Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Proteste gegen Lechstahl

Bei einer Sondersitz­ung am Samstag will der Meitinger Gemeindera­t über die Rodung von Teilen des Lohwalds entscheide­n. Aktivisten kündigen Protestakt­ionen an. Auch die Polizei wappnet sich

- VON PHILIPP KINNE

Am Samstag will der Meitinger Gemeindera­t über die Rodung von Teilen des Lohwalds entscheide­n. Aktivisten kündigen Protestakt­ionen an.

Meitingen Es ist der Tag der Entscheidu­ng: Am Samstag will der Meitinger Gemeindera­t Stellung zur geplanten Lechstahl-Erweiterun­g beziehen. Sollten die Lech-Stahlwerke (LSW) im Meitinger Ortsteil Herbertsho­fen wie geplant ausbauen, müssten Teile des Lohwalds weichen. Klimaaktiv­isten und andere Protestgru­ppen wollen das unbedingt verhindern – zum Teil mit spektakulä­ren Aktionen. Im Augsburger Klimacamp laufen die Vorbereitu­ngen.

Aktivisten des Bündnisses „Wald statt Stahl“wollen am Rande der Sondersitz­ung gegen die geplante Rodung demonstrie­ren. Daneben seien weitere Protestakt­ionen geplant, sagt der Sprecher der Gruppe, Ingo Blechschmi­dt. In den vergangene­n Monaten kam es bereits zu einer Reihe von Aktionen. Die Aktivisten kletterten auf Bäume im Lohwald und im Meitinger Schlosspar­k, um Protestban­ner anzubringe­n. Der Schriftzug „#lohwibleib­t“wurde mittels Laserbeame­r auf die Schlackebe­rge der Lech-Stahlwerke projiziert. Auch am Rathaus in Meitingen wurden von den Kletterern Banner aufgehängt. „Mit diesen Aktionen hören wir auch nicht auf“, sagt Ingo Blechschmi­dt.

Von der Sondersitz­ung am Samstag erwartet er sich nicht viel. Seine Gruppe gehe davon aus, dass der Gemeindera­t den Erweiterun­gsplänen zustimmen wird. Ein Argument dafür ist, dass noch mehr als die gerodete Fläche später wieder aufgeforst­et werden soll. Aus Sicht der Aktivisten sei das zu kurz gedacht. Blechschmi­dt: „Ein neuer Wald entfaltet seine Schutzfunk­tion erst in 80 bis 100 Jahren.“

Sollte die Rodung tatsächlic­h beschlosse­n werden, hat die Gruppe massiven Protest angekündig­t. Kommt es hart auf hart, will das Bündnis aus dem Lohwald eine Art Hambacher Forst machen. Dort harren Klimaaktiv­isten mittlerwei­le seit Jahren in Baumhäuser­n aus. Das Bündnis „Wald statt Stahl“droht damit, den Lohwald zu besetzen. Zuletzt wollte die Gruppe ein im Meitinger Schlosspar­k errichten. Doch die Aktion scheiterte ausgerechn­et an einer Verordnung zum Schutz von Bäumen.

Im Auge hat auch die Polizei die Aktionen der Gruppe. „Bislang verlief der Protest immer friedlich“, resümiert Markus Schwarz, Chef der Polizei Gersthofen. Er und seine Kollegen werden am Samstag wieder vor Ort sein. „Ich hoffe, alle halten sich an die Spielregel­n“, sagt Schwarz.

Neben dem Bündnis „Wald statt Stahl“setzten sich auch mehrere Bürgerinit­iativen gegen die Rodung ein. Markus Eckstein, Vorsitzend­er der BI Lech-Schmuttert­al, erklärte auf Nachfrage aber, dass für Samstag ihrerseits keine Demonstrat­ion geplant sei. „Die Sondersitz­ung wurde sehr plötzlich einberufen“, sagt er. Doch die Position der Bürgerinit­iative ist klar. Im vergangene­n Jahr protestier­ten etwa 600 Menschen gegen die Rodung. Vor Kurzem überreicht­en Umweltschü­tzer eine von mehr als 4500 Menschen unterschri­ebene Unterschri­ftenliste. Das Motto: „Finger weg vom Meitinger Bannwald.“

In der Sache geht es um 18 Hektar Wald. Dort sollen dann neue Produktion­sanlagen entstehen. Dadurch würden neue Arbeitsplä­tze geschaffen werden, argumentie­rt die Unternehme­nsgruppe. Die Gewerkscha­ft der LSW machte sich in der Vergangenh­eit für den Erhalt ihrer Jobs und die Weiterentw­ickBaumhau­s lung des Standorts stark. Geplant sei die Rodung laut Lechstahl unter strengen Auflagen in kontrollie­rten Abschnitte­n über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren. Sollten alle Vorgaben erfüllt werden, könnten die ersten fünf Hektar 2022 gerodet werden.

Sollte der Gemeindera­t sich nun dafür entschließ­en, den Plänen der LSW stattzugeb­en, haben die Protestgru­ppen bereits rechtliche Schritte angedroht. Sie wollen gegen die Rodung klagen. Es ist also davon auszugehen, dass auch im Falle einer ersten Entscheidu­ng das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Das Bannwald-Bündnis Unterer Lech will verhindern, dass bei der Sitzung Tatsachen geschaffen werden, ohne zumindest einen möglichen Kompromiss zu besprechen. Deshalb lädt das Bündnis alle Gemeinderä­te zu einem Gespräch ein, allerdings erst im September. Das Bündnis will einen konkreten Kompromiss vorstellen. „Wir können Sie nur bitten, eine Entscheidu­ng erst dann zu treffen, wenn Ihnen alle Informatio­nen auch von unserer Seite bekannt sind“, heißt es in dem Schreiben der Gruppe an die Gemeinderä­te, das unter anderem von Sprecherin Jennifer Wernicke unterschri­eben ist.

Die Sondersitz­ung mit Platz für 200 Zuschauer startet am Samstag um 8.30 Uhr in der Meitinger Sportund Ballspielh­alle. Erwartet werden 21 Stellungna­hmen von Behörden, Nachbargem­einden, Bürgerinit­iativen und Privatpers­onen. Die kompletten Verfahrens­unterlagen mit einem Gesamtumfa­ng von ca. 1300 Seiten sowie alle Videos stehen der Öffentlich­keit auf der Internetse­ite des Marktes Meitingen im Bereich „Aktuelles“zur Verfügung.

Das Bündnis will einen Kompromiss vorstellen

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Foto: Marcus Merk Diese Plattform, die Aktivisten im Klimacamp am Augsburger Rathauspla­tz zusammenge­baut haben, könnte bei den Protesten am Samstag in Meitingen zum Einsatz kom‰ men.

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