Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die, die’s anders macht
Eva Schulz erklärt jungen Leuten auf Instagram Politik. Am Freitag startet ihre neue ARD-Sendung. Sollte sie floppen, lohnt sich ein Blick in ihre Bachelorarbeit
Eine Lolli-lutschende Eva Schulz sitzt im Hoody auf einer Couch, in der Hand ihr Smartphone. „Ich hab gerade politisch voll was bewegt“, sagt sie. „Petitionen zu unterschreiben ist halt auch echt easy.“Schnitt. Eva Schulz erklärt in seriöserem Look, was es mit Online-Petitionen auf sich hat. Viereinhalb Minuten, mit Pointen aufgelockert, aber im Kern des Videos steht die Information. Wissen unterhaltsam vermitteln – das ist das selbsterklärte Ziel der Journalistin. Ihre Videos, die sie auf Instagram und Facebook veröffentlicht, drehen sich um Politik und um die Menschen, die davon betroffen sind. „Deutschland3000“, so heißt ihr Kanal, ist Mitglied von Funk, dem öffentlich-rechtlichen Online-Angebot von ARD und ZDF für Menschen von 14 bis 29.
Schulz galt früh als innovativ. Als sie 2009 vom Medium Magazin als eine der „Top 30 bis 30“-Journalistinnen ausgezeichnet wurde, war sie noch keine 20, brauchte aber vermutlich schon ein eigenes Regal für ihre Journalistenpreise. Die ersten räumte sie mit der Schülerzeitung Marie in ihrer Heimat Borken im Münsterland ab: Die Marie war ihr erstes Digitalisierungsprojekt.
Inzwischen lebt Schulz in Berlin, dort arbeitet sie mit „Deutschland3000“seit 2017 für Funk. Davor entwickelte sie für die Öffentlich-Rechtlichen das Snapchat-Politikformat „Hochkant“, mit dem sie unter anderem von der US-Wahl berichtete. Dabei hatte ihr erster ARDJob wohl Spuren hinterlassen. Ab 2012 war Schulz neben dem Studium
Reporterin bei „Klub Konkret“, einem TV-Magazin, das im Spartensender EinsPlus lief. 2013 schrieb sie dann ihre Bachelorarbeit. Titel: „Innovation im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – und wie sie verhindert wird“.
2013 ist lange her. Schulz ist inzwischen 31 und unterscheidet zwischen ihrer Generation und der ihrer Zielgruppe. Medien bezeichnen sie gerne als Generationenvermittlerin. Nun hat sie ihr nächstes Format entwickelt: „Der Raum“, eine Mischung aus Polit-Show und Escape-Room. Schulz moderiert aus einer Schaltzentrale, während sich im „Raum“vier Menschen begegnen, die unterschiedlichste Meinungen vertreten – etwa ein Veggie-Influencer und ein Schweinebauer. Die Gäste müssen zusammenarbeiten und diskutieren, um Aufgaben zu lösen. Die ersten beiden Folgen werden am 16. und 30. Juli in der ARD-Mediathek veröffentlicht. Ob es weitergeht, ist wohl abhängig vom Erfolg. Schulz bemüht sich jedenfalls, ihr Format zu promoten. Sie war etwa in Deutschlands wohl bekanntesten InterviewPodcast „Hotel Matze“zu Gast und lobte dort, dass die ARD das innovative Format fördert.
Die ARD schien hingegen lange nicht wirklich die Werbetrommel zu rühren. Wer „Der Raum mit Eva Schulz“googelte, landete bis kurz vor der Premiere auf einer Seite des SWR. Dort war lediglich von einer für irgendwann im Sommer geplanten „Deutschland3000-Show“– das sei noch ein Arbeitstitel – die Rede.
Sollte „Der Raum“kein Erfolg werden, könnte Eva Schulz noch einmal einen Blick in ihre Bachelorarbeit werfen. Jakob Stadler