Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine Frau für den „Holländer“

Erstmals übernimmte­ineDirigen­tineinePro­duktion

- VON RÜDIGER HEINZE

Letztes Jahr auf dem Grünen Hügel komplett ausgefalle­n, finden die Bayreuther Festspiele heuer wieder statt – vor gut 900 Zuhörern, platziert im Schachbret­tmuster. 2020 hätte eigentlich ein neuer „Ring des Nibelungen“herauskomm­en sollen; er ist nun in der Regie von Valentin Schwarz und mit Pietari Inkinen am Pult auf 2022 verschoben.

Dennoch warten die Festspiele 2021 mit einer Art neuem „Ring“auf – wenn auch im Festspielh­aus selbst ab 29. Juli nur mit einer „Walküre“-Neugestalt­ung durch den Aktionskün­stler Hermann Nitsch, bekannt durch sein blutiges Orgien-Mysterien-Theater, und dirigiert vom besagten „Ring“-Dirigenten Pietari Inkinen 2022.

Gerahmt wird diese „Walküre“durch Auftragswe­rke, die sich mit den drei anderen Teilen des „Rings“auseinande­rsetzen: Die einstündig­e Kompositio­n „Das Rheingold – Immer noch Loge“von Gordon Kampe wird dreimal im Festspielp­ark mit Puppen gegeben, und ebenfalls im Festspielp­ark ist die Installati­on „Götterdämm­erung – The Thread of Fate“der japanische­n Künstlerin Chiharu Shiota zu sehen. „Sei Siegfried“wiederum ist eine VR-Brillen-Produktion des britischen Regisseurs Jay Scheib, bei der die Zuschauer virtuell das Festspielh­aus betreten, wo sie ein herausford­ernder Kampf mit dem Drachen erwartet… Alle drei Auftragswe­rke sind ebenfalls ab 29. Juli zu erleben.

Besonders große Spannung indessen liegt auf dem Eröffnungs­abend der Festspiele am 25. Juli, wenn Richard Wagners „Der fliegende Holländer“Premiere feiert. Weniger vielleicht wegen der Inszenieru­ng von Dmitri Tcherniako­v, mehr vielleicht, weil erstmals in Bayreuth eine Dirigentin eine komplette Produktion übernimmt. Im Fach Regie war Hausherrin Katharina Wagner selbst vorausgega­ngen; nun also erhält erstmals eine Frau die Gelegenhei­t, das Festspielo­rchester zu einem musikalisc­h hoffentlic­h starken Abend zu führen. Oksana Lyniv heißt sie, und als ehemalige Münchner Assistenti­n von Kirill Petrenko darf man schon die Latte hochhängen bei dieser 1978 geborenen Ukrainerin, die den „Fliegenden Holländer“bereits schon einmal (in Barcelona) dirigierte. Asmik Grigorian singt die Senta, John Lundgren die Titelrolle und Georg Zeppenfeld den Daland.

Ansonsten stehen auf dem Programm 2021: ab 26. Juli Barrie Koskys sehenswert­e „Meistersin­ger“-Inszenieru­ng (Dirigent: Philippe Jordan) und ab 27. Juli der spektakulä­r-gewagte, szenisch überborden­de, tragikomis­che „Tannhäuser“aus der Regiehand Tobias Kratzers (Dirigent: Axel Kober). In ihm spielt als Teil einer Künstlerge­meinschaft die Dragqueen „Le gateau chocolat“eine auf der Bühne stumme, in der Pause im Park vernehmlic­he Rolle – was bei der Premiere 2019 helles Entzücken hier, helles Entsetzen dort hervorrief. Wegen Quarantäne-Vorschrift­en wird „Le gateau chocolat“heuer nicht dabei sein; seine schräge Rolle übernimmt Kyle Patrick.

Bleiben noch ein konzertant­er Parsifal unter Christian Thielemann und zwei (unterschie­dliche) Wagner-Konzertpro­gramme unter Andris Nelsons zu erwähnen.

Für das Publikum gilt: 3-G-Regel, reduzierte­s Platzangeb­ot, Maske auf dem Weg zum Sitzplatz.

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Foto: Enrico Nawrath/BF Dirigentin Oksana Lyniv bei der „Hollän‰ der“‰Probe.

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