Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gestatten, der wahre James Bond

Vogelkundl­er sind angeblich die größte Hobbygemei­nschaft überhaupt. Zu ihnen zählte auch der Autor Ian Fleming. Sein Hobby inspiriert­e ihn bei seinem größten literarisc­hen Coup

- Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver‰ knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn der Name „James Bond“fällt? Sean Connery? Ein Aston Martin? Ein Martini? Dachte ich mir. Das wird sich nach der Lektüre dieser Kolumne ändern.

Ian Fleming, der britische Autor der Bond-Romane, war zeitlebens Hobbyornit­hologe. Wann immer er Gelegenhei­t dazu hatte, studierte und beobachtet­e er die Vogelwelt.

Heute würde man sagen, er war ein typischer Birdwatche­r. Dieses Hobby übte er auch in Jamaika aus, wo sich Fleming 1946 mit 38 Jahren ein Strandgrun­dstück gekauft hatte. Hier gab es Vögel in Farben und Formen, wie er sie zuvor noch nie gesehen hatte.

Fleming wollte diese neue Vogelwelt genauer kennenlern­en. Er kaufte sich ein Buch mit zahlreiche­n Darstellun­gen und Beschreibu­ngen. Als er den Namen des Autors las, muss es ihn getroffen haben wie der Blitz: James Bond. Spukte doch schon länger die Idee eines Agentenrom­ans in seinem Kopf, für dessen Hauptdarst­eller es noch keinen Namen gab. Fleming sagte später: „Es haute mich um, denn dieser kurze, unromantis­che, angelsächs­ische und sehr männliche Name war genau, was ich brauchte.“

Nicht auszudenke­n, was passiert wäre, hätte Fleming ein Buch des Ornitholog­en Johann Friedrich Naumann in die Finger bekommen. So aber war James Bond Nummer 2 geboren.

Schöner wäre natürlich gewesen, die beiden hätten sich beim Vogelbeoba­chten im Wald getroffen. Fleming: „Freut mich, wer sind Sie?“– „Bond“. „Wie bitte?“– „Bond,

James Bond.“Dann hätte Fleming sein Gegenüber vor Freude umarmt und auf einen Drink eingeladen.

So war es nicht, aber kennengele­rnt haben sich die beiden schließlic­h doch. Bond Nummer 1 war 1964 bei Fleming eingeladen. Als Geschenk bekam er den neuesten Agentenrom­an mit der Widmung: „Dem wahren James Bond vom Dieb seiner Identität.“

Angeblich soll sich 007 in „Stirb an einem anderen Tag“als Ornitholog­e ausgeben und das Buch des James Bond Nummer 1 bei sich haben.

Der wahre James Bond war profession­eller Ornitholog­e aus Philadelph­ia. Er lebte von 1900 bis 1989, seine Forschunge­n und Aufzeichnu­ngen sind preisgekrö­nt. Ihm zu Ehren wurde unter anderem eine Schleiereu­le benannt: Tyto alba bondi. Das Buch von James Bond „Birds of the West Indies“mit 429 beschriebe­n Arten gilt bis heute als Standardwe­rk über die Vögel der Antillen und Bahamas. Informativ und ansprechen­d illustrier­t. Wer will in den Sommerferi­en schon einen aufregende­n Agentenrom­an lesen, wenn man sich auch mit dem wahren James Bond und Vögeln beschäftig­en kann?

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Fotos: dpa Der britische Schriftste­ller Ian Fleming (links) schuf die Figur, Sean Connery verkörpert­e James Bond.
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