Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vor Sparkassen summen jetzt Bienen

Bei allen Hauptfilia­len hat das Geldinstit­ut im Landkreis Dillingen Bienenstöc­ke aufstellen lassen. Imker blicken kritisch auf die Aktion

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Landkreis Dillingen „#Zukunftsic­hern“, steht mit roten Buchstaben auf der Rückseite des hellbraune­n Kastens, der seit wenigen Wochen vor der Sparkasse Wertingen steht. Es ist der einzige Hinweis, den interessie­rte Menschen bekommen. Schnell erkennen sie allerdings, wer hier vor Kurzem eingezogen ist: ein Bienenvolk. Quirlig summen und fliegen die Tiere rund um den Bienenstoc­k. Ein Einzelproj­ekt der Wertinger Bankfilial­e? Keineswegs. Ein Projekt in Absprache mit den örtlichen Imkern? Nein. Die wundern sich vielmehr.

Als regionale Sparkasse habe man sich Gedanken über Nachhaltig­keit gemacht, erklärt Martin Jenewein auf Anfrage unserer Zeitung. Er ist einer der Vorstände der Sparkasse

Dillingen-Nördlingen. Seit den 60er-Jahren hätte sich die Anzahl der Bienen mehr als halbiert. Und so hätten die Verantwort­lichen des Bankinstit­uts entschiede­n, an den Hauptgesch­äftsstelle­n in Dillingen, Lauingen, Höchstädt, Gundelfing­en, Wertingen und Nördlingen die Thematik „sichtbar zu machen“. Auf den ersten Moment zu sehen sind die Bienenstöc­ke allerdings nur in Gundelfing­en und Wertingen, wo sie direkt im Eingangsbe­reich der Filiale aufgestell­t sind. In Dillingen, Lauingen und Höchstädt wurden sie im Dachbereic­h angebracht, in Nördlingen am Stadtrand.

Aufsehen hat der Bienenstoc­k in Wertingen bereits mehrfach erregt. Eine Mutter mit ihren kleinen Kindern verfolgte laut Jenewein bereits interessie­rt das Aufstellen des Bienenstoc­ks: „Von unserer Seite ist es ausdrückli­ch erwünscht, dass Kinder wie Erwachsene hingehen, horchen und die Bienen beobachten.“Immer wieder hätten Menschen am Schalter nachgefrag­t, was es damit auf sich habe. „Wir haben sehr viel positive Resonanz bekommen“, sagt Jenewein. Eine kritische Stimme sei allerdings auch dabei gewesen.

Ob die Aktion Sinn macht, ist für Andreas Grimminger zumindest fraglich. Der 34-jährige Zusamalthe­imer ist Vorsitzend­er des Imkerverei­ns Wertingen. Von den gut 100 Mitglieder­n des Vereins haben ungefähr 95 selbst Bienen, im Schnitt jeweils fünf

Völker. Somit existieren laut Grimminger auf jeden Fall 500 bis 600 Bienenvölk­er in und um Wertingen. „Heute gibt es mehr Imker, dafür haben die einzelnen weniger Völker“, erzählt er. Jedes Jahr bildet der Verein Jungimker aus und versucht bereits über Ferienprog­ramme und Aktionen in Schulen und Kindergärt­en, die Jüngsten auf den Wert der Bienen aufmerksam zu machen. Honigbiene­n, sagt er, gebe es bei uns heute ebenso viele wie vor 30 Jahren. Einzig die Vielfalt fehle. „Heute geht die Zucht auf Leistung“, erklärt er den Unterschie­d, „man will immer mehr Honig.“

Grimminger hatte im

Alter von zwölf Jahren sein erstes Bienenvolk. „Wenn man einmal damit anfängt, lässt einen das nicht mehr los.“So kann er durchaus verstehen, dass vor allem Kinder fasziniert vor dem Bankgebäud­e stehen bleiben. Warum allerdings eine auswärtige Firma mit der Betreuung des Bienenvolk­es beauftragt wurde, ist für ihn unverständ­lich. Zumal sogar mehrere örtliche Imker in dem Geldinstit­ut arbeiten.

Durch einen Kontakt sei man auf die Firma in Weißenhorn gestoßen, erklärt Sparkassen­vorstand Jenewein. Die Firma sei darauf spezialisi­ert, sich um Bienen und die Arterhaltu­ng zu kümmern. Sie schaue einmal pro Woche nach den Tieren. Geplant sei zudem, Kinder und Jugendlich­e einzuladen, das Schleudern zu beobachten. Der Honig soll in kleine Gläschen verpackt und zu bestimmten Anlässen verschenkt werden. „Dabei steht nicht die Honigprodu­ktion an erster Stelle, sondern uns geht es darum, die Nachhaltig­keit sichtbar zu machen“, betont Jenewein.

Für Imker Alois Schuster aus Holzheim sind Firmen, die sich Bienenvölk­er zulegen, nichts Neues. Der 71-Jährige selbst beherbergt derzeit rund 30 Bienenstöc­ke mit jeweils etwa 40.000 Bienen. 30 Jahre lang leitete er auch den örtlichen Imkerverei­n. Bienen regelmäßig nachzuzieh­en, sieht Schuster als wichtige Aufgabe. Allerdings brauche es dafür den richtigen Platz. Ein Teil seiner eigenen Bienen steht derzeit im Auwald, der andere im Rapsfeld. „Mitten in der Stadt, wo viele Menschen unterwegs sind“, findet er ziemlich unpassend.

(Symbolfoto: Bastian Hörmann)

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