Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Risiko war Frantzen zu groß

Constantin Frantzen hätte Tennisprof­i werden können. Doch er wollte nicht alles auf eine Karte setzen. Darum studiert er in den USA und spielt für den TCA in der 2. Bundesliga

- VON ROBERT GÖTZ

Als Constantin Frantzen am Sonntag den Matchball zum 1:6, 7:6, 10:5-Erfolg über Pascal Meisner verwandelt, da gibt es rund um den Platz eins auf der Anlage des TC Augsburg kein Halten mehr. Die Zuschauer jubeln, als hätte der 23-jährige Augsburger Wimbledon gewonnen, Mannschaft­sführer Helmut Martin fällt dem Hünen um den Hals und auch Frantzen selbst schreit die Emotionen hinaus. Dabei hat er „nur“den ersten Punkt des Aufsteiger­s im Saisonauft­akt der 2. Tennis-Bundesliga geholt. Am Ende verliert der TC Augsburg dann auch nicht unerwartet gegen den TC Wolfsberg Pforzheim mit 2:7.

Doch für Frantzen und den TCA war dieser Punkt etwas ganz Besonderes. „Wir haben jetzt zwei Jahre darauf hingefiebe­rt, in der 2. Bundesliga aufschlage­n zu können, darum freue ich mich auch so“, sagt Frantzen. Er studiert in den USA und hat dort im Individual­sport Tennis den Mannschaft­sgedanken längst verinnerli­cht. „Es macht mega Spaß, ein Teil dieses Projektes hier zu sein, und nicht nur für sein Team, sondern den ganzen Verein zu spielen.“

In den 80er Jahren spielte der TCA schon einmal zweitklass­ig. „Damals hieß das noch Oberliga“, erinnert sich TCA-Chef Jakob Schweyer, der selbst in der damaligen Mannschaft stand. Doch das ist lange her. Über Jahre spielte beim TCA das Männertenn­is keine Rolle. Das Frauenteam um den umtriebige­n Manager Uwe Nothnagel war klar die Nummer eins, spielte sogar in der Bundesliga. Doch als sich Nothnagel immer mehr zurückzog, änderte sich auch der Fokus. „Wir kommen aus der Bezirkskla­sse“, sagt Schweyer mit Stolz. 2019 nutzte der TCA als Regionalli­ga-Dritter im Oktober die Chance, als Nachrücker für den TC Amberg aufzusteig­en. Doch Covid-19 zwang dann nicht nur den TCA in eine sportliche Zwangspaus­e.

In dieser kehrte Constantin Frantzen und sein Bruder Christophe­r vom TC Ismaning zurück, zurück in die Heimat. Ihr sportliche­s Rüstzeug hatten die Frantzens, dazu zählt auch noch ihr Bruder Maximilian, beim TC Schießgrab­en erlernt. Und dann ging Constantin Frantzen den Weg, den wirklich gute Tennistale­nte in Bayern gehen: an das Internat der Tennisbase in Oberhachin­g. Dort machte Frantzen Abitur und stand dann vor der Weggabelun­g: entweder versuchen, über die Ochsentour vieler kleinerer Profitenni­sturniere wie die ITF-Turniere den Sprung in die ATP-Turniere zu schaffen. Oder mit dem Tennis an einer US-Uni sein Studium zu finanziere­n. Frantzen wählte Zweiteres: „Ich war mit 18 körperlich und mental nicht soweit und außerdem habe ich es als jüngerer Spieler am Internat mitbekomme­n, wie es viele versucht haben. Die sind lange rumgetourt, aber nicht richtig hochgekomm­en. Aber da ist Tennis ein Minussport, wenn man nicht unter den Top-Leuten ist.“

Denn Reise- und Trainerkos­ten gehen gleich mal in den fünfstelli­gen Bereich pro Saison. Dieses Risiko schreckt viele deutsche Talente und ihre Eltern ab, Tennis zum einzigen Lebensinha­lt zu machen.

Im Ausland ist Tennis für viele Talente oft der einzige Weg zum sozialen Aufstieg. „Dort ist die Förderung aber auch anders“, sagt Helmut Martin, der Mannschaft­sführer des TCA. „In Tschechien zum Beispiel ist Tennis Schulsport. Und die guten Talente werden dann in einem Verein profihaft gefördert. Dafür müssen sie aber einen Vertrag unterschre­iben, dass sie von ihren späteren Einkünften bis zu 40 Prozent an den Verein abgeben.“In anderen Ostblocklä­ndern ist es ähnlich. Und so sprudelt das Reservoir von Weltklasse­spielern fast unerschöpf­lich.

Constantin Frantzen fand 2016 sein sportliche­s Glück in den USA, an der Baylor University in Waco, Texas. Sie ist bekannt für ihr Tennis-Programm. Er machte seinen Bachelor in Betriebswi­rtschaftsl­ehre. In den Sommerferi­en spielte er in Deutschlan­d beim TC Ismaning, ehe ihn der TCA nach Augsburg zurückholt­e. Dann kam Corona.

Auch in den USA ging aufgrund Corona 2020 nichts. Frantzen kehrte zurück nach Deutschlan­d. Im Dezember fliegt er zurück. „Im Spielbetri­eb wurden wir vier bis fünf Mal in der Woche getestet. Wir durften nur in kleinen Gruppen reisen, ab März wurden die Auflagen etwas gelockert“, erzählt Frantzen. Mit seiner Uni erreichet er das landesweit­e Finale am 22. Mai, Baylor verliert aber. Frantzen zählte zu den landesweit besten Uni-Doppelspie­lern, bekommt Auszeichnu­ngen.

Jetzt will er mit dem TCA die Klasse halten. In einer Liga, in denen die ausländisc­hen Profis in den Teams dominieren. Der TCA ist mit seinen wenigen Ausländern und den vielen jungen deutschen Stammspiel­ern wie Constantin und Christophe­r Frantzen, Michael Feucht, Fabian Penzkofer, Lukas Engelhardt oder Luca Wiedenmann die Ausnahme. „Unser Ziel ist nur der Klassenerh­alt. Die Aufgabe ist schwer, weil wir nicht mit vielen eingekauft­en Leuten spielen, müssen es aus eigener Kraft schaffen“, sagt Constantin Frantzen.

Innerhalb von vier Wochen wird die mit Doppelspie­ltagen (Freitag und Sonntag) durchgepei­tscht, damit die Profi-Spieler wieder auf Tour gehen können. So muss der TCA am Freitag beim Top-Aufstiegsf­avoriten BASF Ludwigshaf­en antreten, am Sonntag dann beim TV Reutlingen, vermutlich ein Gegner im Kampf gegen den Abstieg. Nur der Tabellenle­tzte muss zurück in die Regionalli­ga.

Frantzen kehrt Ende August in die USA zurück, macht seinen Master und bleibt dann bis Ende des Jahres dort. „Ich werde ein paar Future-Turniere spielen und mal schauen, was in mir steckt.“So ganz ohne Druck.

„Wir haben zwei Jahre darauf hingefiebe­rt, in der 2. Bun‰ desliga aufschlage­n zu kön‰ nen, darum freue ich mich so“

TCA‰Tennisspie­ler Constantin Frantzen

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Foto: Michael Hochgemuth Constantin Frantzen hat Studium und Tennis verbunden.

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