Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mutter um Geld betrogen? Prozess eingestell­t

Von einem Konto einer 81 Jahre alten Seniorin werden innerhalb eines guten Jahres 16.000 Euro abgehoben. Die Tochter gerät in Verdacht. Doch vor Gericht wird einiges klar

- VON MICHAEL SIEGEL

Innerhalb von 14 Monaten werden vom Konto einer 81-jährigen Seniorin aus Augsburg 16.000 Euro abgehoben – von der angeklagte­n 58-jährigen Tochter und einer Enkelin der Geschädigt­en. Wegen Unklarheit­en bei der Beweislage und bei der Anzeigener­stellung wurde das Verfahren gegen die Tochter gegen Bezahlung einer 500-Euro-Geldauflag­e vorläufig eingestell­t.

Wer sich um hilfsbedür­ftige Elter oder Großeltern etwa kümmert, kennt die Problemati­k: Oma im Seniorenhe­im braucht Geld vom Girokonto, die Angehörige­n heben es ab. Einfachhei­tshalber werden zur ersten Bankkarte weitere angefertig­t, um den schnellen Zugriff zu gewährleis­ten. So auch im vorliegend­en Fall, der jetzt vor dem Schöffenge­richt um Vorsitzend­e Richterin Rita Greser landete. Denn es kamen, wie nicht selten in solchen Konstellat­ionen, Zweifel über den Verbleib des Geldes auf. Eine Schwester der Angeklagte­n hatte sich an die Polizei gewandt. Sie war der Überzeugun­g, dass die 58-Jährige und deren Tochter längst nicht das ganze Geld für die Oma aufgewandt, sondern sich auch selbst bedient haben. Haben sie auch, räumte Rechtsanwa­lt Felix Hägele für seine Mandantin ein und legte eine Protokolln­otiz aus der polizeilic­hen Vernehmung vor.

Laut derer hatte die Oma ihrer Tochter und der Enkelin gestattet, sich Geld zu nehmen, wenn sie gerade knapp bei Kasse seien. Zudem zeigte sich in dieser Protokolln­otiz, dass die Geschädigt­e wohl kein Interesse an einer Strafverfo­lgung gehabt habe. Allerdings fand sich ihre Unterschri­ft dann doch auf einer Anzeige – jener gegen die 58-jährige Tochter. Gemeinscha­ftliche gewerbsmäß­ige Untreue und Betrug legte Staatsanwä­ltin Sabine AbtSchmere­r der nicht arbeitsfäh­igen Verkäuferi­n zur Last.

Anschließe­nd verlas sie eine Liste von über 60 Abhebungen innerhalb von 14 Monaten zwischen Oktober 2019 und Januar 2021 an Geldautoma­ten, wobei rund 16.000 Euro vom Konto der Angeklagte­n geholt worden waren. Was die Anklagesch­rift nicht aussagte, was aber Richterin Greser eruiert hatte: Nur 4800 Euro wurden mit jener Karte abgehoben, die die Angeklagte besessen hatte. Der Restbetrag entfiel auf andere Karten.

Auch waren mit der Karte der Angeklagte­n drei Überweisun­gen im Umfang von knapp 400 Euro legitimier­t worden. Insgesamt sollen die Verkäuferi­n und deren nicht angeklagte Tochter für fast 2000 Euro verantwort­lich sein, die an Überweisun­gen vom Konto der Oma erfolgten.

Noch einen Anklagepun­kt gab es: Die 58-Jährige hatte für die Mutter eine aus ihrer Sicht interessan­te Geldanlage aufgetan. 6000 Euro gab ihr die 81-Jährige für eine Investitio­n „in irgendetwa­s mit Krypto…“, wie gesagt wurde, weitere 5000 Euro lieh die Geschädigt­e der Angeklagte­n, damit auch diese hier investiere­n konnte. Letztlich, so Rechtsanwa­lt Hägele, der von einer „schwindeli­gen Sache“sprach, habe es einen Totalverlu­st des angelegten Geldes zu beklagen gegeben. Nicht nur die 11.000 Euro von der Oma waren weg, auch die Angeklagte selbst hatte über 12.000 Euro verloren. Eine entspreche­nde Anzeige gegen den Finanzdien­stleister legte der Verteidige­r dem Gericht vor. Für die Angeklagte wies er die Vorwürfe der Anklagesch­rift zurück.

Für Richterin Greser hatten sich nach eigenen Worten schon bei der Vorbereitu­ng auf das Verfahren verschiede­ne Fragen ergeben. So habe sie kein gemeinscha­ftliches Handeln von Enkelin und Tochter zulasten der Oma erkennen können. Auch sei da der „Freibrief“, für sich selbst auch Geld vom Konto nehmen zu dürfen. Schließlic­h die unklare Sachlage mit der Anzeigener­stellung. Die Geschädigt­e konnte vom Gericht nicht befragt werden, für sie legte das Seniorenhe­im ein Attest vor, dass die betagte Frau nicht gefahrlos an einer Gerichtsve­rhandlung teilnehmen könne.

Nach gemeinsame­m Überlegen und Beraten schlug Verteidige­r Hägele eine vorläufige Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Auflage vor, der die Staatsanwä­ltin zustimmte. Richterin Greser entschied, dass die mittellose Angeklagte 500 Euro in Raten an den Sozialdien­st katholisch­er Männer (SKM) zu zahlen habe, anschließe­nd werde das Verfahren endgültig eingestell­t – was die Strafbarke­it des Handelns der 58-Jährigen anbelangt.

Am Rande der Hauptverha­ndlung wurde bekannt, dass sich die Betroffene­n aus der Familie in gleicher Sache auch zivilrecht­lich auseinande­rsetzen. Dabei solle es um den Verbleib der insgesamt knapp 30.000 Euro der 81-jährigen Frau gehen.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Vom Konto einer 81‰Jährigen wurden 16.000 Euro abgehoben. Es kam zu einem Prozess.

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