Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was tun mit ungenutzten Wohnungen?
Wer schon lange auf ein bezahlbares Angebot wartet, kann nur schwer verstehen, dass geförderte Räume für Besserverdienende leer stehen. Die Wohnbaugruppe hat bei ihrer Entscheidung einen besonderen Aspekt im Blick
Eine endlose Warteliste auf der einen und unvermietete geförderte Wohnungen der Wohnbaugruppe auf der anderen Seite zeugen von einer Schieflage auf dem Augsburger Wohnungsmarkt. Nicht wenige Menschen stellen sich die Frage, ob man die geförderten Wohnungen für Besserverdiener nicht einfach umschichten und für Menschen mit niedrigerem Einkommen freigeben könnte. Grundsätzlich möglich wäre das, heißt es dazu von Stadt und Wohnbaugruppe. Doch es sprechen einige Gründe dagegen.
7293 Menschen stehen aktuell auf der Warteliste der Wohnbaugruppe Augsburg für eine geförderte Wohnung. Gleichzeitig hat sich das Unternehmen im Renommierprojekt Reesepark I schwergetan, für ihre Angebote für Besserverdiener Bewohner zu finden. Scheinbar scheut sich die Zielgruppe aus der klassischen Mittelschicht, in eine „Sozialwohnung“zu ziehen. Allerdings ist offenbar in der Zwischenzeit Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Nach Auskunft der Wohnbaugruppe sind jetzt 20 Wohnungen noch nicht vermietet, von denen sich 14 aktuell im Vermietungsprozess befinden.
Wie berichtet, setzt Bayern seit mehr als zehn Jahren auf eine Einkommensstaffelung, die das Modell der klassischen Sozialwohnung abgelöst hat. Dadurch sollen in neuen Wohnanlagen verschiedene Einkommensschichten zusammenleben, sodass es zu einer Durchmischung kommt. Je nach Verdienst der Bewohnerinnen und Bewohner gibt es verschiedene Zuschusshöhen – die bezuschussten Mieten rangieren zwischen sieben und neun Euro pro Quadratmeter.
Eine Leserin schreibt, sie habe unmittelbar nach Erscheinen der
in der Augsburger Allgemeinen Kontakt mit der Wohnbaugruppe aufgenommen, weil sie seit über einem halben Jahr auf eine geförderte Wohnung wartet. Dort habe man ihr allerdings mitgeteilt, dass die leer stehenden Wohnungen nur für Familien mit mindestens zwei Kindern geeignet seien. Die Wohnbaugruppe bestätigt diese Auskunft. „Die kleineren Wohnungen sind bereits alle vergeben“, heißt es. Die noch verfügbaren Wohnungen seien größtenteils für Familien mit mehreren Kindern ausgelegt; dies gebe die Förderung vor.
Eine andere Leserin berichtet, man habe ihr im Reese-Park eine Wohnung für zwölf Euro pro Quadratmeter angeboten. Mit ihrem
Einkommen könne sie sich das aber nicht leisten, weshalb sie die Wohnung abgelehnt habe. Dazu sagt die Wohnbaugruppe, von den zwölf Euro sei jeweils der Mieterzuschuss noch abzuziehen. Man weise auf die Förderung und die tatsächliche Nettobelastung der Mieterinnen und Mieter in Exposés und Anzeigen regelmäßig hin.
Im Fall der Leserin hätte die tatsächliche Miete bei sieben Euro gelegen. Einige Interessenten, die schon lange auf eine bezahlbare Wohnung warten, stellen die Frage, ob man schwerer zu vermietende Angebote nicht Wohnungssuchenden geben könne, die dringend auf der Suche nach etwas Neuem sind. Aus dem Sozialreferat heißt es dazu, grundsätzlich sei eine UmschichBerichterstattung tung in begrenztem Umfang möglich. Dazu müssten sich die Wohnbaugruppe als Bauherrin, das Amt für Wohnbauförderung und Wohnen sowie das zuständige bayerische Förderinstitut abstimmen.
Allerdings diene die Einkommensstaffelung der Schaffung und dem Erhalt sozialer stabiler Bewohnerstrukturen. Aus den Erfahrungen mit den klassischen Sozialwohnungen aus den 1960er- bis 1990erJahren wurde dieses Instrument geschaffen, um die Entstehung von sozialen Brennpunkten zu verhindern, so die Stadt.
Auch die Wohnbaugruppe hält nichts davon, Wohnungen für eine bessere Vermietbarkeit umzuschichten. Auch wenn kurzfristig so die leeren Wohnungen an den Mann gebracht würden, wolle man ja mittelund langfristig mit dem Gedanken der einkommensorientierten Förderung stabile Nachbarschaftsverhältnisse schaffen, heißt es von dort. Wohnbaugruppenchef Mark Dominik Hoppe glaubt auch nicht, dass die soziale Durchmischung der Nachbarschaft der Grund für das vergleichsweise niedrige Interesse an Wohnungen für Besserverdienende ist. „Vielmehr wissen viele Bürgerinnen und Bürger nicht, dass sie Anspruch auf eine geförderte Wohnung haben“, glaubt er. Das sei ein bayernweites Problem. „Gemeinsam mit der Stadt Augsburg arbeiten wir daran, hier aufzuklären und mehr Menschen auf dieses Angebot aufmerksam zu machen“, so Hoppe.