Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Söder will schärfere Regeln für Ungeimpfte
Bayerns Ministerpräsident dringt auf schnelle Corona-Beschlüsse
Berlin Im Kampf gegen die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus will Markus Söder nicht bis zum nächsten Bund-Länder-Gipfel warten. Schon in dieser Woche bittet der bayerische Ministerpräsident seine Kollegen aus den unionsgeführten Bundesländern zu Beratungen über Maßnahmen zum Schutz vor einer vierten Pandemiewelle. Unserer Redaktion sagte der CSUChef: „Der Blick in andere europäische Länder zeigt: Wir haben im Wettlauf mit der Delta-Variante keine Zeit mehr zu verlieren. Deshalb habe ich die Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder vorsorglich für diesen Dienstag zu einer Schalte eingeladen.“
Ursprünglich war die nächste Ministerpräsidentenkonferenz, kurz MPK, erst für Ende August geplant. Das Treffen vorzuziehen, hatten etwa die Landeschefs von Niedersachsen und Berlin, Stephan Weil und Michael Müller (beide SPD), gefordert. Für Söder „macht eine MPK Sinn, aber vorher muss sicher sein, dass wirklich die Bereitschaft besteht, Grundlegendes zu beschließen“. Der bayerische Regierungschef zählt auf: „Die neuen Regeln für Reiserückkehrer müssen von 11. September auf 1. August vorgezogen werden, denn eine Quarantäneverordnung erst nach den Ferien ergibt keinen Sinn.“
Außerdem fordert Söder, sich „für den August auf ein gemeinsames Impfprogramm für Schülerinnen und Schüler“festzulegen. Dies müsse unabhängig von der Ständigen Impfkommission erfolgen, die eine Impfung für Kinder bisher nur eingeschränkt empfiehlt. „Jede Woche zählt für die Sicherheit der Schüler“, betont Söder. „Außerdem brauchen wir dringend eine verbindliche Formel aus Inzidenzwert, Impfquote und belegten Krankenhausbetten, um zu wissen, ab wann Maßnahmen ergriffen werden müssen – und welche Rechte sich für
Geimpfte daraus ergeben.“Klar müsse sein, so der Ministerpräsident: „Wer ein Impfangebot hatte und dies bewusst ausschlägt, kann auf Dauer nicht mehr kostenlos getestet werden.“
Die Sorge vor einer vierten Corona-Welle treibt auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann um. Der Grünen-Politiker hält deshalb sogar eine Impfpflicht für denkbar. „Für alle Zeiten kann ich eine Impfpflicht nicht ausschließen“, sagte er. Es sei möglich, dass Varianten auftreten, die das erforderlich machten, so Kretschmann.
Angesichts steigender Zahlen von Neuinfektionen mahnte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) die Bevölkerung eindringlich, sich impfen zu lassen. Geimpfte würden künftig „definitiv mehr Freiheiten
Kretschmann hält Impfpflicht für denkbar
haben als Ungeimpfte“. Sollten die Neuinfektionen weiter derart zunehmen, müssten Ungeimpfte wieder ihre Kontakte reduzieren. Das könne bedeuten, dass etwa Restaurant-, Kino- oder Stadionbesuche auch für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären. Denn das Restrisiko bei Tests sei zu hoch.
Die FDP kritisierte Äußerungen wie diese scharf. Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer sagte unserer Redaktion: „Die von Ministerpräsident Kretschmann ins Spiel gebrachte Impfpflicht ist eine Debatte zur Unzeit und absolut kontraproduktiv. Sie führt zur Verunsicherung, anstatt zu ermutigen.“
Auch der Kommentar beschäftigt sich mit der aktuellen Corona-Lage. Korrespondentin Birgit Holzer berichtet auf der Dritten Seite aus Frankreich, wo eine Impfpflicht kommt. Auf der Seite Wirtschaft erfahren Sie, wie Firmen aus der Region mit Mitarbeitern umgehen, die nicht geimpft sind.