Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was die Menschen im Kreis alles in den Müll werfen
Eine aktuelle Untersuchung zeigt, was in der Restmülltonne landet. Eine Entwicklung könnte mit der älter werdenden Gesellschaft zusammenhängen
Landkreis Augsburg Müll ist für die meisten Menschen das, was am Ende übrig bleibt und wegmuss. Müll kann aber auch am Anfang einer spannenden Untersuchung stehen: Sie lässt Rückschlüsse auf die Gesellschaft zu.
Nach der aktuellen Untersuchung einer Leipziger Firma hat der Anteil von Hygieneartikeln im Hausmüll stark zugenommen. Konkret: Sie haben sich in der Hochrechnung des Unternehmens in fast zehn Jahren auf 26 Kilogramm pro Einwohner verdoppelt.
Insgesamt fiel in Gersthofen, Westendorf und Zusmarshausen 141 Kilogramm Hausmüll pro Jahr an, was einer Menge von 39.000 Tonnen entspricht. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 wurden 42.410 Tonnen Hausmüll zur Verwertung nach Augsburg-Lechhausen gefahren. Nimmt man noch Biomüll, Gelben Sack und andere Entsorgungssysteme hinzu, macht ein Mensch im Kreis rund 470 Kilo Müll pro Jahr.
Den Anstieg bei den Hygieneartikeln führt Müllexperte Klaus Zeller darauf zurück, dass die Bevölkerung älter geworden ist. Er sagt: „Da werden besonders große Windeln benötigt.“Stadtbergens Bürgermeister Paul Metz (CSU) bestätigte die Entwicklung im Werkausschuss des Kreistags: Der Freistaat unterstütze die häusliche Pflege. Entsprechend viele Windeln wanderten dann in den Hausmüll.
Bernhard Walter (SPD) regte an, Windeln zu trocknen und thermisch zu verwerten. Er hatte auch ein Beispiel dafür parat: den Windel-Willi. So nennen Mitarbeiter der Stiftung Liebenau am Bodensee – das ist ein großes Sozial-, Gesundheits- und Bildungsunternehmen auf kirchlich-katholischer Grundlage – ihren Windelverbrennungsofen. Die bei der Verbrennung entstehende Wärme wird ganzjährig genutzt. Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der beim Vergleich der beiden Untersuchungen 2012 und 2021 auffällt: Im städtischen Umfeld steckt mehr Biomüll in der Restmülltonne. Deshalb will der Abfallwirtschaftsbetrieb künftig auch gezielt Wohnanlagen ansteuern, um für die Biomülltonne zu werben.
Daniela Bravi vom Abfallwirtschaftsbetrieb sagt: „Augsburg hat das gleiche Problem.“Müllexperte Klaus Zeller hat eine andere Theorie: Die großen braunen Tonnen könnten befüllt nur schwer zu bewegen sein. Deshalb würden sie Hausmeister von Wohnanlagen eher verstecken. Er berichtete von einem Versuch mit kleineren Tonnen.
Insgesamt wurden bei der Hausmüll-Analyse im Mai rund 50 Kilogramm organisches Material im Restmüll festgestellt, davon hatten Küchenabfälle mit 31 Kilogramm den größten Anteil. Beim Biomüll kam in der jüngsten Sitzung des Werkausschusses des Kreistags ein weiteres Phänomen zur Sprache: weggeworfene Lebensmittel. „Es ist erstaunlich, was an Lebensmitteln in der Tonne landet. Auch lange vor dem Ablaufdatum.
Man muss sich schon fragen, wie Leute mit ihrem Geld umgehen“, sagte Klaus Zeller. Für die Untersuchung sortierte das Leipziger Unternehmen Zeller an drei Tagen den Hausmüll in Westendorf, Gersthofen und Zusmarshausen. 236 Mülltonnen wurden untersucht, was einer Masse von knapp fünf Tonnen entsprach.
Spitzenreiter nach der Sortierung waren Küchenabfälle mit 31 Kilogramm und Hygieneabfälle mit 26 Kilogramm, gefolgt von Wertstoffen mit 25 Kilogramm. Die durchschnittliche Befüllung lag bei etwa 85 Prozent. „Das ist ein guter Grad der Entsorgung“, sagte der Geschäftsführer des Analyseunternehmens, Klaus Zeller. Bei einer Jahresmenge von rund 39.000 Tonnen (gemessen 2020) fallen damit jeden Tag im Augsburger Land rund 107 Tonnen an.