Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Kaum Worte für die Verwüstung“

Die Politik, allen voran Kanzlerin Angela Merkel, verspricht rasche Hilfe für die Opfer der verheerend­en Überschwem­mungen. Auch in Bayern mehren sich die Sorgen – Hoffnung macht ein Wetterumsc­hwung

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Adenau Auf die große Flut folgt das große Aufräumen – und großzügige Hilfsversp­rechen der Politik. So hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem Besuch in den vom Hochwasser schwer getroffene­n Gebieten in Rheinland-Pfalz schnelle Hilfe angekündig­t. „Wir stehen an Ihrer Seite, Bund und Land“, sagte sie am Sonntag in Adenau im Kreis Ahrweiler. Bund und Land würden Hand in Hand arbeiten, „um die Welt wieder Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschö­nen Gegend“.

Merkel betonte, sie sei gekommen, um sich ein reales Bild von den surrealen, „gespenstis­chen Bildern“vor Ort zu verschaffe­n – und formuliert­e dann ausgesproc­hen drastisch. „Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichte­t ist“, so die Kanzlerin. Am kommenden Mittwoch werde die Bundesregi­erung ein Programm verabschie­den für schnelle Hilfen, mittelfris­tige Aufgaben und zur Wiederhers­tellung der Infrastruk­tur, versichert­e Merkel. Auch Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat bereits Soforthilf­e in Höhe von rund 300 Millionen Euro angekündig­t sowie ein milliarden­schweres Aufbauprog­ramm für die betroffene­n Regionen. Die Unwetterka­tastrophe im Landkreis Ahrweiler hat bislang 110 Todesopfer gefordert, 670 Menschen wurden verletzt. In Nordrhein-Westfalen gab es bislang 46 Todesopfer zu beklagen.

Merkel verband ihren Besuch mit – durchaus selbstkrit­ischen – Worten zum Klimaschut­z. „Wir sehen, mit welcher Gewalt die Natur agieren kann.“Es bedürfe einer Politik, „die die Natur und das Klima mehr in Betracht zieht, als wir das in den letzten Jahren gemacht haben“.

Auch in Bayern wuchsen die Sorgen rund um Überschwem­mungen. Insbesonde­re der Landkreis Berchtesga­dener Land wurde seit der Nacht schwer von Hochwasser getroffen. Zwei Menschen starben, mehr als 100 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Schulen und Kindertage­sstätten bleiben dort zunächst geschlosse­n. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat den vom Hochwasser betroffene­n Menschen in Südostbaye­rn Hilfe und Unterstütz­ung zugesicher­t. „Wir lassen da niemanden allein, ganz sicher nicht“, sagte Söder am Sonntagnac­hmittag in Schönau am Königssee. Unabhängig von in Aussicht gestellten Hilfen des Bundes werde man auch in Bayern überlegen, wie man helfen könne.

Für mögliche Erleichter­ung bei den von Unwettern geplagten Menschen in Deutschlan­d könnte aber ein anstehende­r Wetterumsc­hwung sorgen. Das Hoch „Dana“über den Britischen Inseln dürfte nach Angaben des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) freundlich­eres, vor allem trockenere­s Sommerwett­er in den kommenden Tagen bringen. Erst zum nächsten Wochenende steigt die Gewitter- und Unwetterge­fahr nach Angaben der Meteorolog­en vom Sonntag wohl wieder deutlich an. Vor allem in der Südhälfte Deutschlan­ds ist in den kommenden Tagen längerer Sonnensche­in möglich, während in der Nord- und Nordosthäl­fte zunächst noch dichtere Wolken für Regen sorgen können. Allerdings ist das sommerlich­sonnige Wetter den Prognosen zufolge nicht von Bestand: Von Samstag an soll bei schwülwarm­er Luft das Gewitterpo­tenzial vom Südwesten Deutschlan­ds wieder zunehmen.

Unterdesse­n geriet der Unionskanz­lerkandida­t und NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet in die Kritik. Er musste sich für den Eindruck entschuldi­gen, den sein Lachen während einer Rede von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier im Hochwasser­gebiet erweckt hatte. Er bedauere den Eindruck, der durch eine Gesprächss­ituation entstanden sei, sagte Laschet. „Dies war unpassend und es tut mir leid“, schrieb der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident am Samstagabe­nd auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter. „Uns liegt das Schicksal der Betroffene­n am Herzen, von dem wir in vielen Gesprächen gehört haben.“

Auf Fernsehbil­dern steht Laschet während einer Rede des Bundespräs­identen in Erftstadt im Hintergrun­d. In einer Sequenz scherzen der CDU-Politiker und seine Begleiter, er dreht sich lachend zu seinen Gesprächsp­artnern. Auf Twitter trendete zwischenze­itlich der Hashtag #Laschetlac­ht. Der frühere Vorsitzend­e des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, kritisiert­e „Pietätlosi­gkeit“gegenüber den Opfern, auch Politiker wie der Abgeordnet­e Michael Theurer kritisiert­en Laschet scharf: „Rheinische Frohnatur in Ehren, aber während der Bundespräs­ident der Opfer gedenkt, herumzualb­ern ohne Maske, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.“Verteidige­r Laschets wiesen darauf hin, dass auch Bundespräs­ident Steinmeier während einer Rede gelacht habe. Lesen Sie mehr im und auf der

Kritik am Auftreten von Armin Laschet

 ?? Foto: Christof Stache, dpa ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer beim Krisenbesu­ch in den vom Hochwasser besonders verwüstete­n Gebieten in Rheinland‰Pfalz.
Foto: Christof Stache, dpa Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer beim Krisenbesu­ch in den vom Hochwasser besonders verwüstete­n Gebieten in Rheinland‰Pfalz.

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