Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Stadtberger Visionär wird 75
19 Jahre war Ludwig Fink Bürgermeister in Stadtbergen. Von Höhen und Tiefen
Stadtbergen Eigentlich sollte am heutigen Mittwoch mit 100 Gästen eine zünftige Geburtstagsfeier im Gasthof Fendt in Diedorf steigen – mit Familie, Freunden und langjährigen Weggefährten aus Politik, Sport, Musik und Gesellschaft. Doch Corona macht dem ehemaligen Stadtberger Bürgermeister Ludwig Fink einen Strich durch die Rechnung. „Ich hab mich so darauf gefreut, den 75. mit Musik und allem, was dazu gehört, richtig zu feiern, er wird aber im Herbst nachgeholt“, verrät er.
Von 1992 bis 2011 lenkte Dr. Ludwig Fink (SPD) die Geschicke der einstigen Marktgemeinde und heutigen Stadt Stadtbergen. In seiner Amtszeit wurden zahlreiche millionenschwere Investitionen getätigt, die alle in hohem Maße in die Zukunft gerichtet waren. Das moderne und doch zum Kern Stadtbergens passende Rathaus wurde fertiggestellt, beim Hopfengarten entstand der von ihm lang ersehnte Bürgersaal mit Jugendbegegnung, Gaststätte und Wohnungen mit der Zentrale der Kreiswohnungsbaugesellschaft WBL. Die Dammbauwerke mit dem
Nikolausdamm im Mittelpunkt schützen die Stadt vor dem 100-jährigen Hochwasser. „Alle Schulen, Kindergärten und Hort wurden erweitert oder neu gebaut, mit der Linie 2 fährt seit 2002 eine zweite Straßenbahn nach Stadtbergen. Deuringen erhielt eine neue Turnhalle“, erinnert sich Fink.
In seiner Amtszeit wurden 800.000 Quadratmeter Grund und Boden erworben, die B17 im Bereich Leitershofen um vier Meter tiefer gelegt, sodass ein gewaltiges Brückenbauwerk entfiel. Besonders freut sich der Jubilar, dass die Deuringer Heide mit ihrer wunderschönen Landschaft offen für Spaziergänger und Jogger blieb. Als ganz besonderen Höhepunkt seiner Amtszeit bezeichnet Fink die Stadterhebung am 12. Mai 2007 durch den damaligen Innenminister Günther Beckstein.
„Gerade in den ersten Jahren meiner Amtszeit stand ich unter großem Druck bis hin zu Klageforderungen in Millionenhöhe von gewissen Bauträgern und Investoren, denen meine Baupolitik nicht passte.“Sein Credo war, Stadtbergen dürfe nicht zugebaut werden, sondern müsse „eine Kommune mit viel Licht, Luft und Grün bleiben“. Dieser Druck bereitete ihm manch sorgenvolle Nacht.
Auch heute noch spürt er das Entsetzen, als er an einem Montagmorgen erfuhr, dass sich in der Nacht eine schwere Deckenplatte im Bürgersaal löste und auf Tisch und Stühle krachte, wo tags zuvor noch fröhlich feiernde Menschen saßen. Seine größte Enttäuschung war, dass trotz Zusagen Stadtbergen nicht der Standort des neuen Landkreisgymnasiums wurde. „Im Marktgemeindeund Stadtrat hatte ich nie eine Mehrheit, maximal zehn von 25 Sitzen, doch immer wieder galt es, das Einvernehmen mit anderer Fraktionen und Parteien zu suchen.“In diesem Zusammenhang blieben ihm die Unterstützung seines Stellvertreters Karlheinz Schuster (verstorben 2009), des Kulturreferenten Horst Brunner, des früheren Landrats Karl Vogele und des Landtagsabgeordneten Max Strehle unvergesslich.
Immer noch ist es dem Jubilar ein echtes Herzensanliegen, den Charakter Stadtbergens und seiner Ortsteile als naturnahe, weltoffene Stadt zu erhalten, von deren Vorzügen sich Betuchte und weniger Betuchte, Ältere und Jüngere, Große und Kleine erfreuen sollen. „Der Slogan ‘natürlich.nah.dran.’ wurde in meiner Zeit entwickelt. Daran arbeite ich heute immer noch als Vorsitzender des Bund Naturschutzes in Stadtbergen, den ich seit vier Jahren leite“, betont Fink.
Aber bei allem Engagement kommt auch das Privatleben des Ehrenbürgers der Stadt Olbernhau und Träger des Bundesverdienstkreuzes nicht zu kurz. Er reist gerne, „sobald das wieder möglich ist“, in die Partnerstädte, gartelt leidenschaftlich in seinen 100 Quadratmeter großen Gemüsebeeten und freut sich mit seiner Frau Emmi an den fünf Enkeln, die zur großen Freude des Opas hochmusikalisch sind. Oft ist Ludwig Fink im Deuringer Wald beim Joggen anzutreffen: „Leider bin ich nicht mehr der Schnellste, sondern dreh gemütlich meine Runden, aber ich hab ja Zeit. Hauptsache es macht Spaß und hält fit“, sagt er und schmunzelt rundherum zufrieden.