Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Woran Gläubige verzweifel­n

- VON DANIEL WIRSCHING wida@augsburger‰allgemeine.de

Dass Katholikin­nen und Katholiken an der Kirche verzweifel­n, ist zum Verzweifel­n. Trotz aller Skandale ist sie ja keine Organisati­on wie jede andere. Sie versteht sich als Weggemeins­chaft im Glauben – doch der Glauben schwindet. Der an Gott, vor allem aber der an die Institutio­n. Das zeigt die Kirchensta­tistik mit erneut hohen Austrittsz­ahlen ebenso wie der kürzlich veröffentl­ichte „MDGTrendmo­nitor“. In den letzten Jahren hat es die Kirche nicht vermocht, Vertrauen zurückzuge­winnen. Sie hat sich das in großem Maße selbst zuzuschrei­ben.

Einige ihrer Vertreter haben Vertrauen zerstört, in einer Weise, die fassungslo­s macht. Und weder im Umgang mit dem Missbrauch­sskandal noch in der Pandemie konnte Kirche vermitteln, wofür sie eigentlich steht: Nächstenli­ebe. In der Corona-Krise war sie auf vielen Ebenen für Menschen da. Dennoch scheint sich der Eindruck verfestigt zu haben, dass sie nicht genug tat. Das mag ungerecht sein, ist allerdings Teil der Wahrnehmun­g einer unattrakti­ven „Amtskirche“, die nur um sich kreist, reformunfä­hig und weit entfernt von ihren Mitglieder­n. Die wollen durchaus glauben – die Kirche brauchen sie dazu immer weniger. Der Spruch ist so banal wie richtig: Wer Wasser predigt, sollte keinen Wein trinken.

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