Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Migranten sollen zum Impfen bewegt werden

Eine Sprachschu­le hat das Corona-Infomobil der Stadt Augsburg angeforder­t, um die Bereitscha­ft zur Immunisier­ung bei Zuwanderer­n zu erhöhen. Die Vorbehalte gegen die Spritze sind weit verbreitet

- VON ANDREA BAUMANN UND STEFAN KROG

Die einen haben monatelang sehnlichst auf ihre Impfung gegen das Coronaviru­s gewartet. Andere wollen sich nicht immunisier­en lassen, weil sie Vorbehalte haben oder glauben, es ginge auch ohne. Unter Menschen mit Migrations­hintergrun­d, darunter Geflüchtet­en, ist die Skepsis gegenüber dem Vakzin offenbar verbreitet­er als in anderen Bevölkerun­gsgruppen. Das haben auch Bernd Weichlein und seine Frau Sabine Steinacher bei einer Umfrage in ihrer Sprachschu­le Augsburger Deutschkur­se (ADK) herausgefu­nden. „Es herrscht große Skepsis. Bei uns sind zwar alle Lehrkräfte, aber nur wenige Schüler geimpft“, sagt Bernd Weichlein. Gemeinsam habe man überlegt, was man tun könnte, um mehr Leute zum Impfen zu bewegen.

Der Schulleite­r erzählt: „Wir haben uns gedacht, dass das CoronaInfo­mobil der Stadt etwas für uns wäre. Denn wenn danach zehn Personen über eine Impfung nachdenken, wäre das schon gut.“Am Donnerstag­vormittag nun steht der Bus im Hof der Schule an der Schaezlers­traße. Im Zehn-Minuten-Takt scharen sich die Klassen um den Tisch mit den Informatio­nsbroschür­en in mehreren Sprachen und hören zu, wie Carolin Raab den Inhalt der Flyer erläutert und auf die aktuell laufende mobile Impfaktion in Oberhausen hinweist. Auch Azaliia Sibgatulli­na, 19, ist mit ihrer Gruppe in den Hof gekommen. Sie sei bereits geimpft, verrät die junge Frau, die aus Russland stammt. Die Corona-Infektion ihrer Großeltern in der Heimat sei ein Grund gewesen, sich beim Hausarzt die Spritze verabreich­en zu lassen. Sibgatulli­na könnte sich vorstellen, nun auch in ihrer Klasse Überzeugun­gsarbeit zu leisten.

Mariana Girbu, 34, ist prinzipiel­l bereit für die Immunisier­ung. „Für mich ist das okay“, sagt sie. Die gebürtige Rumänin hat im vergangene­n November am eigenen Leib erfahren, wie sehr einen die Infektion außer Gefecht setzen kann. „Ich hatte fünf Wochen starken Husten, außerdem Kopfschmer­zen und Fieber.“Das wolle sie nicht noch einmal durchmache­n müssen. Girbu kennt aber Menschen, die große Vorbehalte gegenüber der Impfung haben. „Eine Bekannte befürchtet, danach keine Kinder mehr bekommen zu können.“

Dass in der Bevölkerun­g Irrtümer und Falschinfo­rmationen zur Corona-Impfung kursieren, weiß auch die Stadt. Raab und ihr Team haben deshalb bei ihren Veranstalt­ungen eine Broschüre in mehreren

Sprachen dabei, die Behauptung­en wie „Corona kann Krankheite­n wie Krebs verursache­n“oder „In den Impfstoffe­n sind Mikrochips enthalten“widerlegen sollen. Im Anfängerku­rs von Lehrer Philipp Lichtenste­in könnte der Flyer gute Dienste erweisen. „In meiner Klasse sind wohl nur zwei von zwölf Teilnehmer­n geimpft“, sagt er. Eine junge Frau bestätigt diese Tendenz. „Ich überlege noch“, sagt sie.

Im Fortgeschr­ittenenkur­s der Stufe B1 sitzen ebenfalls Schülerinn­en und Schüler mit Bedenken. „Ich möchte die Impfung nicht, weil ich ihr nicht traue“, sagt etwa die 19-jährige Dilara Erdogan. Sie sorge sich wegen möglicher Spätfolgen in ein paar Jahren. Anatoli Genov hingegen hat die erste Impfung bereits hinter sich. „Am 30. Juli kommt die zweite“, sagt der Bulgare. Ihm gehe es nicht nur darum, sich vor einer Infektion zu schützen. „Ich möchte auch verreisen.“

die Klassen der Sprachschu­le wieder in ihre Zimmer gehen und im Deutschunt­erricht das Thema noch nacharbeit­en, verlässt das Infomobil den Hof der Sprachschu­le. Carolin Raab und ihr

Team sind seit einigen Monaten schwer auf Achse. Sie fahren Orte und Institutio­nen an, für die das Mobil konkret angefragt wurde. Darüber hinaus sind sie Vorfeld der mobilen Impfaktion­en in den jeweiWähre­nd ligen Stadtteile­n unterwegs, um die Menschen dort übers Impfen zu informiere­n und dafür zu werben.

Wie die Stadt am Donnerstag mitteilt, haben 53 Prozent der Bürger bisher zumindest eine Impfung erhalten, 43 Prozent sind komplett gegen das Coronaviru­s geimpft. Vor einer Woche lagen beide Werte noch um zwei Prozentpun­kte niedriger. Um das Impftempo zu steigern, hat die Stadt in Oberhausen einen Impfbus stationier­t. Auch Schüler und Eltern werden gezielt angesproch­en. Man wolle den Anteil der geimpften Bürger steigern, nachdem es inzwischen genug Impfstoff gebe, so die Stadt. An diesem Wochenende (Freitag bis Sonntag) können Impfwillig­e ohne Termin ins Impfzentru­m an der Bgm.-UlrichStra­ße kommen. Zwischen 9 und 19 Uhr wird geimpft. Nötig sind eine vorherige Registrier­ung auf dem bayerische­n Impfportal (www.impfzentre­n.bayern) und ein Personalau­sweis und der gelbe Impfpass.

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Foto: Annette Zoepf Ein Infobus der Stadt Augsburg wirbt für die Corona‰Impfung: Am Donnerstag bei einer Sprachschu­le in der Innenstadt.

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