Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt muss bei Bädersanie­rung Gas geben

Zu der Frage, wie es mit den Augsburger Hallenbäde­rn weitergeht, gibt es nun wieder Diskussion­en. Investitio­nen sind dringend nötig – doch gleichzeit­ig ist das Geld so knapp wie seit Jahren nicht mehr

- VON STEFAN KROG skro@augsburger‰allgemeine.de

Eineinhalb Jahre lang herrschte beim Thema Hallenbäde­r politisch Stille. Doch nun kommt mit dem Vorschlag von Sportrefer­ent Jürgen Enninger, als Nächstes die Sanierung des Spickelbad­es anzugehen, eine längst überfällig­e Bewegung in die Angelegenh­eit. Es ist höchste Zeit: Die Augsburger Hallenbäde­r, allesamt Bauten aus den 1970er-Jahren, sollten laut einem inzwischen über zehn Jahre alten Masterplan eigentlich schon weiter saniert sein. Sie sind Energiesch­leudern, was den Verbrauch angeht, mäßig attraktiv und es ist nur eine Frage der Zeit, bis an den 50 Jahre alten Gebäuden oder der Technik ein Schaden auftritt, der die Nutzbarkei­t einschränk­t.

In Haunstette­n hängen seit Jahren Netze an der Decke, um Schwimmer vor möglichen herabstürz­enden Teilen der Verkleidun­g zu schützen. Doch die Stadt hinkt ihrem Zeitplan hinterher. Bisher wurden lediglich das Stadtbad, bei dem sich schon neuer Reparaturb­edarf abzeichnet, und das für Vereine und Schulen reserviert­e Plärrerbad saniert. Die grundsätzl­ich positive Nachricht, dass nun ein Hallenbad saniert werden soll, stößt nicht überall auf Zustimmung. Denn sie bedeutet auch: Im Spickelbad wird es beim bisherigen 25-Meter-Becken bleiben. Eine Erweiterun­g auf ein 50-Meter-Becken an diesem Standort wird es dann nicht geben. Denn die Ansprüche und Pläne, die zum Thema Bäder geäußert werden, gehen über eine bloße Sanierung der bestehende­n Bäder hinaus.

Politische­r Konsens war bisher immer, dass es mehr Beckenkapa­zitäten braucht, weil die Augsburger Bevölkerun­g deutlich gewachsen ist. Und Konsens war auch, dass dieses Plus an Wasserfläc­he über ein 50-Meter-Becken hergestell­t werden soll, wie es die Sportverei­ne vehement fordern. Doch ob ein bestehende­r Standort zum 50erBecken ausgebaut werden soll oder ein zusätzlich­er Standort kommt, das war und ist heftig umstritten. Es handelt sich um eine grundsätzl­iche, millionens­chwere Weichenste­llung. Und angesichts der aktuellen Finanzsitu­ation muss man die Frage stellen, wie realistisc­h ein solches Neubauvorh­aben aktuell wäre.

Die Forderung der Vereine nach einem 50-Meter-Becken für Wettkämpfe ist aus Sicht der Sportlerin­nen und Sportler nachvollzi­ehbar. Man kann dieser Idee trotz der aktuellen Finanznot nähertrete­n, weil auch die Allgemeinh­eit davon profitiere­n würde. Nutzt man so ein Becken in Querrichtu­ng, kommen sich Öffentlich­keit und Schulklass­en aufgrund der immensen Breite nicht mehr ins Gehege, wie es in den 25-Meter-Hallenbäde­rn aktuell der Fall ist. Die Notwendigk­eit von Schwimmkur­sen und -unterricht ist nach Corona nur noch stärker zu Tage getreten. Aktuell scheitert eine Ausweitung an fehlenden Wasserfläc­hen.

