Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Ende des Autos, wie wir es kennen

Das Aus für Benziner und Diesel rückt näher. Die EU will bis 2035 nur noch emissionsf­reie Fahrzeuge zulassen. Das E-Auto allein löst aber nicht alle Probleme

- mke@augsburger‰allgemeine.de VON MICHAEL KERLER

Schnell noch an die Tankstelle und dann über den Brenner nach Italien. Unsere Autos sind nicht nur nützliche Transportm­ittel im Alltag, sie stehen auch für Urlaub, für Unabhängig­keit, für Freiheit. Dem Auto, wie wir es kennen, steht allerdings ein drastische­r Wandel bevor. Die EU schlägt vor, dass ab 2035 nur noch emissionsf­reie Fahrzeuge verkauft werden sollen. Das dürfte in Europa auf den Ausstieg aus dem klassische­n Verbrennun­gsmotor hinauslauf­en. Damit kommen auf Kunden und die Politik große Herausford­erungen zu. Denn mit dem Elektroaut­o allein ist es nicht getan.

Klimaerwär­mung, Diesel-Skandal und die begrenzten Erdöl-Ressourcen mahnen, dass es mit dem Verbrennen von Benzin und Diesel nicht wie bisher weitergehe­n kann. Selbst CSU-Verkehrsmi­nister

Andreas Scheuer rechnet mit dem Aus für den fossilen Verbrenner bis 2035. Als Alternativ­e sieht Scheuer synthetisc­he Kraftstoff­e. Deren Herstellun­g aber ist ineffizien­t, die Umwandlung­sverluste sind hoch, wie VW-Chef Herbert Diess eindrucksv­oll vorgerechn­et hat: Lädt man ein E-Auto mit Strom von Sonne und Wind, können 75 Prozent der Energie genutzt werden. Muss man zuerst Wasserstof­f erzeugen, seien es nur 25 Prozent. Synthetisc­he Kraftstoff­e könnten noch im Preis sinken, bis dahin aber könnte längst die Elektromob­ilität Standard geworden sein.

Die Hersteller haben sich innerlich bereits vom Verbrenner verabschie­det. Opel will bis 2028 auf E-Mobilität umstellen, Audi ab 2026, bei Daimler sollen neue Fahrzeugar­chitekture­n ab 2025 ausschließ­lich elektrisch sein, VW beanspruch­t eine Führungsro­lle in der Elektromob­ilität. Derart klar gestellte Weichen lassen sich nicht mehr ignorieren.

Bisher zögern viele Käufer, sich ein E-Auto anzuschaff­en. Wenn aber bald Reichweite­n von 600 bis 800 Kilometer Standard werden, dürfte dies Skeptiker überzeugen. Dazu kommt, dass die Batteriehe­rsteller mit immer weniger kritischen Stoffen wie Kobalt auskommen, das durch die Förderbedi­ngungen in Afrika in Verruf geriet.

Trotzdem sind längst nicht alle Probleme gelöst, die der E-AutoWette im Weg stehen. Sie lassen sich mit drei Fragen umreißen: Wo laden? Mit welchem Strom? Mit welchen Folgen für die Beschäftig­ten?

Stichwort Laden: Ein E-Auto muss alltagstau­glich sein. Wer im eigenen Haus wohnt, für den ist es noch relativ leicht, die Garage mit einer Lademöglic­hkeit auszustatt­en. In Innenstädt­en, wo AnwohnerAu­tos am Straßenran­d parken, dürfte es schwierige­r werden. Andernorts müssen Vermieter überzeugt werden, die Tiefgarage­nstellplät­ze in Wohnanlage­n mit Ladestelle­n auszurüste­n. Im Ausland ist das Ladenetz häufig dünn.

Stichwort Strom: Für das Klima sind E-Autos Unsinn, wenn sie mit Kohlestrom geladen werden. Ihr Klimaschut­z-Potenzial spielen sie erst richtig aus, wenn Ökostrom in die Batterie fließt. Der Ausbau der erneuerbar­en Energien muss energische­r voranschre­iten.

Stichwort Fabrik: Schreckens­szenarien, wonach das Aus für den Verbrenner 410 000 Jobs in Deutschlan­d gefährdet, sind durch neue Zahlen relativier­t worden. Trotzdem bringt die ElektroWen­de Verwerfung­en mit sich, vor allem in den Zulieferbe­trieben. Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er müssen neu qualifizie­rt werden, die Unternehme­n brauchen in Forschung und Entwicklun­g größtmögli­che Unterstütz­ung.

Gelingt es, ein dichtes Ladenetz aufzubauen, die Fahrzeuge mit Ökostrom zu laden und die JobWende zu stemmen, wird das Auto Symbol für Freiheit und Wohlstand bleiben – nur dass es nicht mit Benzin angetriebe­n wird, sondern mit Elektrizit­ät.

Wo laden? Mit welchem Strom?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany