Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mit diesen Innovationen will Grenzebach punkten
Für Hamlar hat sich der international agierende Maschinenbauer viel vorgenommen. In der technischen Entwicklung und auch am Standort selbst steht ein Zukunftsthema im Fokus: Nachhaltigkeit. Was das konkret bedeutet
BäumenheimHamlar Vor wenigen Tagen hat Firmengründer Rudolf Grenzebach seinen 91. Geburtstag gefeiert. Trotz des hohen Alters hat er es sich nicht nehmen lassen, zur Eröffnung der neuen „GrenzebachWelt“in Hamlar zu kommen.
Dort zeigt der Maschinenbauer in einer extra freigeräumten Produktionshalle seine verschiedenen Anlagen und hochtechnologisierten Ingenieurleistungen. In Zeiten, in denen Messen nicht stattfinden konnten, hat Grenzebach seinen ganz eigenen Messestand gebaut und kann hier Kunden einzeln oder auch per digitaler Zuschalte empfangen.
Dass der Firmengründer sich diesen Anlass nicht entgehen lässt, obwohl er seit 25 Jahren selbst nicht mehr im operativen Geschäft ist, zeugt nicht nur von seinem nach wie vor hohen Interesse an seinem 1960 gegründeten Unternehmen, das mittlerweile 1500 Mitarbeiter weltweit beschäftigt. Sondern auch, dass Grenzebach ein Familienunternehmen bleiben möchte. „Wir sind nach wie vor in Familienhand und das steht für Stabilität – finanziell, aber auch für nachhaltiges Denken“, sagt Standortleiter Egbert Wenninger. Diesen Geist wolle man sich erhalten.
Seit ziemlich genau einem Jahr gibt es einen neuen Mann an der Spitze des Unternehmens. Steven Althaus hat zum 1. Juli 2020 den Schweizer Renato Luck abgelöst. Der 53-jährige Althaus war bereits fünf Jahre im Aufsichtsrat und kannte das Unternehmen. Sein Auftrag ist es, den Generationenwechsel im Haus zu gestalten. Althaus setzt auf eine neue, dezentralere Führungsstruktur. Die Produktionsstandorte in China und in USA arbeiten eigenständiger und erstmals gibt es einen eigenen Standortleiter für Hamlar: den in Rain geborenen und dort auch lebenden Egbert Wenninger.
Seit Dezember 2020 ist der 55-Jährige der Hauptverantwortliche für die 600 Mitarbeiter in Hamlar und die hier angedockten Produktionstechnologien und deren Entwicklung. „Wir haben uns ein ambitioniertes Programm vorgenommen, um den Standort Hamlar bis 2030 neu auszurichten und sozusagen fit für die Zukunft zu machen“, fasst es Wenninger zusammen.
Fit für die Zukunft heißt in diesem Fall – neue Technologien zu entwickeln, die Anteil daran haben können, die in den kommenden Jahrzehnten bestimmende Herausforderung zu meistern: die Bewältigung der Klimakrise.
Denn das Kerngeschäft des Unternehmens, der Anlagenbau für die Produktion von Flachglas, ist stark schwankend und der Markt wächst nur überschaubar. Weltweit gibt es etwa 600 Anlagen, die Flachglas produzieren. „Und es ist nicht absehbar, dass diese Zahl in Zukunft massiv wächst“, sagt Wenninger. Deshalb müsse sich Grenzebach breiter aufstellen – und setzt dabei auf Nachhaltigkeit.
Konkret heißt das, Lösungen für das große Thema der Kreislaufwirtschaft zu erarbeiten – beispielsweise die Rückgewinnung von Rohstoffen wie Phosphor aus Abwasser. Ein Thema, das für jede Kommune relevant ist, denn die Bundesregierung hat beschlossen, dass bis 2032 in größeren Kläranlagen dieser wertvolle Rohstoff herausgefiltert werden muss und nicht mehr mit dem Klärschlamm auf die Felder ausgebracht werden darf. Zudem denkt man in Hamlar und am Standort Bad Hersfeld darüber nach, wie PV-Module recycelt werden können.
Doch auch das Feld der erneuerbaren Energien will Grenzebach noch stärker in den Fokus rücken. Bereits seit 15 Jahren baut das Unternehmen Anlagen für die Hersteller von Dünnschichtsolarmodulen – und arbeitet derzeit an einer neuen Idee, wie vorhandene Flächen für die Erzeugung von Strom aus Sonne effizient genutzt werden können. „Das sind die beiden Hauptthemen, die uns in der Entwicklung beschäftigen“, fasst es Wenninger zusammen. Hinzu kommt das dritte Megathema der Digitalisierung, für das Grenzebach 2019 eine eigene Tochterfirma in Augsburg gegründet hat – die Grenzebach Digital. Entstanden ist dies aus einem eigenen Entwicklerteam. Die Nachfrage bei den Kunden nach einer Digitalisierungsplattform, die Produktionsanlagen optimiert und vernetzt, war groß, sodass daraus ein weiteres Standbein wurde.
In Corona-Zeiten, in denen auch bei Grenzebach Kurzarbeit und mobiles Arbeiten den Alltag der Mitarbeiter bestimmt hat, entwickelte sich der Geschäftsbereich Intralogistik besonders stark. „Da ist ein mächtiger Bedarf, weil die Unternehmen immer mehr automatisieren wollen – und das rund um die Uhr“, sagt Wenninger.
Vor allem in der Versandlogistik habe die Covid-Krise nochmals einen enormen Schub erzeugt. Grenzebach baut seit einigen Jahren fahrerlose Transportsysteme, die durch Kameras und Sensoren gesteuert werden. Erst vor Kurzem wurde das neueste Fahrzeug mit
dem Namen OL1200s auf der Fachmesse Logimat als bestes Produkt ausgezeichnet. Das Fahrzeug kann 1200 Kilo in jede Richtung bewegen, Hindernisse erkennen und umfahren. In den kommenden Jahren will Grenzebach auch am Standort Hamlar investieren – ebenfalls unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Stück für Stück sollen die Gebäude energetisch saniert werden, eingesetzte Technik wie die Druckluft kompr esso ren anlage wurde erneuert, ein Block heiz kraftwerk zur Strom erzeugung zu bauen, steht im Raum. Die PV-Anlage soll erweitert werden. Die gesamte Fahrzeugflotte wird derzeit elektrifiziert – Dienst- und Poolfahrzeuge werden umgestellt und auch Mitarbeiter werden mit Prämien und Probefahrten zum Umstieg animiert. „Unser Ziel ist es, den Standort und auch die Produktion CO2-neutral zu stellen“, erklärt Wenninger. „Und danach auch die Produkte, denn das ist es, was auch unsere Kunden immer mehr nachfragen: die Größe unseres ökologischen Fußabdrucks.“