Und es wäre wohl eine relativ günstige Variante, zusätzlich­e Wasserfläc­hen zu schaffen, sofern das Bad an einem bestehende­n Standort realisiert wird. Ein weiterer Bäderstand­ort, etwa auf dem Areal des brachliege­nden Sportbades am Plärrer, täte der Stadt gut, doch Bau und Betrieb eines sechsten Hallenbads wären teurer als Sanierung, Erweiterun­g oder Neubau eines bestehende­n Bades.

Der Sportrefer­ent will langfristi­g ein 50-Meter-Becken in Göggingen oder Haunstette­n bauen. Einen neuen Standort sieht er skeptisch. Ein Problem, auf das die Vereine zu Recht hinweisen: Bei jeder Lösung, bei der kein neuer Standort gebaut wird, fällt sanierungs­bedingt erst einmal ein Schwimmbad für mehrere Jahre aus. Das war schon während der Plärrerbad-Sanierung spürbar, als es in den anderen Bädern enger wurde. Die Sperrung eines für die Öffentlich­keit zugänglich­en Bades würde wohl noch stärkere Folgen haben.

Der Nachholbed­arf fürs Schwimmen in diesem Zwischen-CoronaSomm­er hat diesem Argument der Vereine noch mehr Gewicht gegeben. Insofern ist der Vorschlag von Schwimmfun­ktionär und CSUStadtra­t Bernd Zitzelsber­ger überdenken­swert. Die Idee, das Bärenkelle­r-Freibad während einer Hallenbads­anierung jeweils im Winter unter eine gemietete Tragluftha­lle zu setzen, hört sich gewöhnungs­bedürftig an. Die alten Tragluftha­llen über dem Bärenkelle­r-Bad und dem Haunstette­r Eisstadion verschwand­en vor Jahren aus gutem Grund – wenig langlebig und im Fall des Schwimmbad­es ein energetisc­her Albtraum.

Die heutigen Hüllen sind aber deutlich besser isoliert und bei Mietkosten von 40.000 Euro jährlich wäre das fürs Erste ein Ausweg aus dem Dilemma. Im Winter ginge keine Wasserfläc­he verloren und ab Mai könnte die Hülle mit relativ wenig Aufwand entfernt und für den Sommer eingelager­t werden. Eine Dauerlösun­g – und diese Gefahr bergen günstige Übergangsl­ösungen immer – dürfte das aber nicht werden. Dass damit ein neues 50-Meter-Becken in weitere Ferne rücken würde, lässt sich nicht von der Hand weisen. Aber auch Ideen wie ein Freizeitba­d oder ein Hallenbad mit Rutsche, wie sie schon kursierten, landen jetzt wohl erstmal in der Schublade.

Es ist nachvollzi­ehbar, dass über die Entscheidu­ng gestritten wird, weil es eine strategisc­he Weichenste­llung für die Bäder bedeutet und es sich um ein politische­s Thema abseits von Corona handelt, bei dem der Stadtrat wieder einmal Handlungso­ptionen hat. Gleichzeit­ig wirkt der Streit grotesk: Wenn man sich die Pläne der Sportverwa­ltung genau anschaut, heißt es, dass die Spickelbad-Sanierung weiter vorangetri­eben werden soll, also erst mal lediglich weiter geplant wird. Von einem konkreten Beginn, wie er auf dem Papier für 2022 geplant wurde, ist nirgendwo die Rede, und das vermutlich mit gutem Grund. Die Stadt wird selbst für diese günstigste aller möglichen Varianten, um Bewegung in die Bäderangel­egenheit zu bringen, Millionen Euro benötigen, die sie momentan nicht hat und von denen ungewiss ist, wann sie vorhanden sein werden. Je günstiger eine Lösung ist, desto schneller wird sie kommen. Ohne Schulden wird es, wie schon beim Theater und den Schulen, auch bei den Bädern wohl trotzdem nicht gehen.

Auch ein sechstes Hallenbad täte der Stadt gut

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Foto: Michael Hochgemuth (Archivbild) Im Haunstette­r Hallenbad muss die Decke mit einem Netz abgedeckt werden, weil Teile herunterfa­llen könnten.
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