Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mord unter Bauarbeitern wird neu verhandelt
Der Verdächtige hat seinen Kollegen in Täfertingen fast enthauptet. Neues Verfahren ab Oktober
NeusäßTäfertingen Der Fall um den Mord an einem polnischen Bauarbeiter durch einen Kollegen und Landsmann wird vor dem Augsburger Landgericht erneut verhandelt werden. Das hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Jetzt wurde bekannt, dass das Verfahren ab Oktober vor dem Augsburger Landgericht erneut angesetzt ist.
Mit der Zulassung der Revision gab der BGH zumindest in Teilen dem Bemühen der Verteidigung recht, die gegen das Urteil der 8. Strafkammer vom Februar 2020 Rechtsmittel eingelegt hatte. Wie Rechtsanwalt Bernd Scharinger auf Nachfrage mitteilte, erhofft sich die Verteidigung, dem zur Tatzeit 34-jährigen Elektriker seinen Gefängnisaufenthalt zu verkürzen. Möglicherweise stelle das Gericht die Schuldunfähigkeit des Angeklagten wegen Alkohol- und Drogenmissbrauchs fest.
In diesem Punkt hatte der Bundesgerichtshof Defizite beim ersten Verfahren vor dem Augsburger Landgericht gesehen und ein erneutes Gutachten angeregt. Dieses könne, so erklärt Scharinger, ebenso wie das erste Gutachten, eine wesentliche Rolle in dem neuen Verfahren vor einer anderen Strafkammer spielen.
Beim Vorliegen von verminderter Schuldfähigkeit könnten für den Angeklagten 15 Jahre Freiheitsstrafe statt „lebenslänglich“herausschauen. Der Unterschied: Während bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe erst nach 15 Jahren darüber nachgedacht werden kann, ob und wann der Verurteilte wieder auf freien Fuß kommt, kann dies bei einer 15-Jahres-Strafe schon früher erfolgen. Dazu, so der Verteidiger, hoffe man auf gehaltvollere Aussagen der Arbeitskollegen des Angeklagten als bei der ersten Verhandlung.
Der 34-jährige Vater von vier Kindern hatte sich im Prozess nicht geäußert. Er soll mitten in der Nacht des 1. Februar 2019 seinen Arbeitskollegen nach einem Streit in einem Wohncontainer auf dem Firmengelände zunächst mit einer Hantelscheibe schwerst am Kopf verletzt und ihm anschließend mit einem Messer den Kopf fast völlig abgeschnitten haben. Beide Männer standen zur Tatzeit erheblich unter Alkoholeinfluss. Unmittelbar nach der Bluttat war der Angeklagte in Untersuchungshaft genommen worden, wo er bis heute sitzt.