Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hilfe und Hass im Flutgebiet
Freiwillige blockieren versehentlich Straßen in die vom Hochwasser betroffenen Orte. Retter werden angegriffen
Offenbach Rund eineinhalb Wochen nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands haben die Menschen in der Region am Wochenende etwas aufatmen können. Neue Unwetter und Überschwemmungen, die befürchtet worden waren, blieben aus. Nach einigen Schauern am Samstagnachmittag sei es in der Nacht in den betroffenen Gebieten weitgehend trocken geblieben, sagte am Sonntag eine Sprecherin vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Bei der Katastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen starben mindestens 179 Menschen, dutzende werden noch immer vermisst.
Unterdessen reißt die Hilfsbereitschaft in den Katastrophengebieten nicht ab – neben Geldspenden wollen viele Menschen auch selbst in den betroffenen Orten anpacken. Am Samstag waren es so viele, dass die Polizei in Koblenz und der Krisenstab an Helferinnen und Helfer appellierten, sich nicht mehr auf den Weg in die Region zu machen. Sämtliche Zufahrtsstraßen seien völlig überlastet, hieß es.
Doch während die einen helfen wollen oder Hilfe suchen, gehen andere offenbar auf Hilfskräfte los. „Leider kam es in den letzten Tagen vereinzelt zu Übergriffen gegen unsere ehrenamtlichen Helfer“, erklärte das Technische Hilfswerk (THW) am Wochenende auf Twitter. Sie seien beschimpft und mit Müll beworfen worden. Anzeigen lagen der Polizei in Rheinland-Pfalz bisher nicht vor. Man prüfe die Schilderungen aber auf strafrechtlich relevantes Verhalten, sagte ein Sprecher in Koblenz am Sonntag.
Entsprechende Übergriffe hatte zuvor die Vize-Präsidentin des THW, Sabine Lackner, geschildert. Dem Nachrichtenportal Zeit Online erklärte sie zudem: „Das sind Vorfälle, die ich in meiner Zeit beim Technischen Hilfswerk in 20 Jahren noch nicht erlebt habe.“Die Mitarbeiter seien nicht nur mit den Resten von Hausrat beworfen, sondern auch fotografiert worden, „was unsere Freiwilligen und wir bei unserer Arbeit natürlich bedrohlich finden“. Die Angreifer hätten teilweise mit gefälschten Journalistenausweisen agiert.
Im Katastrophengebiet an der Ahr hatte die Polizei bereits vor Aktivitäten von Rechtsextremistinnen und -extremisten sowie der sogenannten Querdenker-Szene gewarnt.