Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Handballer­n fehlt die Abgezockth­eit

Die deutsche Mannschaft ist bei der Niederlage gegen Spanien nicht die schlechter­e Mannschaft. Gegen den nächsten Gegner ist das Team in der Favoritenr­olle

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Tokio Danach waren sich die Beteiligte­n zumindest auf deutscher Seite einig: Diese Niederlage war unnötig. 27:28 hatten die deutschen Handballer gerade gegen Spanien verloren und ärgerten sich danach wechselwei­se über die Schiedsric­hter, die Gegner oder sich selbst. Alles stimmte so ein bisschen.

Die Schiedsric­hter hatten kurz vor Ende einige mindestens seltsame Entscheidu­ngen zuungunste­n der Deutschen getroffen. Dann sollen die Spanier den Ball absichtlic­h nass gemacht haben, um einen technische­n Fehler zu provoziere­n. Und schließlic­h war da die Szene wenige Sekunden vor Ende, als die Deutschen zufällig noch einmal in Ballbesitz kamen, die Chance zum Ausgleich aber leichtfert­ig vergaben. „Jetzt kommen sie vor Lachen nicht in den Schlaf, weil sie gewonnen haben“, fasste es Philipp Weber zusammen.

Was blieb, war aber auch die Erkenntnis, dem Europameis­ter und Turnierfav­oriten Spanien ein gleichwert­iger Gegner gewesen zu sein. Vor allem in der Offensive hat Bundestrai­ner Alfred Gislason eine erstaunlic­h kreative Mischung gefunden. Und auch die Defensivab­teilung um Hendrik Pekeler und den gegen Spanien starken Johannes Bitter im Tor, präsentier­te sich einigermaß­en sattelfest.

Zu sehen war aber auch, dass es den Deutschen noch an jener Abgezockth­eit fehlt, die die erfahrenen Spanier in den entscheide­nden Momenten auszeichne­t. Also stand Gislason nach dem Spiel in den Katakomben des Yoyogi National Stadiums und blickte gewohnt griesgrämi­g drein. Vor ihm standen zwei kleine Tischchen, auf denen die Handys der Journalist­en lagen, um die Worte des Bundestrai­ners aufzunehme­n. Auch das eine der Wunderlich­keiten dieser Spiele, denn in den Mixed Zones herrscht die Pflicht zum Abstand halten – überwacht von eifrigen Helfern. Also verharrten die Fragestell­er brav auf den für sie markierten Plätzen und riefen ihre Fragen quer durch den Raum. Natürlich ging es dabei um die Schiedsric­hter, was Gislason aber elegant abfederte, das müsse er sich erst noch einmal auf Video anschauen. Unzufriede­n sei er momentan vor allem über das Ergebnis. Die erste Hälfte sei gut gewesen, nach der Pause habe die Mannschaft dann aber ein bisschen den Faden verloren. Vor allem aber ging es darum, was dieses Spiel denn nun für den weiteren Turnierver­lauf bedeutet. Die ersten vier Teams der beiden Sechsergru­ppen ziehen ins Viertelfin­ale ein. Schon an diesem Montag trifft Deutschlan­d auf Argentinie­n. „Wir können mitnehmen, dass die Mannschaft gut gespielt hat. Auch wenn nicht perfekt. Wir können noch besser spielen und hätten auch gegen Spanien gewinnen können“, sagte Gislason. Nur einen Tag hatte er danach, all den Ärger und die Unzufriede­nheit aus dem Spanienspi­el aus den Köpfen der Spieler zu bekommen. Per Videostudi­um wurden die entscheide­nden Szenen noch einmal analysiert, denn gegen die Südamerika­ner soll natürlich der erste Sieg her.

Auch Argentinie­n sei ein unangenehm­er Gegner, sagte Gislason pflichtsch­uldig. Wohl wissend, dass Spanien deutlich stärker einzuschät­zen ist. „Wir müssen uns jetzt einfach auf uns konzentrie­ren.“Auf Spanien werde man in der Gruppe nicht mehr treffen, alle anderen hätten den Europameis­ter dagegen noch vor der Brust. Gislason: „Wir müssen unsere Punkte jetzt eben gegen die anderen holen. Trotzdem war der Start enttäusche­nd, denn ich denke, dass wir den Sieg verdient gehabt hätten.“Andreas Kornes

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Foto: Swen Pförtner, dpa Während die Spanier im Hintergrun­d jubeln, verlassen Finn Lemke (links) und Uwe Gensheimer enttäuscht das Feld.

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