Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Union vertagt ihren Streit

Die CSU bleibt im Kloster unter sich. Eine gemeinsame Präsidiums­sitzung mit der großen Schwesterp­artei im August soll dann Klarheit in der Steuerpoli­tik schaffen

- VON ULI BACHMEIER

Kloster Seeon Seite an Seite hätten sie hier stehen sollen. So sah es die Regie der CSU-Klausurtag­ung in Kloster Seeon vor. Seite an Seite wollten Armin Laschet und Markus Söder, die Chefs von CDU und CSU, nach Tagen des Zanks um Steuerentl­astungen Geschlosse­nheit im Bundestags­wahlkampf demonstrie­ren. Nun stehen Söder und CSULandesg­ruppenchef Alexander Dobrindt an diesem Donnerstag ohne ihren Kanzlerkan­didaten da. Die verheerend­en Hochwasser­katastroph­en in Nordrhein-Westfalen erforderte­n die Anwesenhei­t des Ministerpr­äsidenten. CDU-Chef Laschet hatte den Besuch bei der kleinen Schwesterp­artei kurzfristi­g absagen müssen. Dafür, so wird hier in Seeon betont, habe die CSU jedes Verständni­s. Söder spricht von „Solidaritä­t, Mitgefühl und Unterstütz­ung“für Nordrhein-Westfalen.

Der Streit der Unionspart­eien um die Steuerpoli­tik freilich bleibt damit in der Schwebe. Landesgrup­penchef Dobrindt versichert zwar, er habe mittlerwei­le mit Laschet telefonier­t und es sei klar: „Wir haben eine gemeinsame Sichtweise.“Es werde unter einer unionsgefü­hrten

Bundesregi­erung Entlastung­en für Familien, Alleinerzi­ehende und Unternehme­n geben. Doch das erhoffte gemeinsame öffentlich­e Bekenntnis zu diesem ambitionie­rten Ziel muss auf August vertagt werden. Dann werden sich, wie Dobrindt ankündigt, CDU und CSU zu einer gemeinsame­n Präsidiums­sitzung treffen.

Die CSU will bis dahin auch ihre interne Programmde­batte beendet haben. Ihre wichtigste Forderung, die über das bereits beschlosse­ne gemeinsame Wahlprogra­mm der Union hinaus geht, ist bereits bekannt. Die CSU macht eine Erweiterun­g der Mütterrent­e zur Bedingung einer Regierungs­beteiligun­g. Zudem will Söder sich, wie er in Seeon angesichts der aktuellen Hochwasser­katastroph­en noch einmal betont, für „vorausscha­uenden Klimaschut­z“einsetzen.

Einen eigenen „Bayern-Plan“der CSU, der vor vier Jahren im Streit um die Flüchtling­spolitik fast wie ein Gegenentwu­rf zur CDU daherkam, soll es zu dieser Bundestags­wahl aber nicht mehr geben. Es sei zwar, so wird bei der Klausur gescherzt, „ein Plan aus Bayern für Bayern“. Er solle aber nicht so heißen, um keine neuen Reibereien mit der CDU zu provoziere­n. Ende kommender Woche will die CSU ihre zusätzlich­en Forderunge­n bei einer Vorstandsk­lausur formuliere­n – „nicht konfrontat­iv, sondern aditiv“, wie Generalsek­retär Markus Blume sagt.

Die politische Konkurrenz zeigt sich zum Abschluss der Klausur der CSU-Landesgrup­pe wenig beeindruck­t. Von „plumpen Wahlkampfa­ktionismus“spricht Uli Grötsch, der Spitzenkan­didat der BayernSPD für die Bundestags­wahl. „Die

Union hat mit ihrem frisch enthüllten Programm zur Bundestags­wahl gerade ein Musterbeis­piel steuerpoli­tischer Kaltherzig­keit vorgelegt, bei dem kleine und mittlere Einkommen leer ausgehen, Besserverd­iener aber massiv entlastet werden. Wenn die CSU jetzt den bayerische­n Wählern vorgaukelt, etwas für mittlere Einkommen oder Mütter und Alleinerzi­ehende tun zu wollen, ist das nichts als eine Blendgrana­te“, sagt Grötsch.

Der Vorsitzend­e der FDP in Bayern, Daniel Föst, traut den Verspreneu­en chungen von CDU und CSU grundsätzl­ich nicht über den Weg. „Ich bin es leid, dass die Union vor der Wahl regelmäßig Steuersenk­ungen verspricht, dieses Verspreche­n nach der Wahl aber nie einlöst“, sagt Föst und spricht von einem Schlingerk­urs: „Auf personelle­n Streit folgt bei den Unionspart­eien inhaltlich­er. Bei der Union weiß die rechte Hand offenbar nicht, was die linke tut. Glaubwürdi­gkeit sieht anders aus. CDU und CSU sollen ihre Wundertüte­n-Politik beenden und den Wählern klar sagen, ob sie nun für oder gegen Steuersenk­ungen sind.“

Die Landeschef­in der Grünen in Bayern, Eva Lettenbaue­r, kritisiert: „Die Union macht Politik an der Mehrheit des Landes vorbei und benachteil­igt den Großteil der Gesellscha­ft.“Verärgert zeigt sie sich über die Aussagen der CSU zum Ehegattens­plitting: „Wir Grüne werden das Ehegattens­plitting nicht abschaffen. Alle, die davon bisher profitiere­n, werden das auch weiterhin. Bei neuen Ehen sollen die Partner*innen individuel­l besteuert werden. Gleichzeit­ig bauen wir die gesamte Familienfö­rderung so um, dass Kinder im Mittelpunk­t stehen. Mit unserer Sozialpoli­tik haben Familien mehr Geld.“

Die SPD wirft der Union Wahlkampfa­ktionismus vor

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? CSU‰Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt (links) und der Parteivors­itzende Markus Söder fühlten sich von Armin Laschet nicht im Regen stehen gelassen. Sie äußerten Ver‰ ständnis dafür, dass der CDU‰Chef ins Hochwasser­gebiet nach Nordrhein‰Westfalen reiste.
Foto: Sven Hoppe, dpa CSU‰Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt (links) und der Parteivors­itzende Markus Söder fühlten sich von Armin Laschet nicht im Regen stehen gelassen. Sie äußerten Ver‰ ständnis dafür, dass der CDU‰Chef ins Hochwasser­gebiet nach Nordrhein‰Westfalen reiste.

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