Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Endlich ist der Deich fertig
2005 stand ein Viertel von Westendorf unter Wasser. Doch bis der Ort besser geschützt wurde, verging weit mehr als ein Jahrzehnt. Der Bürgermeister sagt: „Das kann man den Bürgern nicht erklären“
2005 stand ein Viertel von Westendorf unter Wasser. Doch bis der Ort besser geschützt wurde, verging weit mehr als ein Jahrzehnt.
Westendorf Zwei Tore am Mühlkanal sollen künftig dafür sorgen, dass Hochwasser sich nur außerhalb von Westendorf abspielen. Drohen Überschwemmungen, fahren sie herunter.
Die Wiesen vor dem etwa 700 Meter langen Deich am Ortsrand laufen mit Wasser voll, das 1600-Einwohner-Dorf selbst bleibt trocken. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde der zwei Millionen Euro teure Hochwasserschutz am Dienstag eingeweiht. Für 600.000 Euro wurde außerdem ein Stück weiter westlich die Schmutter renaturiert. Ihr Lauf ist mit zwei neuen Schleifen nun länger.
Dass die Bauarbeiter das Projekt in einer Zeit fertigstellten, in der Überschwemmungen zahlreiche Gemeinden ins Unglück stürzen, ist Zufall. Seinen Ursprung hatte das Westendorfer Bauwerk 2005. Damals stand nach einem Jahrhunderthochwasser ein Viertel des Dorfes unter Wasser. Den Antrag auf den Hochwasserschutz stellte die Gemeinde einen Monat nach der Überschwemmung 2005. Westendorfs Bürgermeister Steffen Richter sagte bei der Einweihung vor rund 25 Gästen: Dass bis zur Inbetriebnahme 16 Jahre vergehen, könne er den Bürgern unmöglich erklären. Er fordert, dass politische Prozesse verschlankt werden, um solche Projekte zu beschleunigen. Das unspektakulär wirkende Bauwerk, das im Notfall Existenzen rettet, beschrieb er als „Mammutprojekt, das nicht wie eines daherkommt“.
Dass Hochwasser in Westendorf schon seit Langem eine große Rolle spielen, hat Richter bei der Arbeit an der Ortschronik festgestellt. Der Gasthof zur Krone sei deshalb bei Einheimischen nur als Stegwirt bekannt. Stege seien nämlich nötig gewesen, um in die Wirtschaft zu kommen, wenn die Straße überschwemmt war.
Am Tag der Einweihung waren auch die Katastrophen in Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz Thema. Andreas Rimböck, der mit dem Wasserwirtschaftsamt Donauwörth für das Projekt in Westendorf verantwortlich ist, sagte: „Wasser ist Lebensgrundlage und Lebensraum, aber es kann sehr schnell zur Bedrohung werden.“Regierungspräsident Erwin Lohner erklärte, dass Hochwasser lange nur ein abstraktes Thema gewesen sei. „Im Moment erleben wir die reale Gefahr.“
Lohner erwähnte die Feuerwehrleute und Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuzes, die aktuell im Katastrophengebiet helfen. Mit schwerem Gerät seien sie dort im Einsatz. Momentan gehe es vor allem darum, Schlamm und Schutt zu beseitigen, etwa mit Baggern.
Zum Hochwasserschutz hat Lohner eine klare Meinung: Der sei am besten in Länderhand aufgehoben. Der Bund solle nur warnen. Aber auch die persönliche Verantwortung sei wichtig.
Lohner appellierte an die Anwesenden: „Jeder, der ein Haus hat, muss sich jetzt überlegen, ob er eine Elementarschadenversicherung abschließt.“
Damit die Schutzanlage in Westendorf den kommenden Hochwassern standhält, gab Pater Norman D’Souza am Dienstag seinen Segen. Im Zuständigkeitsbereich des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth gibt es mehr als 20 aktuelle Hochwasserschutzprojekte.
Ein paar davon betreffen das Augsburger Land. Für Westendorfs Nachbarort Nordendorf planen die Experten gerade einen besseren Hochwasserschutz. Konkretes gibt es hier noch nicht, aber der Bedarf wurde schon vor Jahren festgestellt.
Ein Rückhaltebecken an der Zusam, das Dinkelscherben vor Hochwasser schützen soll, ist bereits genehmigt. Kommendes Jahr schreibt das Wasserwirtschaftsamt die Bauarbeiten aus. Die Pläne für eine Singold-Überleitung bei Großaitingen stehen noch am Anfang. Sie soll neben Großaitingen auch Bobingen und Wehringen vor Überschwemmungen bewahren. Ebenfalls wichtig für das Augsburger Land: In Holzhausen im Landkreis Landsberg ist ein Hochwasserrückhaltebecken geplant. Das soll auch die Gemeinden an der Singold im Landkreis Augsburg vor Überschwemmungen schützen.