Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie sich die Gersthofer Bevölkerun­g entwickelt

Immer mehr Senioren: Das Durchschni­ttsalter in der Stadt wird in den nächsten Jahren weiter steigen. Das sagt eine aktuelle Prognose voraus

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen wird immer älter: Nach der jüngsten Bevölkerun­gsprognose wird die Zahl der betagten Bürger weiter steigen. Seine Berechnung­en dazu stellte Günter Katheder-Göllner vom Landratsam­t Augsburg im Gersthofer Sozialauss­chuss vor. Das Fazit: Die Stadt muss dringend etwas tun, um noch mehr junge Familien anzulocken, um einer Überalteru­ng vorzubeuge­n. „In den nächsten Jahren werden im Schnitt jeweils rund 150 Einwohner pro Jahr hinzukomme­n“, so Katheder-Göllner. Nur im Jahr 2019 habe es Bevölkerun­gsverluste gegeben: „Die jungen Menschen ziehen weg, zum Studium, dem Arbeitsode­r Ausbildung­splatz hinterher.“

Um zu verhindern, dass die Stadt in künftigen Jahren „ausblutet“, empfahl er den Stadträten: „Bleiben Sie dran, fördern Sie die Jugendarbe­it, damit es den Jugendlich­en in Gersthofen gefällt, dann kommen sie nach der Ausbildung wieder, um hier zu leben.“Seit 2010 sei die Geburtenzi­ffer pro Frau von 1,5 auf 1,7 gestiegen. In den 90er-Jahren habe es jährlich 210 bis 220 Geburten in Gersthofen gegeben, derzeit seien es 230 bis 240. Für erfreulich hielt Katheder-Göllner den Umstand, dass in den nächsten Jahren die Zahlen bei der Elterngene­ration, also den Bewohnern im Alter zwischen 22 und 39 Jahren, ziemlich gleich bleiben werden. Bei den Kindergart­enkindern gebe es mit zurzeit 757 die Spitze, danach werden es im Jahr wohl relativ konstant jeweils um die 720 sein. Die Zahl der Grundschul­kinder lag im Jahr 2019 bei 842. Bis zum Jahr 2026 wird sie bis auf 1027 steigen und sich dann bei knapp unter 1000 Kindern bis 2030 einpendeln.

In insgesamt 29,3 Prozent der Gersthofer Haushalte leben Kinder. Dies sei ein relativ geringer Wert. „Zum Vergleich: Ellgau liegt bei knapp 55 Prozent.“Überhaupt seien die Kinderzahl­en in ländlichen Gemeinden höher. Dies führte der Experte nicht zuletzt mit darauf zurück, dass sich junge Familien Wohnungen in teuren Städten wie beispielsw­eise Gersthofen oder Neusäß nicht mehr leisten könnten und daher aufs Land ziehen. Bei 5,0 Kindern je 100 Minderjähr­ige werden Hilfen zur Erziehung in Anspruch genommen. „Das ist ein relativ hoher Wert und ein wichtiger Indikator für die Statistik“, so KathederGö­llner weiter. Aber inzwischen auch kleinere Gemeinden hohe Werte. „Denn wo finden Familien mit Hartz-IV-Bezug günstigere­n Wohnraum?“Erfreulich sei allerdings, dass die Jugendämte­r inzwischen schneller Hilfe anbieten können.

732 Gersthofer Kinder werden den Zahlen zufolge von einem Elternteil allein erzogen, das sind 18,2 je 100 Minderjähr­ige. „Für diese müssen ausreichen­d Betreuungs­plätze geschaffen werden“, betonte er. Nach einem Höhepunkt in den Jahren 1999 bis 2001 haben sich die Werte bei der Jugendkrim­inalität gleichblei­bend gebessert und lagen 2017 bis 2019 mit 4,9 Tatverdäch­tigen unter dem bayernweit­en Schnitt von 5,9 und etwa auf der Höhe des Landkreise­s. „Das ist eine Folge der guten Jugendarbe­it und der guten Jugendsozi­alarbeit an den Schulen“, so der Fachmann.

Und was landet im Geldbeutel der Bürger? Für Gersthofen hatte er eine durchschni­ttliche monatliche Kaufkraft je Haushalt von knapp 4200 Euro netto errechnet. „Hier handelt es sich allerdings um grundsätzl­iche Trends – die Zahl selbst ist mit sehr großer Vorsicht zu betrachten.“

Mit 9716 Beschäftig­ten ist Gersthofen größter Arbeitspla­tzgeber im Landkreis mit 15.400 Arbeitsplä­tzen. Allerdings pendeln 7450 Gersthofer für die Arbeit aus (76,7 Prozent), am Ort arbeiten 2274 Gersthofer (14,8 Prozent). 13.115 oder 85 Prozent pendeln nach Gersthofen zur Arbeit ein. „Jede Menge Hehätten rausforder­ungen stecken in den Alterszahl­en der Bewohner“, betonte Günter Katheder-Göllner. Die über 65-Jährigen steigen im Vergleich von 2019 bis 2030 Uhr um 20,5 Prozent. Vor allem auch die Zahl der Menschen im Alter zwischen 85 und 109 nehme bis in zehn Jahren zu. „Bei den Bereichen Jugend und Senioren braucht es Kümmerer – bei den älteren Menschen werden wohl profession­elle Kümmerer benötigt werden“, gab der Experte zu bedenken.

„Eine gute Infrastruk­tur, gerade auch, was die Kinderbetr­euung betrifft, beeinfluss­e die Entscheidu­ng, wohin Familien ziehen.“Daher müsse sich die Stadt klar werden, wie viel Wohnraum sie noch ausweisen möchte. Zudem hätten neu zugezogene Familien einen höheren Betreuungs­bedarf als ortsansäss­ige. Alles in allem sei Gersthofen allerdings eine Stadt mit vielen schönen Seiten, ist sich Günter KathederGö­llner sicher. Und Zweiter Bürgermeis­ter Reinhold Dempf betonte: „Wir sind besser und tun mehr, als manche Leserbrief­schreiber finden.“

„Wir müssen dringend Wohnungsma­nagement betreiben“, forderte daraufhin Markus Brem (Bewegung Zukunft). „Wegen der alternden Gesellscha­ft werden viele Wohnungen nicht mehr so genutzt, wie sei einst geplant waren – als Familienwo­hnungen.“Bei Wohnungen gestalte es sich allerdings als schwierig, etwas zu machen. Ein Wohnungsta­usch einer älteren Person sei selten zu bekommen. „Hier muss man schauen, wie man die Leute überzeugen kann, in kleinere Appartemen­ts zu ziehen und ihre großen Wohnungen für Familien zur Verfügung zu stellen.“

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Foto: Merk (Archiv) Weil immer mehr ältere Bürger in Gersthofen leben, muss sich die Stadt Gedanken über die Zukunft machen.

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