Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Das war mein schwerster Kampf“
Die Augsburgerin Tina Rupprecht muss gegen die Mexikanerin Katia Gutierrez an ihre körperlichen Grenzen gehen, um ihren WM-Titel zu verteidigen. Das Urteil ist äußerst knapp
Es war ein seltsames Bild, das sich den Zuschauern bot, als nach zehn Runden der Schlussgong ertönte. Beide Boxerinnen waren der Meinung, sie hätten diesen Kampf um den WBC-WM-Titel gewonnen. Während die Mexikanerin Katia Gutierrez auf den Schultern ihres Trainers getragen wurde, lief die Augsburgerin Tina Rupprecht jubelnd durch den Ring. Für den neutralen Besucher waren die Jubelarien durchaus berechtigt. In einem Fight auf Biegen und Brechen, der die beiden Sportlerinnen an die Grenzen ihrer Belastung gebracht hatte, war es schwer, eine gerechte Beurteilung zu finden. Es war schließlich mucksmäuschenstill, als das Urteil der drei Ringrichter verlesen wurde: 94:96 für Gutierrez, 96:94 für Rupprecht und schließlich 97:93 für Rupprecht.
Die Zuschauer in der HydroTech Eisarena in Königsbrunn tobten. Die 450 Besucher, die trotz Corona zugelassen wurden, outeten sich fast allesamt als RupprechtFans: „Tina Tina“riefen sie lautstark. Und nun wurde nur noch eine von ihrem Trainer auf den Schultern durch den Ring getragen: Tina
Rupprecht. Gutierrez die vor dem Kampf lautstark die mexikanische Nationalhymne mitgesungen hatte, schüttelte nur den Kopf. Sie konnte das Urteil nicht fassen. Im Prinzip waren beide Sportlerinnen an diesem Abend Sieger. Beide betrieben Werbung für den Frauenboxsport.
Rupprecht konnte den Kampf, nachdem ihr Adrenalin etwas runtergefahren war, auch ganz gut einordnen: „Ich habe einen riesigen Respekt vor Gutierrez. Sie ist eine großartige Kämpferin, aber ich denke schon, dass das Urteil in Ordnung geht.“Die Titelverteidigerin hat ihren Gürtel der WBC im Minimumgewicht also verteidigt. Den zeigte sie auch stolz und verteilte dabei Handküsschen.
Das entschädigte sie jetzt etwas für die Corona-Zeit, in der fast alles verboten war. „Ich habe eineinhalb Jahre auf diesen Kampf gewartet. Jetzt ist der Sieg umso schöner“strahlte sie über das ganze Gesicht. „Ich musste heute in jeder Runde 100 Prozent geben. Ich denke, das war bisher mein schwerster Kampf“, so Rupprecht weiter.
13 Kämpfe wurden an diesem Abend ausgetragen, aber keiner der vorherigen war so spannend wie der Hauptkampf. Für beide Kämpferinnen war die Defensive ein Fremdwort. In dem Moment, in dem sich die eine die Blöße gab, die Deckung zu vernachlässigen, boxte die andere auf sie ein. Rupprechts Trainer Alexander Haan wurde manchmal leicht nervös: „Pass auf. Der rechte Schlag ist sehr gefährlich“, schrie er in den Ring. „Andele, Andele“(Auf gehts), schallte es aus der mexikanischen Ecke. Letztlich wurde es ein gegenseitiges Trommelfeuer, das schließlich über die volle Distanz ging.
Alexander Haan hatte sich nach dem Kampf schnell wieder gefasst:
„Wir kennen ja Gutierrez und wussten, dass es ganz schnell aggressiv zur Sache geht.“Die lange CoronaPause zehrte auch an den Nerven von Haan: „Das war zuletzt schon eine schwere Zeit. Das Positive war, dass wir uns gut vorbereiten konnten. Wir sind extra in die Ukraine geflogen und haben dort gute Sparringspartner gehabt. Ich hoffe, dass Tina noch einmal in diesem Jahr kämpfen kann.“Das würde auch Rupprecht gerne. Allerdings muss es nicht sofort sein. „Jetzt fliege ich erst mal in den Urlaub.“Wohin geht die Reise? „Nach Afrika.“
Der Kampf der Augsburgerin Cheyenne „Pepper“Hanson war dagegen wesentlich früher beendet. Sie konnte ihren Kampf gegen Sabina Mischenko aus der Ukraine bereits nach der ersten Runde gewinnen. Allerdings durch technischen K.-o. Mischenko musste nach drei Minuten aufgeben, weil an der Hand etwas gebrochen war. Auf jeden Fall hatte die Veranstaltung, bei der die Rocksängerin Tina Schüßler und die DSDS-Teilnehmerin Katharina Eisenblut auch musikalisch für Stimmung sorgten, im Internet einen großen Zulauf. Auf Youtube sahen die Kämpfe über 12000 Zuschauer.