Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geschke sitzt frustriert im Hotel

Nach seinem positiven Corona-Test darf der Radfahrer zehn Tage lang sein Zimmer nicht verlassen. Kollege Buchmann startete unter chaotische­n Bedingunge­n

- VON ANDREAS KORNES

Tokio Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis es auch im deutschen Lager einen Corona-Fall gibt. Über 100 positive Befunde haben die Tests im Zusammenha­ng mit den Spielen schon ergeben. Fast zeitgleich mit dem Aufflammen des olympische­n Feuers hatte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am späten Freitagabe­nd die Nachricht verschickt, dass Radprofi Simon Geschke positiv auf das Virus getestet worden sei. Hinter den Kulissen dürfte da längst schon hektische Betriebsam­keit ausgebroch­en sein. Für Geschke selbst bedeutete der Befund sofortige Quarantäne. Das Straßenren­nen der Männer am Samstag verpasste er.

Im Lager der Radfahrer und Radfahreri­nnen, die alle in einem Hotel außerhalb des olympische­n Dorfes wohnen, um näher an der Strecke zu sein, herrschte Unsicherhe­it, wie die japanische­n Behörden mit dem Fall umgehen würden. Vor allem Geschkes Zimmerkoll­ege Emanuel Buchmann musste lange bangen und zwei negative PCR-Tests abwarten, ehe

war, dass er starten durfte. Sichtlich gezeichnet von dem ganzen Durcheinan­der und einer Nacht mit gerade mal zwei Stunden Schlaf fuhr er auf Platz 29.

Zwei Fragen standen aber auch nach dem Frauenrenn­en am Sonntag im Raum. Zum einen, wo sich Geschke angesteckt haben könnte. Er selbst vermutet, es müsse wohl auf der Anreise gewesen sein. Direkt nach Ende der Tour de France war Geschke von Paris nach Tokio geflogen. „Am Flughafen war sehr viel los an dem Tag“, sagte der 35-Jährige im ZDF. Er habe zwar alle Regeln eingehalte­n, könne sich aber nun mal nicht nach jeder Berührung die Hände desinfizie­ren. DOSBTeamar­zt Bernd Wohlfarth hält die These einer Ansteckung auf der Anreise ebenfalls für die wahrschein­lichste. „Reisetage sind einfach das Kritischst­e.“Er wies aber auch darauf hin, dass die Virenlast des doppelt geimpften Geschke so gering gewesen sei, dass er beispielsw­eise bei der Tour de France hätte weiter fahren dürfen.

Die Japaner allerdings sind sehr streng, was den Umgang mit dem

Virus anbelangt. Und das beantworte­t schnell auch die zweite Frage, wie es nun weitergeht mit Geschke. Laut Chef de Mission Dirk Schimmelpf­ennig wurde Geschke, der symptomfre­i sei, am Samstagmit­tag in ein Quarantäne­hotel nahe des olympische­n Dorfes gebracht. „Voraussich­tlich muss er dort zehn Tage in Quarantäne bleiben“, sagte Schimmelpf­ennig. Erst dann dürfe er zurück nach Deutschlan­d reisen.

Besonders gut gefällt es Geschke dort nicht. „Man wird um 7 Uhr von einem Lautsprech­er geweckt im Zimmer. Dann muss man Fieber und Sauerstoff­sättigung messen. Für mich ist es unverständ­lich, warum das so früh sein muss, wenn man dann den ganzen Tag kaum etwas zu tun hat.“Unterbrech­ung bietet da immerhin die Tatsache, dass die Bewohner des Hotels ihre Wäsche selbst waschen müssen.

Offen ist, wann Buchmann Japan verlassen darf. Er muss nun, wie alle anderen Mitglieder der deutschen Radmannsch­aft, täglich einen PCRTest absolviere­n. Bisher waren alle negativ. Trotzdem wohnt Buchmann momentan in einem Isolatikla­r onszimmer. Das durfte er nur verlassen, um zum Start des Rennens am Samstag zu fahren. Nach der Zielankunf­t wurde er wieder dorthin zurückgebr­acht. Alles Weitere müsse nun mit den japanische­n Behörden geklärt werden.

Trotz der ganzen Aufregung lobte Wohlfarth die Zusammenar­beit mit dem Veranstalt­er. Die Kommunikat­ion sei exzellent gewesen. Ein mobiles Testteam sei sofort zum Mannschaft­shotel geschickt worden. „Das hat alles wirklich sehr gut funktionie­rt.“

In der deutschen Mannschaft, die zum Großteil im olympische­n Dorf wohnt, habe der Vorfall keine gesteigert­e Angst ausgelöst, sagte Schimmelpf­ennig. „Wir wissen alle sehr genau um unsere Situation.“Zudem seien fast alle geimpft. Trotzdem sei die Erleichter­ung groß, „dass es außerhalb des Dorfes in einer kleinen Gruppe passiert ist. Das ist eine Erinnerung daran, dass wir nicht nachlässig werden dürfen. Dann werden wir zwar weitere Fälle nicht ausschließ­en können, aber zumindest die Wahrschein­lichkeit minimieren“.

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Foto: Roth Muss jetzt selbst die Wäsche waschen: Radprofi Simon Geschke sitzt vorerst in Japan fest.

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