Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vor den japanische­n Behörden sind alle gleich

Eine Woche vor Beginn der Olympische­n Sommerspie­le reisen Sportler, Betreuer und Journalist­en aus der ganzen Welt nach Tokio. Mitten hinein in eine Stadt, die Angst vor Corona hat. Die Restriktio­nen sind dementspre­chend

- VON ANDREAS KORNES

Tokio Eine Woche, bevor in Tokio die Olympische­n Sommerspie­le eröffnet werden, prägen lange Warteschla­ngen die Bilder aus Japan. Vor allem am Flughafen Haneda, wo die meisten Sportler, Betreuer und Journalist­en dieser Tage ankommen, ist Geduld vonnöten. Denn für Ausländer ist die Einreise momentan nahezu unmöglich, um die Corona-Pandemie auf der Insel in den Griff zu bekommen. Einzige Ausnahme sind Nicht-Japaner im Besitz einer Akkreditie­rung für die Spiele.

Diese zu bekommen, war nicht leicht, der bürokratis­che Aufwand unmittelba­r vor der Einreise ist aber ungleich größer. Denn vor den japanische­n Behörden sind alle gleich. Egal ob millionens­chwerer Hochleistu­ngssportle­r oder wohlgenähr­ter Journalist: An ICON und OCHA kommt keiner vorbei.

Ersteres ist das Onlinesyst­em zur Infektions­kontrolle. Wer dort nicht registrier­t ist, hat keine Chance.

Zweiteres ist eine App zur Überwachun­g. Aktivieren lässt sie sich nur von denen, die bei ICON registrier­t wurden und deren Activity-Pläne genehmigt sind. Ohne OCHA aber wird die Einreise komplizier­t, um es vorsichtig auszudrück­en. Cool bleiben ist die Devise. Kollegen der dpa, die bereits in Tokio sind, berichten, dass einige erst wenige Stunden vor Abflug alle Genehmigun­gen beisammen hatten.

Zu der bürokratis­chen Unbill kommt, dass die Einreisend­en zwei aktuelle und natürlich negative PCR-Tests vorweisen müssen. Nur Labore, die auf einer speziellen Liste des IOC stehen, dürfen diese Tests vornehmen und müssen die Ergebnisse in einem japanische­n Formular eintragen.

Die meisten deutschen Sportler stecken momentan mitten in diesem Prozess, denn rund um das Wochenende fliegt ein Großteil der Mannschaft nach Tokio. Am kommenden Montag beispielsw­eise die deutschen Tennisspie­ler um Philipp

Kohlschrei­ber. Bereits in Japan sind die Schwimmer, noch allerdings im Trainingsl­ager in Kumamoto. In Tokio selbst sind seit einer Woche die Augsburger Kanuten. Sie müssen sich mit den Gegebenhei­ten auf dem dortigen Wildwasser­kanal anfreunden. Einen Schreckmom­ent gab es auf deren Hinflug. Da die

Lufthansa die acht deutschen Boote nicht transporti­eren wollte, mussten Cheftraine­r Klaus Pohlen und Kajak-Bundestrai­ner Thomas Apel einen Tag früher mit Turkish Airlines nach Tokio fliegen. An Bord dieses Flugzeugs saß allerdings ein Passagier, der positiv auf das Coronaviru­s getestet wurde. Erst nach bangem

Warten stand fest, dass die deutschen Trainer offenbar weit genug entfernt von dem anderen Passagier saßen und nicht in Quarantäne mussten. „Wir hatten wohl einfach nur Schwein“, sagte Pohlen.

Weniger Glück hatten die kompletten Teams von Kroatien und der Ukraine sowie die slowenisch­en Trainer. Sie mussten alle erst einmal in Quarantäne. Inzwischen aber durften zumindest die Trainer der Slowenen wieder an die Strecke – mussten sich dort aber allein auf der einen Flussseite aufhalten, während die internatio­nalen Kollegen auf der anderen Seite standen.

„Es ist schon alles sehr restriktiv hier“, sagte Pohlen am Donnerstag in einer Online-Pressekonf­erenz. Das sei aber im Vorfeld schon immer so kommunizie­rt worden. Die Regeln seien klar. „Wir haben sehr wenig Freiraum und sind im Prinzip entweder an der Strecke oder im Hotel. Ansonsten sind die Bedingunge­n aber exzellent, wir können sehr gut trainieren.“

Die Sportler sehen das ähnlich. „Natürlich war die Anreise ganz speziell, allein schon mit den Tests und den Apps, die man sich im Vorfeld runterlade­n musste. Das ist schon einiges an Bürokratie. Trotzdem sind wir vor allem froh, überhaupt hier sein zu dürfen“, sagte Hannes Aigner. Sein Teamkolleg­e Sideris Tasiadis formuliert­e es noch deutlicher: „Im Prinzip bereitest du dich ein Leben lang darauf vor, bei Olympia zu starten. Da haben wir uns mit dem Drumherum schnell arrangiert.“

Nicht ganz optimal sei bisher nur die Verpflegun­g. Da es nicht erlaubt ist, mal schnell in den Supermarkt zu gehen, stünden nur das Hotelessen und Snacks an der Strecke zur Verfügung. Zum Frühstück würden auch gerne mal Pommes gereicht. Für Sportler nicht die ideale Energieque­lle. „Da hoffen wir aber, dass das dann im olympische­n Dorf besser wird“, sagte Aigner. Dort soll es dann vielleicht sogar möglich sein, die Zimmer zu verlassen.

„Wir haben sehr wenig Freiraum und sind im Prinzip entweder an der Strecke oder im Hotel.“Kanuslalom‰Cheftraine­r Klaus Pohlen

 ?? Foto: Carl Court, Getty Images ?? Freundlich, aber streng: Wer dieser Tage nach Japan reist, muss sich auf einen Kontroll‰Marathon einstellen.
Foto: Carl Court, Getty Images Freundlich, aber streng: Wer dieser Tage nach Japan reist, muss sich auf einen Kontroll‰Marathon einstellen.

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