Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Frage der Woche Im Urlaub einfach ins Blaue fahren?
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s gibt Menschen, die fahren gerne immer an dieselben Orte, die freuen sich, das Bekannte in unterschiedlichen Facetten zu erleben, den Cappuccino im Lieblingscafé an der Promenade, den Spritz in der Lieblingsbar – und dann das kleine Restaurant am Hafen. Ist ja auch schön, sich auszukennen und in der Unterkunft schon mit Namen begrüßt zu werden. Wer urlaubstechnisch so tickt, der muss hier aber gar nicht weiterlesen, für diese Menschen ist der Plan, ohne Plan in den Urlaub zu fahren, vermutlich so prickelnd wie ein verregneter Sommernachmittag. Diese Menschen möchten an einem festen Ziel, in einer zumindest vom Foto her bekannten Unterkunft ankommen. Und das möglichst schnell und stressfrei.
Wer hingegen einfach so ins Blaue fährt, sich nur eine grobe Richtung vornimmt, nichts vorbucht, hat auch ein wenig Nervenkitzel an Bord. Bis wohin werden wir heute kommen? Wo werden wir wohl schlafen? Wer wird uns begegnen? Was wollen wir morgen entdecken? Ach, wollen wir nicht einfach ein paar Tage länger bleiben? Das ist die ultimative Freiheit beim Reisen. Und aus jahrelanger Erfahrung – in den Sommerferien, mit Familie, auf sogar Inseln, wo das Herbergsangebot irgendwann begrenzt ist – sei hier geschrieben: Es findet sich immer was. Dank Internet ist das heute ja noch viel leichter geworden. Neulich in der Toskana etwa, als um Florenz ein Megastau war, an dem es auf der Heimreise kein Vorbeikommen gab, runter von der Autobahn und kleinen Schlenker in Richtung Siena gemacht, ein wunderbares zu einem Hotel umgebautes altes Kloster gefunden – auf direktem Wege wären wir dort höchstwahrscheinlich niemals gelandet. So aber wieder mal vom Neuen überrascht worden, tolle Menschen getroffen – und einfach gefreut.
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s ist eine schöne Vorstellung, irgendwo hinzufahren und zu wissen, man wird ein Dach über dem Kopf haben. Schon zu viele Pleiten-, Pech- und Pannen-Geschichten gehört ...
Von Campern etwa, die mit ihrem Wohnmobil unfreiwillig halb Mecklenburg-Vorpommern erkundeten, bis sie endlich einen Stellplatz für ein paar Tage gefunden hatten. Von Radlergruppen, die durchs Allgäu getourt sind und erstaunt festgestellt haben, dass auch andere Touristen da sind, die alle auch schon gebucht hatten – längerfristig halt. Diese Odyssee endete irgendwann glücklicherweise bei einem Bauern im Heu.
Heuanwendungen kennt man zwar auch von Wellnesshotels, müde Muskeln und murrende Mägen sind aber sicherlich keine Bestandteile des klassischen Wohlfühlprogramms. Vor allem, wenn man zu Fuß und mit dem Rad loszieht, ist man irgendwann kaputt und gefühlt auch ein bisschen verwundbarer, fängt an herunter zu zählen: Noch fünf Kilometer, zwei... endlich da! Genauso mit Kindern, die ins Schwimmbad wollen, ihr Bett für die nächsten Urlaubstage sehen möchten und nach einem Schnitzel mit Pommes krähen. Spontanität ist wirklich schön. Und gut! Macht den Charme des Reisens aus und ist doch spätestens seit der Corona-Pandemie nahezu unmöglich geworden.
Nicht nur Zimmer, oft auch Tische in Restaurants, Museumsbesuche und Führungen müssen im Voraus gebucht werden. Einfach weil überall die Kapazitäten reduziert wurden. Warum sollte man sich also unterwegs noch mit der Quartiersuche beschäftigen und unter Umständen Kompromisse eingehen, wenn man schon längst nach einer netten Bar Ausschau halten könnte. Und außerdem: Wer will darauf schon verzichten? Die Vorfreude!