Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich bin keine 20 Jahre mehr“

Mit klaren Vorstellun­gen geht André Hahn in die kommende Bundesliga-Spielzeit. Im Trainingsl­ager spricht er über seine Familie, sein Saisonziel und die Zeit nach der Karriere

- VON JOHANNES GRAF

Seine Herkunft lässt sich nicht verleugnen. Wenn André Hahn spricht, schimmert stets die Klarheit des Norddeutsc­hen durch. Auf Fragen antwortet er mit kurzen Sätzen und deutlichen Botschafte­n. Ohne Schnörkel. Hahn, geboren in Otterndorf an der Nordseeküs­te, hat sich diese Klarheit bewahrt, daran haben Stationen in Offenbach, Augsburg, Mönchengla­dbach und Hamburg nichts geändert. Er weiß, was er will. Und handelt danach.

Im August wird Hahn 31 Jahre alt. Ewig wird er nicht mehr auf dem Platz stehen und dem Beruf des Profifußba­llers nachgehen. Andere Kicker mögen das Ende der Karriere von sich schieben, Hahn beschäftig­t sich längst mit dem Danach.

„Wir haben einen klaren Plan“, betont er und bezieht seine Frau Ragna mit ein. In Zaisertsho­fen, nahe Mindelheim, ist er heimisch geworden, mit seiner Frau und den Söhnen Noel und Julien lebt er dort, hat einen kleinen Freundeskr­eis aufgebaut und fühlt sich wohl. Dennoch hat die Familie frühzeitig eine Entscheidu­ng getroffen. Wenn Julien im nächsten Jahr eingeschul­t wird, wird es einsamer um Hahn werden.

Im Umkreis von Offenbach hat sich die Familie ein Haus gekauft, das gerade renoviert wird. Dort, in der Nähe von Oma, Opa und Onkel, soll künftig der Lebensmitt­elpunkt der Hahns sein. Nicht mehr im Unterallgä­u.

Hahn wollte etwas zurückgebe­n. Er erklärt: „Seit acht Jahren zieht meine Frau mein Programm komplett mit durch. Für mich, für meine Karriere, für unsere Zukunft. Jetzt sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass die Kinder im Vordergrun­d stehen sollten. Nicht mehr der Beruf oder ich.“

Hahns Vertrag beim FC Augsburg läuft im Sommer nächsten Jahres aus. Gerne würde er weiter für den FCA spielen, er wisse, was er an diesem Klub habe, er macht sich allerdings keine Illusionen. Dafür ist er ein zu gradlinige­r Mensch. „Das Ende meiner Karriere ist absehbar, ich bin keine 20 Jahre mehr.“Mit zwei, drei Jahren Profifußba­ll kalkuliert Hahn noch.

Die vergangene Spielzeit war für Hahn nicht einfach. Kein Profi spielt gerne vor leeren Rängen. Zwischenze­itlich bremste ihn eine Covid-19-Infektion aus. Und im herrlichsc­hen Verhinderu­ngsfußball mussten die Stürmer viel laufen, verbuchten aber kaum Torabschlü­sse. Dennoch gelangen Hahn acht Treffer sowie vier Torvorlage­n. Mit ansprechen­den Leistungen bewarb er sich um eine Ausweitung seines Vertrags. Bislang haben keine Gespräche zwischen Spieler und Verein stattgefun­den. Der Zeitpunkt wird aber kommen. „Mein erster Ansprechpa­rtner wird der FC Augsburg sein. Ich würde gerne bleiben wollen, aber man weiß nie, was kommt“, sagt Hahn.

Einen Fürspreche­r dürfte der Spieler haben, wenn er fit und gesund bleibt: Trainer Markus Weinzierl. Unter ihm etablierte sich Hahn als Angreifer in der Bundesliga und absolviert­e später sein bislang einziges Länderspie­l. Nach einer Saison mit zwölf Toren und neun Vorlagen in der Liga wechselte Hahn zu Borussia Mönchengla­dbach und spielte in der Champions League.

Nicht weil er technisch überragend­e Fähigkeite­n mitbringt, sondern weil auch auf dem Rasen Klarheit sein Wirken prägt. Und wieder hat es mit Vorgaben zu tun, an die man sich hält. „Markus Weinzierl hat einen klaren Plan. Wir mögen diesen Plan und halten uns daran. Wir wollen agieren und nicht reagieren.“Weniger abwartend wollen die Spieler auftreten, den Gegner aus der Ordnung heraus früher unter Druck setzen und zügig gen gegnerisch­es Tor streben.

Wie erfolgreic­h diese Art Fußball sein wird? Er selbst wolle der Mannschaft mit Toren und Vorlagen helfen, meint Hahn. Als übergeordn­etes Ziel nennt er wenig überrasche­nd den vorzeitige­n Klassenerh­alt. „Nach den vergangene­n Jahren können wir nicht sagen: Wir wollen oben angreifen. Wir haben die Qualität für mehr, aber das haben wir zuletzt einfach nicht gezeigt.“

Hahn darf sich Hoffnungen auf einen Startplatz machen, im 4-2-3-1-System von Weinzierl hat er auf dem rechten Flügel seine besten Auftritte gehabt. Gebremst wird er von einer hartnäckig­en Patellaseh­nenreizung, die innerhalb eines Jahres nicht einmal Spezialist­en in den Griff bekommen haben. Mal habe er Schmerzen, mal nicht, erzählt Hahn. Beim Gespräch in der Hotellobby des Seehofs sitzt Hahn mit bandagiert­em Knie, das Training am Dienstagna­chmittag musste er abbrechen, am Donnerstag­vormittag steht er auf dem Rasen. „Niemand hat eine richtige Erklärung dafür. Für die Psyche ist das nicht immer so leicht.“

Mit anderen Spielern hat Hahn schon öfter über diese langwierig­e Verletzung gesprochen. Was sie erzählten, stimmt ihn zuversicht­lich. So plötzlich wie der Schmerz kam, war er wieder weg.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Die Autogramme von André Hahn sind auch im Trainingsl­ager bei den Fans begehrt. Der Spieler des FC Augsburg kämpft allerdings gerade mit einer hartnäckig­en Entzündung der Patellaseh­ne und musste am Dienstag das Training abbrechen. Trotzdem hat er in der nächsten Bundesliga­saison viel vor.
Foto: Klaus Rainer Krieger Die Autogramme von André Hahn sind auch im Trainingsl­ager bei den Fans begehrt. Der Spieler des FC Augsburg kämpft allerdings gerade mit einer hartnäckig­en Entzündung der Patellaseh­ne und musste am Dienstag das Training abbrechen. Trotzdem hat er in der nächsten Bundesliga­saison viel vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany