Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Ende des Autos, wie wir es kennen
Das Aus für Benziner und Diesel rückt näher. Die EU will bis 2035 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zulassen. Das E-Auto allein löst aber nicht alle Probleme
Schnell noch an die Tankstelle und dann über den Brenner nach Italien. Unsere Autos sind nicht nur nützliche Transportmittel im Alltag, sie stehen auch für Urlaub, für Unabhängigkeit, für Freiheit. Dem Auto, wie wir es kennen, steht allerdings ein drastischer Wandel bevor. Die EU schlägt vor, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge verkauft werden sollen. Das dürfte in Europa auf den Ausstieg aus dem klassischen Verbrennungsmotor hinauslaufen. Damit kommen auf Kunden und die Politik große Herausforderungen zu. Denn mit dem Elektroauto allein ist es nicht getan.
Klimaerwärmung, Diesel-Skandal und die begrenzten Erdöl-Ressourcen mahnen, dass es mit dem Verbrennen von Benzin und Diesel nicht wie bisher weitergehen kann. Selbst CSU-Verkehrsminister
Andreas Scheuer rechnet mit dem Aus für den fossilen Verbrenner bis 2035. Als Alternative sieht Scheuer synthetische Kraftstoffe. Deren Herstellung aber ist ineffizient, die Umwandlungsverluste sind hoch, wie VW-Chef Herbert Diess eindrucksvoll vorgerechnet hat: Lädt man ein E-Auto mit Strom von Sonne und Wind, können 75 Prozent der Energie genutzt werden. Muss man zuerst Wasserstoff erzeugen, seien es nur 25 Prozent. Synthetische Kraftstoffe könnten noch im Preis sinken, bis dahin aber könnte längst die Elektromobilität Standard geworden sein.
Die Hersteller haben sich innerlich bereits vom Verbrenner verabschiedet. Opel will bis 2028 auf E-Mobilität umstellen, Audi ab 2026, bei Daimler sollen neue Fahrzeugarchitekturen ab 2025 ausschließlich elektrisch sein, VW beansprucht eine Führungsrolle in der Elektromobilität. Derart klar gestellte Weichen lassen sich nicht mehr ignorieren.
Bisher zögern viele Käufer, sich ein E-Auto anzuschaffen. Wenn aber bald Reichweiten von 600 bis 800 Kilometer Standard werden, dürfte dies Skeptiker überzeugen. Dazu kommt, dass die Batteriehersteller mit immer weniger kritischen Stoffen wie Kobalt auskommen, das durch die Förderbedingungen in Afrika in Verruf geriet.
Trotzdem sind längst nicht alle Probleme gelöst, die der E-AutoWette im Weg stehen. Sie lassen sich mit drei Fragen umreißen: Wo laden? Mit welchem Strom? Mit welchen Folgen für die Beschäftigten?
Stichwort Laden: Ein E-Auto muss alltagstauglich sein. Wer im eigenen Haus wohnt, für den ist es noch relativ leicht, die Garage mit einer Lademöglichkeit auszustatten. In Innenstädten, wo AnwohnerAutos am Straßenrand parken, dürfte es schwieriger werden. Andernorts müssen Vermieter überzeugt werden, die Tiefgaragenstellplätze in Wohnanlagen mit Ladestellen auszurüsten. Im Ausland ist das Ladenetz häufig dünn.
Stichwort Strom: Für das Klima sind E-Autos Unsinn, wenn sie mit Kohlestrom geladen werden. Ihr Klimaschutz-Potenzial spielen sie erst richtig aus, wenn Ökostrom in die Batterie fließt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss energischer voranschreiten.
Stichwort Fabrik: Schreckensszenarien, wonach das Aus für den Verbrenner 410 000 Jobs in Deutschland gefährdet, sind durch neue Zahlen relativiert worden. Trotzdem bringt die ElektroWende Verwerfungen mit sich, vor allem in den Zulieferbetrieben. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen neu qualifiziert werden, die Unternehmen brauchen in Forschung und Entwicklung größtmögliche Unterstützung.
Gelingt es, ein dichtes Ladenetz aufzubauen, die Fahrzeuge mit Ökostrom zu laden und die JobWende zu stemmen, wird das Auto Symbol für Freiheit und Wohlstand bleiben – nur dass es nicht mit Benzin angetrieben wird, sondern mit Elektrizität.
Wo laden? Mit welchem Strom?