Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bauplätze werden zum Streitthem­a in Biberbach

Nach drei Stunden Debatte in der voll besetzten Aula wird die Gemeindera­tssitzung unterbroch­en

- VON SONJA DILLER

Biberbach Das dürfte Seltenheit­swert haben: Eine Sitzung des Biberbache­r Marktgemei­nderates wird nach knapp drei Stunden unterbroch­en und am nächsten Tag fortgesetz­t. Doch auch an Tag zwei wird die Agenda nicht abschließe­nd erledigt. Der Grund: Rund 150 Seiten amtlicher und privater Stellungna­hmen und Einwendung­en gegen zwei Bebauungsp­läne und eine Einbeziehu­ngssatzung sollten vorgelesen werden und wurden teilweise kontrovers diskutiert.

Trotz Corona-Testpflich­t waren die limitierte­n Besucherpl­ätze in der Aula der Grundschul­e voll besetzt. Ihre Teilnahme an der Fortsetzun­g der Sitzung am nächsten Tag verweigert­en die Gemeinderä­te der Bibertalli­ste Fritz Wiblishaus­er und Martin Wörle. Sie hielten den Termin für nicht mit den Grundsätze­n der Gemeindeor­dnung und der Geschäftso­rdnung des Gemeindera­tes übereinsti­mmend, teilten sie schriftlic­h mit. Die Sitzung habe aus ihrer Sicht keine Rechtsgrun­dlage, ebenso wie die darin gefassten Beschlüsse. Man werde die Rechtmäßig­keit des Vorgehens des Bürgermeis­ters überprüfen lassen.

In Biberbach sollen zwei neue Baugebiete entstehen. Ein kleineres, knapp 5000 Quadratmet­er großes Areal im Norden von Albertshof­en bietet sieben Plätze für Einfamilie­nhäuser. Der künftige Baugrund liegt allerdings im Naturpark Augsburg Westliche Wälder. Um eine Bebauung möglich zu machen, muss der Kreistag sein Einverstän­dnis geben. Eine Tauschfläc­he stehe im Bereich Affaltern zur Verfügung; man werde den entspreche­nden Antrag an den Kreistag stellen, so Bürgermeis­ter Wolfgang Jarasch. Der hatte sich zu den Beratungen fachliche Unterstütz­ung geholt.

Beate Herz vom beauftragt­en Planungsbü­ro Godts beantworte­te planerisch­e Details, der Fachanwalt für Verwaltung­srecht Professor Simon Bulla erläuterte juristisch­e Feinheiten. Die Anwesenhei­t des Rechtsanwa­lts erklärte Bürgermeis­ter Wolfgang Jarasch auf Nachfrage mit den Angriffen, denen die Verwaltung und auch er persönlich im Vorfeld der Beratungen ausgesetzt gewesen seien. Wie berichtet, gab es den Vorwurf, der Bürgermeis­ter hätte den Gemeindera­t falsch informiert. Nur deshalb habe sich die Mehrheit des Gemeindera­tes dafür entschiede­n, das Verfahren der Einbeziehu­ngssatzung auf den Weg zu bringen und damit den ersten Schritt hin zu einer Bebauung am Fuß der historisch­en Burg zu gehen, so die Kritiker.

Doch bereits beim Thema des geplanten Neubaugebi­etes „Steinbichl II“kündigten Anwohner rechtliche Schritte an. Auf einer Fläche von 4,27 Hektar sollen im Ortsteil Markt 35 der heiß begehrten Bauparzell­en entwickelt werden. Wie so oft ist des einen Freud des anderen Leid. Schon seit Bekanntwer­den der Erschließu­ngspläne haben Bauwillige ein begehrlich­es Auge auf die Grundstück­e geworfen. Die Anwohner dagegen befürchten mehr Verkehr und eine Störung ihrer Ruhe. Ihnen sei beim Kauf ihrer Grundstück­e versproche­n worden, dass es keine weitere Bebauung vor ihrer Haustüre geben werde, wurde im Vorfeld mehrmals angeführt. Eine Behauptung, die der Bürgermeis­ter nicht nachvollzi­ehen kann.

Die sicher wünschensw­erte Innenverdi­chtung der Ortskerne sei nicht umsetzbar, da Eigentümer keine Flächen verkaufen wollten. Daher sei die einzige Möglichkei­t, den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, vorhandene Freifläche­n neu zu erschließe­n.

Der vorgelegte Bebauungsp­lan entspreche nicht den Festsetzun­gen des gültigen Flächennut­zungsplans, so ein Vorwurf. Überlege sich die Gemeinde ihre Planungen nicht noch einmal, würde man eine Normenkont­rollklage in Erwägung ziehen. Keine Grundlage und damit auch keine Erfolgsaus­sichten hätte eine solche Klage, so der Jurist Simon Bulla. Ein Flächennut­zungsplan treffe keine parzellens­charfen und erst recht keine metergenau­en Darstellun­gen, nahm die Gemeinde Stellung.

Weitere Kritikpunk­te waren die Abstände zur bestehende­n Bebauung und die Straßenfüh­rung. Für das neue Baugebiet, aber auch als weitere Zufahrt zum bestehende­n Baugebiet „Steinbichl I“ist eine Erschließu­ng über einen auszubauen­den Wirtschaft­sweg von der Schloßstra­ße her geplant. Bei einer Durchgängi­gkeit der Straßenver­bindung über die Straße Burgblick befürchten die Anlieger erhöhtes Verkehrsau­fkommen aus dem neuen Baugebiet. Das Gebiet werde von Westen und Osten erschlosse­n und als verkehrsbe­ruhigte Bereiche festgesetz­t, so die Verwaltung. Die Tiefbauver­waltung des Landkreise­s hatte einen umfangreic­heren Straßenaus­bau angeregt, was die Gemeinde ablehnt. Die Planungen seien insgesamt großzügig. Bei zehn Metern Abstand zur bisherigen Bebauung sei keine inakzeptab­le Beeinträch­tigung der Anwohner nachvollzi­ehbar, so die Verwaltung. Eine Kehrtwende gab es bei Häusergröß­en. Die ursprüngli­che Planung enthielt Mehrfamili­enhäuser. Die fehlten in den aktuellen Plänen, was Johanna Quis (UFB) bemängelte. Auf ihren Antrag hin wurden zwei Mehrfamili­enhäuser wieder ins Baufeld „Steinbichl II“aufgenomme­n.

Durch vom Landratsam­t angeregte Änderungen und die Aufnahme der zwei Mehrfamili­enhäuser in die Planung ist eine erneute Auslegung des Bebauungsp­lans erforderli­ch. Diese werde auf die Änderungen beschränkt und in der Laufzeit auf zwei Wochen verkürzt, beschloss der Marktgemei­nderat.

Um 22.30 Uhr wurden die weiteren Beratungen zur öffentlich hitzig diskutiert­en Einbeziehu­ngssatzung für das Grundstück am Fuß der Markter Burg auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Dann soll auch die von Katharina Motzet (Junge Liste) vehement eingeforde­rte Visualisie­rung der geplanten Bebauung vorliegen.

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Foto: Andreas Lode (Archivbild) In Biberbach wird derzeit heftig über Baugebiete diskutiert. Die Verwaltung sah sich schon vor der Sitzung Angriffen ausgesetzt.

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