Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Higl will Erweiterun­g auf den Weg bringen

Vor der Entscheidu­ng zum Ausbau von Bayerns einzigem Stahlwerk bezieht Meitingens Bürgermeis­ter Michael Higl Stellung. Er spricht von einem Kompromiss, von dem auch die Umwelt profitiere­n soll

- VON PHILIPP KINNE

Meitingen Bayerns einziges Stahlwerk im Meitinger Ortsteil Herbertsho­fen soll weiter wachsen. Seit Jahren laufen die Verhandlun­gen. Am Samstag soll nun eine folgenschw­ere Entscheidu­ng getroffen werden. Danach könnte der Weg zur Lechstahl-Erweiterun­g frei sein. Es geht um knapp 18 Hektar Wald, die verschwind­en sollen, um Platz für den Stahlriese­n zu schaffen. Bislang hielt sich Rathausche­f Michael Higl (CSU) mit klaren Aussagen zurück, wollte alle Argumente abwägen. Vor der entscheide­nden Sitzung bezieht er nun Stellung.

Stimmt der Meitinger Marktrat dem Beschluss am Samstag zu, können die Vertragsve­rhandlunge­n zwischen der Max-Aicher-Gruppe und dem Markt beginnen. Klar ist: Meitingen will bei den Verhandlun­gen den Ton vorgeben und eine Reihe von Bedingunge­n stellen. Bürgermeis­ter Higl kündigte im Gespräch mit unserer Redaktion an, dem Beschluss zuzustimme­n. Er sagt: „Ich gehe davon aus, dass der Beschluss mehrheitsf­ähig ist.“Denn er sei ein jahrelang verhandelt­er Kompromiss aus den Interessen der Lech-Stahlwerke und von Naturschüt­zern. Higl: „Am Ende muss der Wald besser dastehen als jetzt. Größer und qualitativ hochwertig­er.

Hintergrun­d: Zwar müssten für die geplante Erweiterun­g knapp 18 Hektar des Lohwalds weichen. Das entspricht einer Fläche von etwa 24 Fußballfel­dern. Allerdings soll deutlich mehr Fläche aufgeforst­et werden. Bedingung soll sein, dass der Ausgleich für die gerodeten Flächen über das gesetzlich­e Maß hinausgeht.

Laut Higl geht es um mindestens 23 Hektar neuen Wald. Insgesamt soll die Ausgleichs­fläche 28 Hektar groß sein. Dafür müssten landwirtsc­haftliche Flächen weichen, die den Stahlwerke­n gehören. Aufgeforst­et sollen ökologisch wertvolle Bäume, also eine Vielzahl an Pflanzenar­ten, die der Natur Platz zur Entfaltung lassen. Geplant sind neue Bäume im Westen in Richtung Zollsiedlu­ng und in Sichtweite der B2. All das soll passieren, bevor der erste Baum im bestehende­n Lohwald fällt. „Sonst wird das nichts“, stellt Higl klar.

In den vergangene­n Jahren haben die Lech-Stahlwerke ihre Fläche immer wieder erweitert. Seit Jahren wollen sie sich auch in Richtung Süden vergrößern.

Doch bislang hatte die Gemeinde diese Pläne immer wieder abgelehnt. Mittlerwei­le sei das Potenzial in andere Richtungen aber erschöpft, sagt Bürgermeis­ter Higl. Die Lech-Stahlwerke wollen auf dem Gelände im Süden unter anderem neue Produktion­shallen bauen. Dadurch, so argumentie­rt der Stahlriese, würde der Standort langfristi­g gesichert und auch neue Arbeitsplä­tze geschaffen. Für Meitingens Rathausche­f ist klar, dass sich ein Unternehme­n immer wieder verändern muss, um erfolgreic­h zu bleiben. „Ob am Ende neue Arbeitsplä­tze rausspring­en, werden wir sehen“, sagt er.

Derzeit geht man davon aus, dass die Lech-Stahlwerke frühestens 2022 mit dem Roden beginnen könnten – vorausgese­tzt, die gesamte Ausgleichs­fläche ist bis dahin aufgeforst­et. Abgeholzt werden soll das Waldstück aber erst nach und nach. In einem ersten Bauabschni­tt geht es laut Bürgermeis­ter Higl um eine Fläche von gut fünf Hektar. Bis die Erweiterun­g abgeschlos­sen ist, solwerden len 15 bis 20 Jahre vergehen. Doch reicht das, um einen neuen Wald zu schaffen? Umweltakti­visten sagen: nein. Sie gehen davon aus, dass es bis zu 100 Jahre dauern wird, bis der aufgeforst­ete Wald insgesamt dieselben Funktionen erfüllen wird wie der bestehende. Es ist davon auszugehen, dass die Naturfreun­de die entscheide­nde Sitzung am Samstag auch deshalb mit Protest begleiten werden.

Vor der Sitzung wurde Bürgermeis­ter Higl eine Liste mit mehr als 4500 Unterschri­ften gegen die Rodung des Lohwalds übergeben. Hunderte demonstrie­rten im vergangene­n Jahr gegen die Ausbauplän­e. Zuletzt machten Klimaaktiv­isten mit kreativen Aktionen auf sich aufmerksam, kletterten auf Bäume und brachten Protestban­ner an. Sie kündigten bereits an: Wenn es hart auf hart kommt, soll der Lohwald mit Baumhäuser­n besetzt werden. Aus Sorge, die Aktivisten könnten die Mammutsitz­ung am Samstag stören, hat der Markt Meitingen etwa ein Dutzend private Sicherheit­sleute engagiert. Sie sollen dafür sorgen, dass die Sondersitz­ung ab 8.30 Uhr in der Ballspielh­alle (Hauptstraß­e 58) ohne Zwischenfä­lle abläuft. Auch die Polizei hat bereits angekündig­t, verstärkt vor Ort zu sein. Wer die Sitzung in der Halle mitverfolg­en will, sollte viel Zeit einplanen. Erwartet werden insgesamt 21 Stellungna­hmen von verschiede­nen Behörden. Zuvor wollen die Fraktionen des Marktrats Stellung beziehen. Acht bis zehn Stunden sind für den Tag der Entscheidu­ng eingeplant.

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Foto/Montage: Marcus Merk (Archivbild)
So sieht das Stahlwerk in Herbertsho­fen bei Meitingen aus der Vogelpersp­ektive aus. Links ist das bestehende Werk zu erkennen. Die weiß umrahmte Fläche zeigt grob ver‰ einfacht an, wo die neuen Anlagen entstehen sollen. Foto/Montage: Marcus Merk (Archivbild)
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Michael Higl

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