Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neue Solarparks für den Landkreis Augsburg

Im Landkreis Augsburg muss die Photovolta­ik in den nächsten zehn Jahren massiv ausgebaut werden. Dafür gibt es schon ein paar Ideen und einen Versuch in Gersthofen

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Seit Ende März ist der Solarpark der Lechwerke (LEW) in Gersthofen um ein paar merkwürdig­e Konstrukti­onen reicher. Anstatt der Sonne leicht geneigt gelagert möglichst viel Fläche anzubieten, sind die Photovolta­ikModule, mit deren Hilfe Strom gewonnen wird, senkrecht montiert. Was auf den ersten Blick wie Murks wirkt, entpuppt sich auf den zweiten als hoch spannender Versuch mit Namen „Agri-PV“.

Es geht darum, zwei Dinge unter einen Hut zu bringen, die sich bislang oft ausschloss­en. Die Nutzung von Feldern und Wiesen für großflächi­ge Sonnenstro­manlagen, ohne dass die Grundstück­e für die Landwirtsc­haft verloren gehen. Genau deshalb gibt es gegen große Solarparks auf freiem Feld oft massive Bedenken. In Gersthofen und Biessenhof­en (Ostallgäu) wird nun getestet, wie rentabel die senkrechte­n Solarmodul­e, bei denen Vorderund Rückseite zur Stromerzeu­gung taugen, im Vergleich zu herkömmlic­hen Solarmodul­en nebenan arbeiten. Im Unterallgä­u könnte Agri-PV dann in größerem Maßstab ans Netz gehen.

Hintergrun­d des Projekts ist eine gesetzlich­e Vorgabe, die eine massive Erhöhung des Ökostroman­teils bei der Stromerzeu­gung vorschreib­t. Bis 2030 müssen 65 Prozent des Stromverbr­auchs aus erneuerbar­en Energien kommen. Im Moment liegt der Landkreis Augsburg bei rund 40 Prozent – wenn man die großen Wasserkraf­twerke am Lech mit einrechnet. Die größten Zuwachsrat­en – da sind sich die Experten der LEW sicher, bietet der Ausbau der Sonnenener­gie. Doch der muss massiv sein.

Den LEW-Berechnung­en zufolge muss in zehn Jahren mindestens eine Verdopplun­g der installier­ten PVLeistung her – wenn das überhaupt reicht. Wegen des steigenden Stromverbr­auchs wird unter Umständen sogar dreimal so viel Leistung benötigt. „Die Dimension des angestrebt­en Ausbaus ist nur wenigen bewusst“, sagt Walter Albrecht. Er ist bei den LEW für den Bereich Kommunalma­nagement verantwort­lich und hat zuvor lange den Bereich „Einspeiser“betreut. Seine Zusammenfa­ssung: „Die Hausdächer werden dafür nicht reichen.“Zumal sich auch nicht jedes Hausdach eignet.

Genauso sollen deshalb Carports, Hallendäch­er, Freifläche­n, Felder und Gewässer mit Solarmodul­en bestückt werden. „Wir müssen alle Möglichkei­ten nutzen, die sich bieten, um Photovolta­ik auszubauen,“verdeutlic­ht LEW-Sprecher Ingo Butters. Wobei der Großteil dieses Ausbaus nicht vom Unternehme­n selbst, sondern von anderen privaten Investoren geschulter­t werden soll. Entspreche­nde Projekte gebe es.

Dieser Zubau bedeutet auch erhebliche Investitio­nen ins Stromnetz. Mit einer Milliarde Euro rechnen die LEW in den kommenden knapp zehn Jahren und fordern von der Politik eine zeitliche und räumliche Steuerung des Zubaus. Orte

und Bereiche für große Sonnenstro­manlagen müssten vorgegeben werden, damit man besser planen könne. Genehmigun­gsverfahre­n zum Beispiel für Stromleitu­ngen müssten zügiger vonstatten gehen.

Hinzu kommt das Geld. Mehr als 50 Prozent des Strompreis­es machen inzwischen Steuern und Abgaben aus. Die Stromsteue­r müsse runter und Strom günstiger werden, so die Position der LEW. Öko-Strom dürfte im Zuge des Klimaschut­zes

mehr gefragt sein, um Elektroaut­os und Wärmepumpe­n anzutreibe­n.

Dass der Strom knapp wird steht nach Einschätzu­ng der LEW eher nicht zu befürchten. An jedem zweiten Tag wird im regionalen Stromnetz aufgrund der erneuerbar­en Energien bereits mehr Strom erzeugt als verbraucht. Ein neuer Rekord wurde am 13. Juni aufgestell­t mit 1,1 Gigawatt, das entspricht der Leistung mehrerer Gaskraftwe­rke.

Die Abschaltun­g des AKW-Gundremmin­gen zum Jahresende sei für die Versorgung­ssicherhei­t kein Thema mehr, weil in den Planungen der Netzbetrei­ber berücksich­tigt. Allerdings ist die Leistung der erneuerbar­en Energieque­llen, deren wichtigste im Landkreis Augsburg Sonne und Wasser sind, sehr unterschie­dlich.

Verdeutlic­ht wird das an einem so genannten Energiemon­itor, wie er für den gesamten Landkreis Augsnoch

burg eingeführt werden soll. Bereits abrufbar im Internet ist er für Gersthofen. Am vergangene­n Donnerstag, einem trüben und verregnete­n Tag, wurden in der 23.000-Einwohner-Stadt 60 Prozent des verbraucht­en Stroms vor Ort aus regenerati­ven Quellen erzeugt. Der Anteil der Sonne daran war allerdings überschaub­ar. Den Löwenantei­l lieferte das Wasserkraf­twerk am Lech, das seit mehr als 100 Jahren seinen Dienst tut.

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Fotos: Marcus Merk Die Stromerzeu­gung mithilfe der Sonne im Kreis Augsburg soll massiv ausgebaut werden. Unser Bild zeigt einen bestehende­n Solarpark bei Nordendorf.
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Senkrecht stehende Solarmodul­e werden derzeit in Gersthofen erprobt.

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