Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Higl will Erweiterung auf den Weg bringen
Vor der Entscheidung zum Ausbau von Bayerns einzigem Stahlwerk bezieht Meitingens Bürgermeister Michael Higl Stellung. Er spricht von einem Kompromiss, von dem auch die Umwelt profitieren soll
Meitingen Bayerns einziges Stahlwerk im Meitinger Ortsteil Herbertshofen soll weiter wachsen. Seit Jahren laufen die Verhandlungen. Am Samstag soll nun eine folgenschwere Entscheidung getroffen werden. Danach könnte der Weg zur Lechstahl-Erweiterung frei sein. Es geht um knapp 18 Hektar Wald, die verschwinden sollen, um Platz für den Stahlriesen zu schaffen. Bislang hielt sich Rathauschef Michael Higl (CSU) mit klaren Aussagen zurück, wollte alle Argumente abwägen. Vor der entscheidenden Sitzung bezieht er nun Stellung.
Stimmt der Meitinger Marktrat dem Beschluss am Samstag zu, können die Vertragsverhandlungen zwischen der Max-Aicher-Gruppe und dem Markt beginnen. Klar ist: Meitingen will bei den Verhandlungen den Ton vorgeben und eine Reihe von Bedingungen stellen. Bürgermeister Higl kündigte im Gespräch mit unserer Redaktion an, dem Beschluss zuzustimmen. Er sagt: „Ich gehe davon aus, dass der Beschluss mehrheitsfähig ist.“Denn er sei ein jahrelang verhandelter Kompromiss aus den Interessen der Lech-Stahlwerke und von Naturschützern. Higl: „Am Ende muss der Wald besser dastehen als jetzt. Größer und qualitativ hochwertiger.
Hintergrund: Zwar müssten für die geplante Erweiterung knapp 18 Hektar des Lohwalds weichen. Das entspricht einer Fläche von etwa 24 Fußballfeldern. Allerdings soll deutlich mehr Fläche aufgeforstet werden. Bedingung soll sein, dass der Ausgleich für die gerodeten Flächen über das gesetzliche Maß hinausgeht.
Laut Higl geht es um mindestens 23 Hektar neuen Wald. Insgesamt soll die Ausgleichsfläche 28 Hektar groß sein. Dafür müssten landwirtschaftliche Flächen weichen, die den Stahlwerken gehören. Aufgeforstet sollen ökologisch wertvolle Bäume, also eine Vielzahl an Pflanzenarten, die der Natur Platz zur Entfaltung lassen. Geplant sind neue Bäume im Westen in Richtung Zollsiedlung und in Sichtweite der B2. All das soll passieren, bevor der erste Baum im bestehenden Lohwald fällt. „Sonst wird das nichts“, stellt Higl klar.
In den vergangenen Jahren haben die Lech-Stahlwerke ihre Fläche immer wieder erweitert. Seit Jahren wollen sie sich auch in Richtung Süden vergrößern.
Doch bislang hatte die Gemeinde diese Pläne immer wieder abgelehnt. Mittlerweile sei das Potenzial in andere Richtungen aber erschöpft, sagt Bürgermeister Higl. Die Lech-Stahlwerke wollen auf dem Gelände im Süden unter anderem neue Produktionshallen bauen. Dadurch, so argumentiert der Stahlriese, würde der Standort langfristig gesichert und auch neue Arbeitsplätze geschaffen. Für Meitingens Rathauschef ist klar, dass sich ein Unternehmen immer wieder verändern muss, um erfolgreich zu bleiben. „Ob am Ende neue Arbeitsplätze rausspringen, werden wir sehen“, sagt er.
Derzeit geht man davon aus, dass die Lech-Stahlwerke frühestens 2022 mit dem Roden beginnen könnten – vorausgesetzt, die gesamte Ausgleichsfläche ist bis dahin aufgeforstet. Abgeholzt werden soll das Waldstück aber erst nach und nach. In einem ersten Bauabschnitt geht es laut Bürgermeister Higl um eine Fläche von gut fünf Hektar. Bis die Erweiterung abgeschlossen ist, solwerden len 15 bis 20 Jahre vergehen. Doch reicht das, um einen neuen Wald zu schaffen? Umweltaktivisten sagen: nein. Sie gehen davon aus, dass es bis zu 100 Jahre dauern wird, bis der aufgeforstete Wald insgesamt dieselben Funktionen erfüllen wird wie der bestehende. Es ist davon auszugehen, dass die Naturfreunde die entscheidende Sitzung am Samstag auch deshalb mit Protest begleiten werden.
Vor der Sitzung wurde Bürgermeister Higl eine Liste mit mehr als 4500 Unterschriften gegen die Rodung des Lohwalds übergeben. Hunderte demonstrierten im vergangenen Jahr gegen die Ausbaupläne. Zuletzt machten Klimaaktivisten mit kreativen Aktionen auf sich aufmerksam, kletterten auf Bäume und brachten Protestbanner an. Sie kündigten bereits an: Wenn es hart auf hart kommt, soll der Lohwald mit Baumhäusern besetzt werden. Aus Sorge, die Aktivisten könnten die Mammutsitzung am Samstag stören, hat der Markt Meitingen etwa ein Dutzend private Sicherheitsleute engagiert. Sie sollen dafür sorgen, dass die Sondersitzung ab 8.30 Uhr in der Ballspielhalle (Hauptstraße 58) ohne Zwischenfälle abläuft. Auch die Polizei hat bereits angekündigt, verstärkt vor Ort zu sein. Wer die Sitzung in der Halle mitverfolgen will, sollte viel Zeit einplanen. Erwartet werden insgesamt 21 Stellungnahmen von verschiedenen Behörden. Zuvor wollen die Fraktionen des Marktrats Stellung beziehen. Acht bis zehn Stunden sind für den Tag der Entscheidung eingeplant.