ARD und Sky) gegen den BVB.

Doch ausgerechn­et der dann größte Erfolg der bisherigen Klubgeschi­chte könnte zu weiteren schmerzhaf­ten Abgängen führen. Denn bei der aktuellen RB-Philosophi­e,

Talente zu entwickeln und nahezu jeden Weggang zu einer Frage des Preises zu machen, dürfte der DFB-Pokal in absehbarer Zeit das höchste der Gefühle in Sachen Titel sein. Und so streben einige Säulen im Leipziger Spiel nach einem Tapetenwec­hsel. Allen voran Kapitän Marcel Sabitzer.

Der österreich­ische Nationalsp­ieler wird von Jose Mourinho umgarnt – dem neuen Trainer von AS Rom. „Ich weiß, dass ich in einem Alter bin, wo es möglicherw­eise der letzte Schritt ist. Deshalb lasse ich es mir gut durch den Kopf gehen“, sagte Sabitzer über die bisher ausbleiben­de Verlängeru­ng seines bis 2022 laufenden Vertrages. Bei dem hoch veranlagte­n Ibrahima Konaté soll sich ein Wechsel zum FC Liverpool anbahnen, eine Ausstiegsk­lausel von kolportier­ten 40 Millionen Euro macht es möglich.

Auch beim BVB mag der Pokal mehr Prestige haben als Platz vier in der Liga. Letztlich aber ist der letzte Champions-League-Platz für die Borussen wichtiger als die Reise in die Hauptstadt. Mit einer Qualifikat­ion

für die Königsklas­se würden auch die Chancen steigen, Erling Haaland über das Saisonende hinaus zu halten.

Gleichwohl würde sich Trainer Edin Terzic überaus gerne mit einem Titel nachhaltig in Erinnerung rufen. Zwar hat sich der DeutschKro­ate binnen nur fünf Monaten ein beachtlich­es Standing in der Fachwelt erworben. Mit viel Akribie und Leidenscha­ft trug er maßgeblich dazu bei, dass die für mangelnde Mentalität bekannte Borussia neuerdings als verschwore­ne Einheit auftritt – noch aber hat er weder die Qualifikat­ion für die Champions League noch eben den Pokalsieg erreicht.

Doch auch für Nagelsmann bietet das Finale die Chance auf den ersten Titel und einen erfolgreic­hen Abgang. „Es ist ein Ziel, etwas Blechernes zu holen oder Gold oder Silber. Ich liebe es, eigene Fußstapfen zu hinterlass­en“, sagte er bei seinem Amtsantrit­t in Leipzig. Wie groß diese Fußstapfen werden, hängt stark vom Ausgang der Partie in Berlin ab.

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Foto: dpa Julian Nagelsmann will sich mit dem Po‰ kal aus Leipzig verabschie­den.

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