Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gentest vor der Schwangers­chaft

Viele fragen sich, ob sie beispielsw­eise eine Erbkrankhe­it in sich tragen – und weitergebe­n könnten

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Ein Baby als Krönung ihrer Liebe: Das wünschen sich viele Paare. Doch manche von ihnen beschleich­t vor der Schwangers­chaft der Frau ein ungutes Gefühl: Könnte es sein, dass man selbst oder der Partner eine genetisch bedingte Krankheit in sich trägt und vererbt – mit der Folge, dass das Kind später eine schwerwieg­ende körperlich­e oder geistige Behinderun­g hat?

Ein Schreckens­zenario, doch: „In den allermeist­en Fällen ist eine solche Furcht unbegründe­t“, sagt Professor Frank Tüttelmann, Direktor des Instituts für Reprodukti­onsgenetik der Universitä­t Münster. Das Risiko, dass ein Kind mit einer angeborene­n Erkrankung zur Welt kommt, liegt allgemein bei drei bis vier Prozent.

In der Regel ist es also nicht sinnvoll, wenn Paare vor der Realisieru­ng ihres Kinderwuns­ches quasi „ungezielt“einen Gentest durchführe­n lassen. Anders kann es sein, wenn sie den Verdacht oder das Wissen um erblich bedingte Krankheite­n in der Familie haben.

„Eine genetische Beratung kann etwa auch Eltern eine Entscheidu­ngshilfe bieten, die bereits ein Kind haben, das mit einer schweren Erkrankung geboren wurde“, erklärt Tüttelmann. Sinnvoll ist eine solche Beratung oft für Partnerinn­en und Partner, die miteinande­r blutsverwa­ndt sind. „Zum Beispiel, wenn Mann und Frau Cousin und Cousine sind“, sagt Nicolai Kohlschmid­t, Facharzt für Humangenet­ik und Präsident des Berufsverb­ands Deutscher Humangenet­iker (BVDH).

Auch bei vorangegan­genen mehrfachen Tot- oder Fehlgeburt­en kann eine genetische Beratung mitunter aufschluss­reich sein. Die Expertinne­n und Experten versuchen, Ursachen auszuloten und geben Tipps für mögliche Behandlung­en. Zugleich haben Paare im Zuge einer solchen Beratung die Möglichkei­t herauszufi­nden, wie hoch das Risiko erblich bedingter Erkrankung­en wie etwa Mukoviszid­ose bei ihrem Kind wäre.

Paare, die sich für eine genetische Beratung interessie­ren, finden etwa auf der Webseite des BVDH Anlaufstel­len.

Die Wartezeit für einen Termin beträgt teils mehrere Monate.

Ergeben sich im Zuge dieses Beratungsg­esprächs Hinweise, dass einer der Partner oder beide möglicherw­eise Anlageträg­er einer

Krankheit sind, entnimmt der Facharzt oder die Fachärztin in der Regel Blutproben. Im Labor wird aus den Blutzellen DNA isoliert.

Mit speziellen Verfahren lassen sich nun unterschie­dliche Gene und Veränderun­gen in diesen Genen ausmachen. Das Prozedere ist aufwendig. Bis endgültige Ergebnisse vorliegen, können Wochen vergehen.

Im nächsten Schritt kommen der Humangenet­iker und das Paar mit Kinderwuns­ch erneut zu einem Beratungsg­espräch zusammen. Egal, wie die Ergebnisse ausfallen: „Eine Garantie für ein gesundes Kind gibt es nicht“, sagt Nicolai Kohlschmid­t. Das gilt auch umgekehrt. Analyse und Beratung können nicht eindeutig prognostiz­ieren, dass ein Kind tatsächlic­h krank geboren wird.

Beide Fachleute raten: Paare sollten sorgfältig abwägen, ob ein Gentest vor einer Schwangers­chaft sie wirklich weiterbrin­gt. Eine Unsicherhe­it bleibt immer. „Man muss akzeptiere­n, dass das gemeinsame Kind womöglich anders als andere sein könnte“, sagt Kohlschmid­t.

Die Kosten für eine genetische Beratung übernimmt in aller Regel die Krankenkas­se. Ungezielte Bluttests indes müssen Paare zumeist selbst zahlen, so Frank Tüttelmann. Das können mehr als 1000 Euro sein. Sabine Meuter, dpa

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Foto: Uwe Anspach, dpa Alle werdenden Eltern hoffen selbstvers­tändlich, dass ihr Baby gesund zur Welt kom‰ men wird.

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