Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wird Richter erneut zum Retter?
Wie vor zwei Jahren hätte der Angreifer des FC Augsburg den Abstiegskampf mit Toren entscheiden können. Gelegenheit dazu bietet sich nun im nächsten „Endspiel“gegen den SV Werder Bremen
Marco Richter fühlte sich sichtlich wohl auf dem gepflegten Rasen des Stuttgarter Stadions. In seiner Lieblingsposition hatte Trainer Markus Weinzierl den Angreifer des FC Augsburg aufgeboten, im zentralen offensiven Mittelfeld durfte sich der 23-Jährige austoben. Weil Daniel Caligiuri auf der Ersatzbank saß, war Richter obendrein der Mann für die Standardsituationen. Ob bei Freistößen oder Eckbällen – Richter war am Ball. Weinzierl äußerte sich später weitgehend zufrieden mit dem Auftritt des Spielers, in der Pressekonferenz erklärte er: „Er war sehr umtriebig, sehr aufmerksam und hat wirklich ein gutes Spiel gemacht. Er hätte sich gerne mit einem Tor für seine Leistung belohnen dürfen.“
Ein Drittel aller Augsburger Torschüsse gab Richter ab, doch keiner seiner sieben Versuche endete mit einem Treffer. Die beste Möglichkeit ergab sich nach knapp einer halben Stunde, als Richter aus elf Metern
mit einem unplatzierten Flachschuss an Stuttgarts Ersatztorwart Fabian Bredlow scheiterte. Zumindest verbuchte Richter eine Vorlage, als er Florian Niederlechners zwischenzeitlichen Ausgleich vorbereitete.
Wirklich zufrieden wollte der Gelobte nach Spielschluss nicht sein. Die Freude über die gute Leistung hielt sich in Grenzen, weil der Mannschaftserfolg beim 1:2 ausgeblieben war. Diese Niederlage sei schwer zu akzeptieren, meinte Richter. Er übte Selbstkritik, als er von vergebenen Torchancen sprach. „Ich muss einfach den Ball reinhauen.“
Ein passenderes Spiel hätte sich Richter für einen Treffer kaum aussuchen können. Das Eigengewächs aus dem
FCA-Nachwuchsleistungszentrum bestritt sein 100. Pflichtspiel für den FCA. Dass er in dieser Spielzeit bislang lediglich drei Treffer erzielt hat, resultiert nicht nur aus vergebenen Möglichkeiten.
Im vergangenen Sommer sorgten Richters Wechselabsichten beim FCA für wenig Begeisterung. Unter dem ehemaligen Trainer Heiko Herrlich erhielt der Offensivspieler dann weit weniger Einsatzzeit als gewünscht. Herrlich bot statt Richter meist Caligiuri auf der rechten Angriffsseite auf, im Sturm gab er André Hahn den Vorzug, und im Zentrum durfte sich nach der Winterpause zunächst Leihspieler Laszlo Benes versuchen. Sollte Herrlich zu Richter ein Urteil abgeben, verwies er wiederholt auf dessen Ballverluste. Weinzierl hingegen vertraut dem Kreativspieler. Dass er ihn in Stuttgart vorzeitig vom Rasen holte, begründete der 46-Jährige mit Richters Laufpensum. „Ich habe ihn ausgewechselt, weil er sehr viel unterwegs und platt war.“
Wie Verantwortliche und Mitspieler bemüht sich Richter vor dem „Endspiel“gegen Werder Bremen um Zuversicht (Samstag, 15.30 Uhr/ Sky). „Wir können auf der Leistung aufbauen. So wollen wir gegen Bremen auftreten und zu Hause den Dreier einfahren“, betont der gebürtige Friedberger.
Die Lage ist zwei Spieltage vor Saisonende bedrohlich. Lediglich zwei Punkte trennen den FCA vom Relegationsplatz, vier Zähler beträgt der Vorsprung auf den Abstiegsplatz. Ab Mittwoch befindet sich der Bundesligist in Hotelquarantäne, die Mannschaft und deren Entourage wird bis zum letzten Spieltag zwischen dem Hotel in Bobingen
und Stadion pendeln. Richter sieht einen Vorteil darin, dass er und seine Mannschaft nicht zum ersten Mal diesem gewaltigen Druck ausgesetzt sind. „Wir werden alles versuchen. Wir geben Vollgas. Hundert Prozent. Wir lassen die Köpfe nicht hängen, wir kennen solche Situationen beim FCA.“
Wie vor zwei Jahren. Als der FCA damals erstklassig blieb, kam Richter eine bedeutende Rolle zu. Die Ausgangslage war im April 2019 ähnlich. Der FCA hatte den Trainer gewechselt, Martin Schmidt sollte eine Wende herbeiführen. Und das gelang, unter anderem dank Richter. Im ersten Spiel unter Schmidt erzielte der Angreifer zwei Treffer gegen Eintracht Frankfurt (3:1), im folgenden Spiel traf er erneut doppelt. Gegner beim 6:0-Erfolg: der VfB Stuttgart.
Geschichte wiederholt sich. Aber eben nicht immer. Manchmal wird sie neu geschrieben. Für den FCA und Richter bietet sich die Partie gegen Bremen dafür an.