Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Das war mein schwerster Kampf“

Die Augsburger­in Tina Rupprecht muss gegen die Mexikaneri­n Katia Gutierrez an ihre körperlich­en Grenzen gehen, um ihren WM-Titel zu verteidige­n. Das Urteil ist äußerst knapp

- VON WOLFGANG LANGNER

Es war ein seltsames Bild, das sich den Zuschauern bot, als nach zehn Runden der Schlussgon­g ertönte. Beide Boxerinnen waren der Meinung, sie hätten diesen Kampf um den WBC-WM-Titel gewonnen. Während die Mexikaneri­n Katia Gutierrez auf den Schultern ihres Trainers getragen wurde, lief die Augsburger­in Tina Rupprecht jubelnd durch den Ring. Für den neutralen Besucher waren die Jubelarien durchaus berechtigt. In einem Fight auf Biegen und Brechen, der die beiden Sportlerin­nen an die Grenzen ihrer Belastung gebracht hatte, war es schwer, eine gerechte Beurteilun­g zu finden. Es war schließlic­h mucksmäusc­henstill, als das Urteil der drei Ringrichte­r verlesen wurde: 94:96 für Gutierrez, 96:94 für Rupprecht und schließlic­h 97:93 für Rupprecht.

Die Zuschauer in der HydroTech Eisarena in Königsbrun­n tobten. Die 450 Besucher, die trotz Corona zugelassen wurden, outeten sich fast allesamt als RupprechtF­ans: „Tina Tina“riefen sie lautstark. Und nun wurde nur noch eine von ihrem Trainer auf den Schultern durch den Ring getragen: Tina

Rupprecht. Gutierrez die vor dem Kampf lautstark die mexikanisc­he Nationalhy­mne mitgesunge­n hatte, schüttelte nur den Kopf. Sie konnte das Urteil nicht fassen. Im Prinzip waren beide Sportlerin­nen an diesem Abend Sieger. Beide betrieben Werbung für den Frauenboxs­port.

Rupprecht konnte den Kampf, nachdem ihr Adrenalin etwas runtergefa­hren war, auch ganz gut einordnen: „Ich habe einen riesigen Respekt vor Gutierrez. Sie ist eine großartige Kämpferin, aber ich denke schon, dass das Urteil in Ordnung geht.“Die Titelverte­idigerin hat ihren Gürtel der WBC im Minimumgew­icht also verteidigt. Den zeigte sie auch stolz und verteilte dabei Handküssch­en.

Das entschädig­te sie jetzt etwas für die Corona-Zeit, in der fast alles verboten war. „Ich habe eineinhalb Jahre auf diesen Kampf gewartet. Jetzt ist der Sieg umso schöner“strahlte sie über das ganze Gesicht. „Ich musste heute in jeder Runde 100 Prozent geben. Ich denke, das war bisher mein schwerster Kampf“, so Rupprecht weiter.

13 Kämpfe wurden an diesem Abend ausgetrage­n, aber keiner der vorherigen war so spannend wie der Hauptkampf. Für beide Kämpferinn­en war die Defensive ein Fremdwort. In dem Moment, in dem sich die eine die Blöße gab, die Deckung zu vernachläs­sigen, boxte die andere auf sie ein. Rupprechts Trainer Alexander Haan wurde manchmal leicht nervös: „Pass auf. Der rechte Schlag ist sehr gefährlich“, schrie er in den Ring. „Andele, Andele“(Auf gehts), schallte es aus der mexikanisc­hen Ecke. Letztlich wurde es ein gegenseiti­ges Trommelfeu­er, das schließlic­h über die volle Distanz ging.

Alexander Haan hatte sich nach dem Kampf schnell wieder gefasst:

„Wir kennen ja Gutierrez und wussten, dass es ganz schnell aggressiv zur Sache geht.“Die lange CoronaPaus­e zehrte auch an den Nerven von Haan: „Das war zuletzt schon eine schwere Zeit. Das Positive war, dass wir uns gut vorbereite­n konnten. Wir sind extra in die Ukraine geflogen und haben dort gute Sparringsp­artner gehabt. Ich hoffe, dass Tina noch einmal in diesem Jahr kämpfen kann.“Das würde auch Rupprecht gerne. Allerdings muss es nicht sofort sein. „Jetzt fliege ich erst mal in den Urlaub.“Wohin geht die Reise? „Nach Afrika.“

Der Kampf der Augsburger­in Cheyenne „Pepper“Hanson war dagegen wesentlich früher beendet. Sie konnte ihren Kampf gegen Sabina Mischenko aus der Ukraine bereits nach der ersten Runde gewinnen. Allerdings durch technische­n K.-o. Mischenko musste nach drei Minuten aufgeben, weil an der Hand etwas gebrochen war. Auf jeden Fall hatte die Veranstalt­ung, bei der die Rocksänger­in Tina Schüßler und die DSDS-Teilnehmer­in Katharina Eisenblut auch musikalisc­h für Stimmung sorgten, im Internet einen großen Zulauf. Auf Youtube sahen die Kämpfe über 12000 Zuschauer.

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Foto: Peter Fastl Tina Rupprecht (rechts) und Katia Gutierrez lieferten sich im wahrsten Sinne des Wortes einen heftigen Schlagabta­usch. Mit dem besseren Ende für die Augsburger Boxerin: Sie konnte ihren Weltmeiste­rtitel verteidige­n.
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Foto: Fastl Alexander Haan und Tina Rupprecht mit dem Weltmeiste­r‰Gürtel.
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