Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ernüchterung zum Auftakt
Die deutsche Mannschaft ist gegen Brasilien weitestgehend chancenlos und beraubt sich mit einem Platzverweis für Kapitän Maximilian Arnold auch noch der minimalen Chance, Zählbares zu erringen
Yokohama Drei Fußballer jenseits der 24 dürfen die Nationen bei Olympia in diesem Jahr melden. Brasiliens Star heißt Dani Alves und ist gefühlt doppelt so alt, auch wenn er erst zarte 38 Lenze zählt. Mit seiner ganzen Routine soll er die Südamerikaner zu Gold führen. Für Stefan Kuntz, Trainer der deutschen Auswahl, ist Brasilien neben Spanien klarer Favorit auf den Turniersieg. Wie recht er mit dieser Prognose hatte, bekam seine Mannschaft am Donnerstagabend im riesigen Yokohama National Stadium zu spüren. 2:4 hieß es nach 90 meist einseitigen Minuten.
Augenfällig war neben dem spielerischen Unterschied, dass der deutschen Mannschaft Akteure mit der Strahlkraft eines Dani Alves fehlen. Im Trikot des FC Barcelona hat er unter anderem dreimal die Champions League gewonnen. Deutschland hat Max Kruse. Kuntz setzt vor allem auf mannschaftliche Geschlossenheit. Mit Marco Richter (bis zur 67. Minute) und Felix Uduokhai hatte er auch zwei Bundesligaprofis des FC Augsburg in die deutsche Startelf gegen Brasilien gestellt. Ein
Duell, das es bei den Spielen 2016 auch schon gab. Damals im Finale. Brasilien gewann 5:4 nach Elfmeterschießen und holte Gold.
In Japan waren die Dinge schnell viel klarer als vor fünf Jahren. Brasiliens Richarlison brachte seine Mannschaft in der siebten Minute mit 1:0 in Führung. Es war vorher und nachher eine weitgehend einseitige Begegnung. Die deutsche Defensive mit dem souveränen Uduokhai in der Innenverteidigung hatte alle Hände voll damit zu tun, die Angriffe der Brasilianer zu stören. Vor allem gegen Richarlison geriet sie dabei immer wieder an ihre Grenzen.
Dessen direkter Gegenspieler Amos Pieper sah auch beim zweiten Treffer des Edeltechnikers vom FC Everton schlecht aus (22.). Nur acht Minuten später machte dieser seinen Hattrick perfekt. Da konnten es sich die zunehmend verspielten Brasilianer leisten, in der Nachspielzeit der ersten Hälfte einen Strafstoß zu verschießen und auch sonst noch jede Menge beste Chancen zu vergeben. Für Richter waren die ersten 45 Minuten „gar nix. Wir sind sehr, sehr schwer in die Partie gekommen. In der Kabine gab es deutliche Worte“.
Nach der Pause erlöste Kuntz Pieper und brachte Jordan Torunarigha. Am Spielverlauf änderte das zunächst wenig. Eher zufällig fiel Nadiem Amiri der Ball vor die Füße, den er aber perfekt zum 1:3 traf (55.). Das Zwischenhoch schien beendet, als Kapitän Maximilian Arnold mit Gelb-Rot vom Platz musste (61.). Doch das deutsche Team kämpfte und verkürzte durch Ragnar Ache tatsächlich noch auf 2:3 (82.), ehe erneut in der Nachspielzeit Paulinho zum 4:2-Endstand traf. „Die zweite Halbzeit war dann etwas unglücklich mit einem Mann weniger. Trotzdem haben wir uns zusammengerissen und noch zwei Tore erzielt“, sagte Richter. Was bleibt, sei dennoch die Erkenntnis, „dass wir die erste Hälfte verschlafen haben und zum Auftakt eine bittere Niederlage kassiert haben“. Andreas Kornes
Richarlison narrt die deutsche Defensive